Süddeutsche Zeitung

Bürgermeisterwahl:Die erste reine Briefwahl

Die Oberbürgermeisterwahl wird wegen des Coronavirus nur per Post stattfinden. Dahinter steht ein großer organisatorischer Aufwand, viele Unterlagen dürften spät ankommen.

Von Heiner Effern

Bei vielen wird es knapp werden. Bei manchen sogar extrem knapp. Für einige dürfte die Abgabe ihrer Stimme für die Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters am Sonntag sogar ungewollt aufregend werden. Denn die Corona-Krise zwingt ganz Bayern zu einer außergewöhnlichen Wahl. Zum ersten Mal wird eine demokratische Abstimmung als reine Briefwahl ausgetragen, spontan und ohne jede Vorbereitungszeit. Am 29. März wird auf diese Weise in München entschieden, ob Dieter Reiter (SPD) weiter regieren kann, oder ob ihn Kristina Frank (CSU) ablösen wird. Die Stadt und ihr Wahlamt haben nun ein Konzept ausgearbeitet, wie jede Münchnerin und jeder Münchner sicher seine Stimme per Brief abgeben kann.

Als erstes müssen alle 1 110 571 Stimmberechtigte einen Umschlag mit den Briefwahlunterlagen erhalten. Das Versenden ist wegen der enormen Logistik dahinter noch nicht beendet. "Wer jetzt noch keine Unterlagen im Briefkasten hat, muss sich keine Sorgen machen", sagte ein Sprecher des zuständigen Kreisverwaltungsreferats. Am Dienstagabend würde die letzte Welle von der Druckerei an die Post gehen, etwa 250 000 Kuverts. Die Mitarbeiter dort hätten rund um die Uhr gearbeitet, um die Briefwahl zu ermöglichen. Mehr als 1,1 Millionen Kuverts mit Merkblatt, Wahlschein, Stimmzettel, einem weißen und einem roten Umschlag standen zur Produktion an und mussten bei Bedarf gefaltet und in ein Kuvert sortiert werden. Das geschieht alles maschinell, per Hand wäre der Wahltermin nicht zu halten gewesen. Die Stadt hat bei der Post die teuere und schnelle Variante der Zustellung bezahlt, sodass spätestens am Donnerstag jeder Stimmberechtigte die Unterlagen erhalten haben sollte.

Sollte an diesem Tag kein Kuvert im Briefkasten liegen, müssen die Wähler von sich aus aktiv werden. Allerdings ist Sorgfalt beim Durchsehen der Post geboten, da der übliche Kuvert-Aufdruck mit Hinweis auf die Wahlunterlagen nicht mehr möglich war. Wer keine Unterlagen erhalten hat, soll sich als erstes direkt beim Wahlamt melden, per E-Mail an die Adresse briefwahl.kvr@muenchen.de oder per Telefon unter der Nummer 089/ 23 39 62 33. Dort wird geklärt, ob der Wahlbrief als unzustellbar zurückging oder ob Ersatzunterlagen beantragt werden müssen.

In beiden Fällen muss der Stimmberechtigte seine Unterlagen im Kreisverwaltungsreferat persönlich abholen. Von acht bis 18 Uhr stehen bis einschließlich Sonntag in der Ruppertstraße 11 im Foyer und bei Bedarf auch in weiteren Räumen Mitarbeiter für schnelle Hilfe bereit. Dort gibt es auch die einzigen Wahlurnen und -kabinen, in denen man wie in einem Wahllokal seine Stimme dann auch sofort abgeben kann. Wer aufgrund von Corona-Quarantäne oder aus anderen stichhaltigen Gründen nicht persönlich erscheinen kann, muss einen Vertreter mit einer Vollmacht schicken, der sich ausweisen muss.

Für alle, die ihre Unterlagen haben, gilt eine Bitte der Stadt: Sie sollen die Stimmzettel wie im Merkblatt vorgegeben fertig machen und möglichst schnell in die Post geben. Die letzte Leerung erfolgt an ausgewählten Briefkästen sogar noch am Sonntag, allerdings erreichen dann nur noch Briefe ihr Ziel, die rechtzeitig in einem Postkasten mit einem roten Punkt gelandet sind. Dieser zeigt an, dass er auch am Sonntag noch geleert wird. Wer sicher gehen will, kann auch die extra eingerichteten Sonderbriefkästen der Stadt nutzen. Am Samstag und am Sonntag stehen diese an den gewohnten Orten im Kreisverwaltungsreferat (Ruppertstraße 11 und 19), am Rathaus (Marienplatz auf Höhe Fischbrunnen), an den Bezirksinspektion Ost (Trausnitzstraße 33), West (Landsberger Straße 486) und Nord (Hanauer Straße 56) bereit. Zudem organisiert die Stadt aufgrund der Sondersituation am Wahlwochenende an Bürgerbüros und Feuerwachen 14 weitere Einwurfmöglichkeiten für Briefwähler unter Zeitdruck. Eine Übersicht bietet die Seite www.muenchen.de/abgabestellen im Internet, die bei Bedarf ständig erweitert und aktualisiert wird.

Auch die Auszählung wird sich deutlich vom bisherigen Ablauf bei Briefwahlen unterscheiden. Nicht wie geplant 2500 Helfer, sondern nur 1500 wird die Stadt einsetzen. Aufgrund der Corona-Krise wurden die Wahlvorstände von sieben auf sechs Personen gesetzeskonform reduziert, damit weniger Menschen in einem Raum arbeiten. Zählen werden diese nicht in einer großen Messehalle wie im ersten Wahlgang, sondern in abgetrennten Zimmern im KVR, im Schulzentrum gegenüber und im MOC in Freimann. Die Stadt plant, die freiwilligen Helfer am Sonntag um 22 Uhr nach Hause zu schicken. Das würde auch ein Novum für Stichwahlen in der heutigen Zeit bedeuten: Das Endergebnis läge dann erst am Montag vor.

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SZ vom 25.03.2020/wean
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