Gesundheit:Notarzt mit Propeller

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18 Rotoren und ein Ziel: Notärzte schneller zu Patienten zu bringen. (Foto: ADAC)

Der ADAC prüft den Einsatz speziell ausgestatteter Lufttaxis

In etwa zwei Jahren könnten die ersten Notärzte mit elektrisch angetriebenen Multikoptern zu ihren Patienten gebracht werden. Das ist die Einschätzung einer Machbarkeitsstudie, die die ADAC Luftrettung beim Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) der Ludwig-Maximilians-Universität in Auftrag gegeben hat. Am Mittwoch haben die Beteiligten die Ergebnisse der Studie in einer virtuellen Pressekonferenz vorgestellt, darunter auch das Unternehmen Velocopter, das elektrische Lufttaxis entwickelt und nun erste Testflüge angekündigt hat.

Die Mission sei es, den Notarzt möglichst schnell zum Einsatzort zu bringen, sagte Frédéric Bruder, Geschäftsführer der ADAC Luftrettung. Bestehende Systeme mit Krankenwagen und Helikoptern sollen dabei nicht ersetzt, sondern "optimal ergänzt" werden, betonte er. Seit Jahren steige der Bedarf an Notärzten, auch durch den Ärztemangel im ländlichen Raum, stellte der Leiter des INM, Stephan Prückner, fest. "Der Notarzt ist zunehmend als kritische Ressource anzusehen", so der Institutsdirektor.

In der Studie hat man sich deshalb exemplarisch zwei kleine Regionen angesehen, Ansbach in Bayern und Idar-Oberstein in Rheinland-Pfalz. Dort simulierte man mehrere Millionen Einsätze und Hunderte Szenarien am Computer, um zu errechnen, wie viele zusätzliche Einsätze schon mit ein paar neuen Multikoptern in der Region möglich wären. Herausgekommen ist ein deutlicher Mehrwert, den sich die Macher der Studie auch in der Realität davon versprechen. "Luftrettung mit bemannten Multikoptern ist möglich, sinnvoll und verbessert die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung", lautet das Fazit.

In Ansbach beispielsweise könne man mit nur zwei Multikopter-Standorten etwa 500 bis 1500 Einsätze mehr realisieren, heißt es. In Idar-Oberstein sind es sogar bis zu 3000 Einsätze mehr, die nur ein Multikopter ermöglichen könnte. Das gilt, wenn die Multikopter mit 80 Kilometer pro Stunde fliegen und eine Reichweite von 50 Kilometern haben. Es gilt dabei, dass das Fahrzeug maximal 20 Minuten bis zum Einsatzort brauchen sollte.

Bei all der Betonung von zusätzlichem Nutzen, sprach sich Prückner aber auch mehrmals für Effizienz und damit für möglichen Ersatz von Notarzteinsatzfahrzeugen aus. Denn etwa die Hälfte der bestehenden Notarztstandorte wären mit weniger als vier Einsätzen pro Tag potenziell ersetzbar. So geht aus den Modellberechnungen hervor, dass durchschnittlich etwa ein Multikopter drei Fahrzeuge ersetzen könnte. Dabei sei aber eine Reichweite von bis zu 200 Kilometer und eine Geschwindigkeit von bis zu 150 Kilometer pro Stunde nötig. Der ADAC ist schon mal überzeugt: Dies ist die Zukunft der Luftrettung. Ferngesteuert oder automatisiert sind die Geräte dieser Zukunft mit dem runden Überbau aus 18 Motoren schon geflogen. Leise, sicher und emissionsfrei seien sie, verspricht der Hersteller. In einer Entfernung von 100 Metern in einer Großstadt gar nicht hörbar und viel günstiger in der Wartung als ein Helikopter. Die Zukunft scheint zum Greifen nah. Jetzt muss sich nur noch jemand reintrauen.

© SZ vom 15.10.2020 / kel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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