Die Münchner Grünen haben erwartungsgemäß den 34 Jahre alten Dominik Krause zum Oberbürgermeister-Kandidaten ihrer Partei gekürt. Beim Nominierungsparteitag am Montagabend im Kolpinghaus am Stachus votierten 266 der 269 stimmberechtigten Mitglieder für ihn. Ein Wahlzettel war ungültig, es gab eine Enthaltung und eine Nein-Stimme.
„Ich danke für dieses Hammer-Ergebnis“, sagte Krause nach der Wahl. Er war der einzige Bewerber gewesen, mit einer fast hundertprozentigen Unterstützung – genau waren es 99,3 Prozent – war trotzdem nicht zu rechnen gewesen.
Für die zahlreichen Neumitglieder, die erstmals bei einem Stadtparteitag dabei waren, ordnete Sebastian Weisenburger, der Co-Chef der Stadtratsfraktion, das Ergebnis ein: „Alles über 80 Prozent ist bei uns Grünen sehr gut. Mehr als 90 Prozent sind ein Liebesbeweis. 99 Prozent habe ich noch nie erlebt.“ Der 41-Jährige ist seit 2007 in der Partei.

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Krause, aktuell Zweiter Bürgermeister, soll nun bei den nächsten Kommunalwahlen im Frühjahr 2026 den amtierenden OB Dieter Reiter (SPD) herausfordern. Der seit zehn Jahren regierende Reiter, 66, hat signalisiert, in eine weitere Amtsperiode gehen zu wollen; die offizielle Nominierung seiner Partei steht aber noch aus. Als erste Partei hatte die CSU bereits im Juli ihren OB-Kandidaten präsentiert: Clemens Baumgärtner, 48, noch bis März 2025 Wirtschaftsreferent der Stadt.
Svenja Jarchow, die Vorsitzende der Münchner Grünen, warb umgehend für Krause: „Er steht für einen Aufbruch im Rathaus: Politik gestalten und nicht nur verwalten. Mit seinem Elan würde er frischen Wind an die Stadtspitze bringen.“ Der Co-Vorsitzende Florian Siekmann überreichte Krause ein Paar Laufschuhe mit den Worten: „Der OB-Wahlkampf ist ein Marathon – und wir haben richtig Bock, mit dir in diesen Marathon zu starten.“
Seine politische Laufbahn hat der gebürtige Münchner Krause 2012 als Sprecher der hiesigen Grünen Jugend begonnen. Seit zehn Jahren sitzt er für Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, im Frühjahr 2022 übernahm er mit Mona Fuchs den Fraktionsvorsitz, im Oktober 2023 rückte er für die aus privaten Gründen zurückgetretene Katrin Habenschaden auf die Position des Zweiten Bürgermeisters nach.
In seiner Bewerbungsrede für die OB-Kandidatur hatte Dominik Krause drei Schwerpunkte genannt für seine Arbeit als Stadtoberhaupt: bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, die Verkehrswende anzuschieben und die Energiewende zu beschleunigen. Bei diesen Themen bezeichnete er seine Partei als „Motor“ in der grün-roten Rathaus-Koalition: „Das Problem ist halt, dass der beste Motor nichts hilft, wenn der Fahrer am Steuer eingeschlafen ist.“ Eine Spitze gegen den aktuellen OB Reiter, bei dem er das Gefühl habe, „dass er darauf keine Lust mehr hat“.

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Ministerpräsident Söder fragt sich, ob Oberbürgermeister Reiter noch „Bock“ aufs Amt hat. OB-Kandidat Baumgärtner will die Autoindustrie stärken und lange Klinken putzen. Zur Seite stehen wird ihm ein alter Bekannter aus der Münchner Politik.
Reiter nahm das gelassen hin. „Demokratie lebt von Diskurs und unterschiedlichen Positionen und unterschiedlichen Menschen, die sich um politische Ämter bewerben. Insofern trägt die Nominierung des Kandidaten der Grünen auf jeden Fall zu dieser Pluralität bei“, sagte er am Dienstag. Auch in der größten Oppositionsfraktion im Stadtrat, der CSU, nahm man die Nachricht unaufgeregt zur Kenntnis. „Nach dem überraschenden Rückzug von Katrin Habenschaden aus der Münchner Stadtpolitik war die Nominierung von Dominik Krause als Oberbürgermeister-Kandidat der Grünen so alternativlos wie erwartbar“, teilte Fraktionschef Manuel Pretzl mit.
Vorbehalte gegen sein Alter wehrte Krause mit einem Hinweis auf den früheren SPD-Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel ab, der auch erst 34 war, als er 1960 ins Amt gewählt wurde. Vogel habe vieles auf den Weg gebracht, von dem München bis heute profitiert. „Ich weiß nicht, ob das Erreichen des gesetzlichen Rentenalters einen zu einem guten Politiker macht“, sagte Krause. „Ich glaube, dass nicht das Alter die entscheidende Rolle spielt, sondern ob man Empathie, Elan, Fleiß und Überzeugung mitbringt.“
Gastrednerin Knobloch mahnt zum Gespräch unter demokratischen Parteien
Seiner Wahl waren zwei emotionale Gastreden vorausgegangen. Charlotte Knobloch, die 92 Jahre alte Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, bekannte, sie sei zum ersten Mal von den Grünen eingeladen worden und stehe nun „als wohlwollende neutrale Betrachterin“ vor ihnen. Sie sei „begeistert über die vielen jungen Leute hier“. Diese rief sie zur Verteidigung der Demokratie auf – und sprach ihnen gleichzeitig Mut zu: „Der Winter 2024/25 ist nicht der Winter 1932/33 – die Demokratie wird nicht verglimmen. Aber die Bedrohungen werden nicht von allein verschwinden.“
Die Politiker des Landes mahnte Knobloch: „Demokratische Parteien können durchaus Gegner sein, aber sie dürfen niemals Feinde sein. Sie müssen immer sprech- und arbeitsfähig bleiben, um gegen die tatsächlichen Feinde zu bestehen.“ An diesem Punkt knüpfte später Felix Banaszak an, der neue Bundesvorsitzende der Grünen, als er sein Gesprächsangebot an CDU-Chef Friedrich Merz verteidigte: „Die Vorsitzenden der großen Parteien sollten miteinander reden können.“
Angesichts einiger Seitenhiebe auf Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder konnte man glauben, an diesem Abend werde bereits der Weg geebnet für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit nach der Bundestagswahl im Februar 2025. In seiner Heimat Nordrhein-Westfalen hat Banaszak so ein Bündnis schon einmal eingefädelt.
Der 35-Jährige kennt Dominik Krause aus gemeinsamen Zeiten in der Grünen Jugend. Er könne sich „keinen besseren Oberbürgermeister für diese Stadt vorstellen“, versicherte Banaszak abschließend: „Ich wünsche dir, die Herzen aller Münchner zu erreichen.“ Die der Münchner Grünen hat er offensichtlich schon berührt.