Süddeutsche Zeitung

Obermenzing:Kindergarten schließt wegen Erziehermangel

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Weil die Einrichtung kein Personal findet, muss sie voraussichtlich Anfang März dichtmachen. Die Kleinen könnten dann in anderen Kindergärten des Trägers unterkommen - doch der nächstgelegene befindet sich 50 Minuten entfernt.

Von Heike Nieder

Für die Eltern der Kinder des Kindergartens Schäferwiese in Obermenzing war es ein Schock. Vor gut einer Woche teilte der Kreisjugendring (KJR) per Mail mit: Aufgrund der prekären Personalsituation sehe der Träger "keinen anderen Ausweg, als die Einrichtung zum 1. März zu schließen". Zwar hatten die Eltern gewusst, dass der Kindergarten schon seit längerer Zeit Schwierigkeiten hatte, neue Betreuungspersonen zu finden. Aus diesem Grund waren bereits im Dezember die Buchungszeiten für die 29 Kinder in der Einrichtung gekürzt worden. Dass es zu einer Schließung kommen könnte, damit hatte jedoch niemand gerechnet.

"Die Elternschaft wurde mit einer Frist von nur fünf Wochen der Grundlage beraubt, ihrer Arbeit nachgehen zu können", sagt Sonja Lang, deren Tochter die Einrichtung besucht. "Den Kindern wurde der sichere Hafen des Kindergartens mit einem Federstrich entzogen." Die Auswirkungen auf die Jungen und Mädchen seien jetzt schon gravierend, berichtet Elternbeiratsvorsitzende Barbara Lipic: "Viele leiden unter Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit. Manche Vorschulkinder wollen wieder eine Windel oder verlangen den Schnuller."

Zwar hat der KJR angeboten, die Kinder und die verbleibende Erzieherin in anderen Kindergärten unter seiner Trägerschaft unterzubringen. Der nächstgelegene befindet sich allerdings in Milbertshofen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln 50 Minuten von der Schäferwiese entfernt. "Das ist mit einer Gruppe Kindern nicht machbar", sagt Sonja Lang.

Um die drohende Schließung abzuwenden, hat sich der Elternbeirat mögliche Lösungen überlegt. "Die Kinder könnten statt fünf nur noch an zwei Tagen in der Woche in die Einrichtung kommen", sagt Barbara Lipic. Dadurch würde die Anzahl der zu betreuenden Kinder reduziert. Auch zu Elterndiensten seien die Eltern bereit.

Elterndienste seien nur im Notfall erlaubt, erklärt Gecko Wagner vom KJR, beispielsweise bei einem Unfall einer Betreuungsperson auf dem Weg zur Arbeit: "Sie dürfen aber nicht als Dauerlösung eingeplant werden." Dazu komme, dass auch beim Einsatz von Eltern der Anstellungsschlüssel erfüllt bleiben müsse, um die Förderung nach dem bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) zu erhalten. "Ohne diese Mittel sind wir nicht imstande, den Betrieb zu tragen."

Zurzeit gibt es in dem Kindergarten eine Leitung, zwei pädagogische Fachkräfte und eine Honorarkraft, die an zwei Tagen in der Woche aushilft. Eine Fachkraft und die Honorarkraft werden die Einrichtung allerdings in Kürze verlassen. Auch eine der sogenannten Springerinnen, die der KJR tageweise in der Einrichtung einsetzt, wird demnächst aufhören.

Das Bildungsreferat prüft derzeit die Möglichkeit eines Shuttle-Services

Auch der zweite Vorschlag, den die Eltern gemacht haben, sei nicht umsetzbar, sagt Wagner: "Eine Mindestbuchungszeit von 20 Stunden pro Kind ist durch das BayKiBiG eine landesweit gültige Regelung." Die Betreuungszeiten stark zu verkürzen sei deshalb nicht möglich.

Der Sprecher betont, dass der KJR die Entscheidung sehr bedauere. "Es ist nicht so, dass wir sagen, das interessiert uns nicht." Aus diesem Grund habe man ja auch das Angebot gemacht, die Kinder in anderen Einrichtungen des KJR unterzubringen. Befreundete Kinder sollen zusammenbleiben können. Damit die Entfernung für die Familien besser zu meistern ist, prüfe das Referat für Bildung und Sport zurzeit die Möglichkeit eines Shuttle-Services, erklärt RBS-Sprecher Andreas Haas.

Klar ist: Der KJR möchte den Standort nicht aufgeben. Der Kindergarten soll so schnell wie möglich wieder öffnen. "Das geht aber nur unter der Voraussetzung, dass wir neues Personal finden", sagt Wagner. Die Eltern sind nun dazu aufgerufen, eine Liste zu machen, wie viele Kinder an welchen Tagen eine Betreuung benötigen, damit der KJR weiß, wie viele zusätzliche pädagogische Kräfte eingestellt werden müssen.

Ob dieses Personal gefunden wird, ist fraglich. In München fehlen allein in den 450 Kindertageseinrichtungen städtischer Träger 351 pädagogische Fachkräfte, teilt das RBS mit. Dazu kommen die offenen Stellen bei privaten und freien Trägern.

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