Obergiesing:Mit Schutzmaske und Sprachrohr

Demo Freiheitsrechte Giesinger Bahnhof, Giesing

Kurzdemo mit wenigen Menschen und ein paar Transparenten.

(Foto: Florian Peljak)

Die Initiative "Zukunft erkämpfen" demonstriert am Giesinger Bahnhofsplatz mit knapp 30 Mitstreitern für die Bewahrung der Freiheitsrechte - brav mit Sicherheitsabstand und rot-weißer Einzäunung

Von Ilona Gerdom, Obergiesing

"Keine Quarantäne für Freiheitsrechte" - unter diesem Motto hat am Samstag die lokale Initiative "Zukunft erkämpfen" demonstriert. Allerdings hatte das Kreisverwaltungsreferat für die Kundgebung in Corona-Zeiten in Giesing strenge Auflagen erlassen.

Es war ein seltsames Bild, das sich am Giesinger Bahnhofsplatz bot. Die Demonstrierenden trugen nicht nur Mundschutz und hielten zwei Meter Abstand. Darüber hinaus waren sie angehalten worden, den Versammlungsort räumlich abzugrenzen. Soll heißen: Die an die 30 Menschen waren mit rot-weißem Flatterband umzäunt. Auch sonst ist es nicht das, was man von einer Demo erwartet: Normalerweise geht es laut zu. An diesem Nachmittag jedoch stehen alle mehr oder weniger stumm da, halten Transparente hoch. Es hat etwas von einer Pantomime-Performance. Nur einer spricht. Und das nicht durch ein Megafon, sondern durch ein Sprachrohr aus Messing. Denn so ist die Vorgabe: "Keine elektronische Schallverstärkung als Kundgabemittel".

Trotzdem hört man Manuel Kaiser deutlich, während er zu denen spricht, die sich rund um das Flatterband versammelt haben. Es sind ja nicht viele, die den Weg auf den Bahnhofsplatz gefunden haben. Zunächst betont Kaiser, dass man das Corona-Virus durchaus ernst nehme. Jedoch sollten unter der Krise keine Freiheiten leiden. Gerade die Versammlungsfreiheit hält er für gefährdet. "Wir sagen, wenn die Produktion weiterläuft, dann muss es auch möglich sein, dass wir demonstrieren."

"Zukunft erkämpfen" hatte sich in Giesing zu Beginn der Corona-Krise gegründet. Eigentlich als Nachbarschaftshilfe. Recht schnell sei sie dann aber zu einem politischen Projekt geworden. Laut Kaiser seien sie "ein Sammelbecken für verschiedene Aktionen". Im Mittelpunkt stehen vor allem die Folgen der Krise. Daneben hätten sie schon mit Frauenorganisationen zusammengearbeitet, setzen sich für Geflüchtete ein und versuchen grundsätzlich Betroffene zu vernetzen. Zentrale Forderung jetzt ist: "Dass die Krise nicht auf unserem Rücken ausgetragen wird." Das gilt natürlich ebenfalls für die Kundgebung. Sie ist Teil eines bundesweiten Aktionstages des Netzwerkes #nichtaufunseremrücken. Kritisiert wird, dass es bei der Krisenbewältigung zur Ausweitung von Polizeibefugnissen, zu staatlicher Überwachung, dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren, zur Aussetzung des Asylrechts und zu Grenzschließungen komme. "Gegen all das zu protestieren, wird uns unmöglich gemacht", sagt Kaiser.

Das KVR indes betont, dass durch die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Versammlungen derzeit grundsätzlich verboten seien. Nur im Ausnahmefall und unter strengen Bedingungen könnten sie stattfinden. Durch das Verbot von Lautsprechern "soll vermieden werden, dass unkontrolliert weitere Personen zu der Versammlung hinzustoßen". Deshalb soll die Zusammenkunft möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen. Auch Werbung und Flyer sind untersagt. Hin und wieder klatschen Passanten zustimmend oder sagen Sätze wie "Mein lieber Freund, was ist aus unseren Grundrechten geworden." Unverhältnismäßig erscheint dagegen das Polizeiaufgebot: Vier Kleinbusse und ein Streifenwagen. Während die Demonstranten allerdings alle Mund- und Nasenbedeckungen tragen, wird das von den Beamten weit weniger ernst genommen.

"Nach 25 Minuten sind wir am Ende unserer Demo angelangt", ruft Kaiser. Nur eine halbe Stunde nach Beginn löst sich die kleine Menschentraube auf. Mehr Zeit war vom KVR nicht genehmigt worden.

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