Zu Pfingsten soll der Geist Gottes bekanntlich die Menschen beleben und erneuern. Da gibt es das Pfingstwunder, es gibt das laute Brausen vom Himmel, alles ist dann plötzlich klar und verständlich. Dieses Wunder, dieses Getöse möge hinabfahren in die Baustellen der Ewigkeit mitten in München. In die Löcher, in die Tunnel, in die Fundamente nie erschaffener Hoch- und Konzerthäuser, im Himmel und auf Erden. Denn vor allem hier in den Baugruben hat ein jegliches seine Zeit.
Aus den höheren Gefilden wenden wir uns in Nahaufnahme einem kleinen Platz in Haidhausen zu. Er steht für das, was für andere Städte Stuttgart 21, Elbphilharmonie, Berliner Flughafen bedeutet, und, ja, für München inzwischen auch zweite Stammstrecke. Doch dazu später. Wer also die Treppenzugänge am Rosenheimer Platz hinter den großen Bauzäunen für die Tram erkennen kann (die Straßenbahngleise Richtung Grünwald werden gerade vergoldet), sieht, dass sie abgeriegelt sind. Schon sehr lange. Erst sollten nur Rolltreppen repariert, dann neue Konzepte für S-Bahn-Zugänge entworfen werden. Für diese gab der Oberbürgermeister extra noch ein paar Machbarkeitsstudien in Auftrag. Und nun? Ist das Zwischengeschoss mit geheimnisvollen Sichtwänden verstellt, man wartet gespannt.
Die drei Einstiege am Rosenheimer Platz sollten ursprünglich 2028 fertig werden, Kosten etwa 3,8 Milliarden Euro. Nun spricht man von einem "Zeitfenster bis 2037" und 8,5 Milliarden Euro Gesamtkosten. Ach, nein, das war ja die zweite S-Bahn-Stammstrecke. In diesen Zeiten kann man schon mal die Übersicht verlieren. Die Relationen verschieben sich, weil alles sowieso immer länger dauert und immer teurer wird. Aus Jahren werden Jahrzehnte, Jahrhunderte. Und nach der Milliarde kommt die Billiarde, dann die Trillion. Münchnerinnen und Münchner, die den kaputten Hauptbahnhof umkreisen, sich bis zur Baugrube am Marienhof durchgerobbt haben und später den Steinschlägen am bröckelnden Gasteig ausgewichen sind, können da schon mal abstumpfen.
Apropos Gasteig. Wird man selbst noch rüstig genug sein, mit dem Rollator über die neu gestaltete Maximilianstraße (Fertigstellung im "Zeitfenster bis 2064") zum Eröffnungskonzert des BR-Symphonieorchesters im frisch renovierten Gebäude zu gleiten? Oder besser über die Tram-Nordtangente, die dann endlich fertig gebaut ist - aber nicht mehr gebraucht wird, weil in München längst Flugtaxis unterwegs sind? Zugänge zu überflüssigen S-Bahnen braucht dann auch kein Mensch mehr.