München: OB Christian Ude:"Olympia bringt die Stadt voran"

Oberbürgermeister Christian Ude über die Chancen der Münchner Olympiabewerbung, harte Bedingungen des IOC, seine mögliche Rolle bis 2018 - und wie er als Wintersport-Muffel zum Olympiafan wurde.

Peter Fahrenholz und Christian Mayer

Sollte München den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele 2018 erhalten: Wäre das die Krönung Ihrer Zeit als Oberbürgermeister?

IOC Evaluation Commission Visit For Munich 2018 - Day 2

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) rührt die Werbetrommel für die Olympiabewerbung der bayerischen Landeshauptstadt.

(Foto: Getty Images)

Ich weiß, dass Sie das jetzt gerne hören würden. Aber ich halte "Krönung" für übertrieben. Für mich war in meiner ersten Amtszeit der Neubau der Messe und neuer Stadteile genauso bedeutsam, später das Jüdische Zentrum. Dieses Thema hat mich jahrzehntelang beschäftigt.

Und Olympia?

Ich verrate kein Geheimnis, dass ich kein so großer Sportler bin und schon gar kein Wintersportler. Es ist also nicht so, das der Traum eines begeisterten Skifahrers endlich in Erfüllung gehen würde. Für mich war das eher eine abwägende Entscheidung: Was könnte Olympia der Stadt München alles bringen und welche Chancen stecken darin? Ich habe mir aus Vernunft diese Idee auf die Fahnen geschrieben. Und mir ist erst im Laufe der Jahre immer bewusster geworden, wie viel Kraft in dieser Idee steckt. Ich habe die Bedeutung der Olympischen Spiele erst in vollem Umfang erkannt, seit ich mich intensiv damit beschäftige.

Haben Sie sich mittlerweile an Ihren weißen Werbeanorak gewöhnt?

Also, der Anorak ist sehr bequem und warm. Dass ich darin keine wahnsinnig elegante Figur mache, ist mir auch klar. Meine Frau hat mal gesagt, ich sehe darin aus wie das Michelin-Männchen. Seither traue ich mich fast gar nicht mehr, ihn anzuziehen.

Was würde Olympia der Stadt denn bringen?

Ich weiß, natürlich, was Olympia 1972 alles gebracht hat. Das war unvergleichlich, weil Sommerspiele größer und bedeutender sind. Sie kosten übrigens auch mehr. Heute wären die strukturellen Vorteile für die Stadt nicht mehr so groß wie 1972. Aber wir würden doch 1300 Wohnungen in Bestlage bekommen. Wir würden die zweite S-Bahn-Stammstrecke schneller bekommen. Wir würden die ökologische Sanierung und Erweiterung des Olympiaparks schneller bekommen. Außerdem neue Hallen für den Sport. Und wir würden uns als attraktive Stadt in Europa behaupten.

München ist doch schon attraktiv.

Ja, da sagen viele, weil das Oktoberfest eh jeder kennt auf der Welt. Aber das halte ich für überheblich. Ob Wien, Budapest, Prag oder Mailand - wir haben es mit immer mehr Städten zu tun, die mit München konkurrieren. Einfach zu glauben, München wird auch in den nächsten Generationen so attraktiv bleiben, ist hochnäsig. Man muss immer etwas tun, damit diese Stadt lebendig bleibt. Und Olympia bedeutet: Hier werden Kräfte gebündelt. Dass die gesamte Politik, die Wirtschaft, die Sportwelt sich für ein Projekt einsetzt - das bringt eine Stadt wirklich voran.

Was war für die Münchner Olympiabewerbung wichtiger: Ihre Eloquenz oder der Charme von Kati Witt?

Meine Eloquenz spielte leider keine Rolle, weil ich sie in englischer Sprache nicht entfalten kann. Ich nehme für mich Anspruch, das in deutscher Sprache durchaus zu können. Aber auf Englisch bin ich immer schon froh, wenn das Publikum nicht wegen eines Aussprachefehlers grinst. Kati Witt hat in der Tat sehr viel bewegt, mit ihrem sportlichen Namen und mit ihrem Einsatz. Das ist mir in Belgrad oder Acapulco richtig bewusst geworden. Da war auf dem Titelbild mehrerer Zeitungen Kati Witt zu sehen, wie sie ihr "bayerisches Heimatland" anpreist. Darüber mögen Deutsche schmunzeln, aber im Ausland geht das völlig in Ordnung. Das ist eine Werbekampagne, die kann kein Mensch ersetzen.

Sie sind Jurist. Bereiten Ihnen da die Knebelverträge des IOC keine Bauchschmerzen, die von den Bewerbern eine komplette Unterwerfung verlangen?

Es ist keine Unterwerfung. Sie wollen uns ja nichts antun. Aber es sind beinharte Bedingungen. Darin kommt halt zum Ausdruck, dass es auf der Welt nur ein Olympisches Komitee gibt aber immer eine Handvoll Städte, die gerne Austragungsort wären.

Das IOC sitzt am längeren Hebel?

Ja, die sitzen am längeren Hebel und wissen das auch. Aber sie wollen damit die olympische Marke schützen, die ja weltweit die beste Marke überhaupt ist. Und die Finanzierung des Sports sicherstellen. Und das IOC will einen reibungslosen Ablauf der Spiele sichergestellt sehen. Das muss man einfach akzeptieren.

Sie könnten die Spiele im Jahr 2018 nicht mehr als OB eröffnen, Ihre Amtszeit ist dann schon vorbei. Könnten Sie sich vorstellen, eine Aufgabe im Organisationskomitee zu übernehmen?

Es gar nicht beklagenswert, bei Olympischen Spielen Alt-Oberbürgermeister zu sein. Das war Hans-Jochen Vogel 1972 auch. Und er fand das sehr angenehm. Nicht mehr am laufenden Meter Delegationen zu begrüßen, sondern da hingehen, wo man auch hingehen möchte. Damit bin ich voll zufrieden. Zumal ich sowieso nicht bei jeder Wintersportart gleich viel Herzblut vergießen kann.

Würden Sie denn eine wichtige Funktion übernehmen? Denn nach einem Zuschlag fangen die Vorbereitungen ja erst richtig an.

Ich leite bei sämtlichen für Olympia wichtigen städtischen Gesellschaften den Aufsichtsrat. Aber nicht die Geschäftsführung. Ich stehe gerne als Stadtbotschafter zur Verfügung. Aber eine operative Aufgabe in der Geschäftsführung hielte ich nicht für angemessen. Das muss jemand vom Fach sein.

Aber ein Organisationskomitee könnte neben einem Geschäftsführer fürs Operative auch einen Präsidenten fürs Repräsentative gebrauchen.

Da möchte ich nicht Nein dazu sagen, weil ich darüber noch gar nicht nachgedacht habe. Dass ich gerne mithelfe, das Projekt, das ich jetzt seit Jahren begleite, zum Erfolg zu führen, ist klar.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: