Salvator-Probe:Derblecken am Nockherberg abgesagt

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Politiker-Doubles beim bislang letzten Singspiel vor drei Jahren (v.l.): Andrea Nahles (Nikola Norgauer), Andreas Scheuer (Stefan Murr), Dieter Reiter (Gerhard Wittmann), Katharina Schulze (Sina Reiß), Hubert Aiwanger (Florian Fischer) und Markus Söder (Stephan Zinner). (Foto: Florian Peljak)

Wegen des Kriegs in der Ukraine verzichtet die Paulaner-Brauerei auf das Spektakel mit Singspiel und Starkbierrede. Fastenprediger Maxi Schafroth hätte anders entschieden.

Von Philipp Crone

"Schweren Herzens" habe man diese Entscheidung getroffen, teilt Paulaner-Chef Andreas Steinfatt mit. Obwohl eigentlich alles vorbereitet sei, die Starkbierrede von Kabarettist Maxi Schafroth und das Singspiel, habe man sich nun entschlossen, das für den 24. April geplante Nockherberg-Derblecken ein weiteres Mal ausfallen zu lassen.

Warum? Die Salvator-Probe sei "das urbayerische Derblecken und lebt auch von einer entspannten und ausgelassenen Stimmung", heißt es in der Mitteilung der Brauerei. In der aktuellen Situation sei es aber nicht möglich, "dass diese besondere Atmosphäre zwischen Gästen, Derbleckten und Künstlern entsteht und man befreit miteinander und übereinander lacht". Befreit trinken allerdings ist schon seit einiger Zeit möglich am Nockherberg, das Starkbierfest ist in vollem Gange. Warum also kann man feiern, will aber nicht derblecken?

Trinken ja, derblecken nein? Das Starkbierfest geht weiter

"Zum einen sind es zwei verschiedene Veranstaltungen", sagt Paulaner-Sprecherin Birgit Zacher. Das Starkbierfest werde von den Wirten ausgerichtet, das traditionelle Derblecken von der Brauerei. Und zum anderen sehe man bei Paulaner eben schon einige Unterschiede. "Es ist doch etwas anderes, ob ich privat auf ein Starkbierfest gehe oder ob wir eine große Veranstaltung mit Bild- und Filmmaterial produzieren und live senden", sagt Paulaner-Chef Steinfatt. Die Absage sei kein Signal, dass man nicht feiern dürfe oder solle. Nur sei es während der derzeitigen Situation in der Ukraine einfach unpassend, Politiker zu derblecken.

Das Starkbierfest auf dem Nockherberg wurde vergangene Woche eröffnet. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Tatsächlich erscheint die Vorstellung, dass in einer traditionell satirisch-boshaften bis manchmal auch charmant-humoresken Fastenpredigt der Ukraine-Krieg aufgegriffen wird, ebenso abwegig wie ein völliges Ausklammern dieses beherrschenden Themas. Sollen innenpolitische Verfehlungen und andere Unzulänglich- bis Peinlichkeiten der Landes- und Bundespolitiker aufgespießt werden, während andernorts gekämpft wird? Keines dieser Szenarien war für die Veranstalter der Brauerei vorstellbar.

"Ich glaube, dass ich einen guten Ton gefunden hätte"

Fastenprediger Maxi Schafroth ist dementsprechend bedient. "Ich bin selbst noch ein bisschen sprachlos", sagt er. Man müsse doch auch in so einer Zeit noch lachen dürfen und Lacher produziert das Derblecken normalerweise jede Menge. Das Schmerzliche sei vor allem, dass der Nockherberg doch so eine wunderbare Plattform genau für das Thema ist, das in Russland zu beobachten sei: die fehlende kritische Öffentlichkeit.

Schauspieler und Kabarettist Maxi Schafroth bei seiner Fastenpredigt vor drei Jahren. Für 2022 ist das Derblecken am Münchner Nockherberg abgesagt. (Foto: Tobias Hase/dpa)

"Der Nockherberg hätte eine irre Symbolkraft gehabt, wenn ich da oben stehe und unten die Politiker sitzen, zuhören und sich der Kritik stellen. Das ist für mich schon eine Art Essenz der Demokratie." Schafroth sagt, dass man sich natürlich mit guten Gründen für oder gegen die Veranstaltung entscheiden könne, aber er sagt auch: "Ich glaube, dass ich einen guten Ton gefunden hätte." Natürlich wäre das ein ganz anderer Nockherberg gewesen als sonst, mit einem anderen Tonfall, aber man hätte sich der Situation eben gestellt. "Andererseits ist es eben ein sehr drückendes Grundsetting derzeit, da kann man sich natürlich auch zur Absage entscheiden."

Ministerpräsident Markus Söder (CSU), seit vielen Jahren ein zuverlässiger Pointen-Lieferant für die Redner der Fastenpredigt, schrieb auf Twitter auch gleich: "Die Absage des Nockherbergs tut weh, ist aber die richtige Entscheidung in ernsten Zeiten." Fastenpredigt und Singspiel waren im Jahr 2020 wegen der Corona-Pandemie abgesagt worden. Im vergangenen Jahr mussten sich die Politikerinnen und Politiker nur digital die Leviten lesen lassen. Nach dem Abgang von Söder-Darsteller Stephan Zinner sollte in diesem Jahr ein neuer Schauspieler den Ministerpräsidenten mimen. Wer, war bislang geheim, und bleibt es nun wohl auch bis mindestens kommendes Jahr.

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