Am Freitag sind die großen, schweren Männer aus der amerikanischen Football-Profiliga NFL in München eingeschwebt, die Giants aus New York, die Panthers aus Carolina. Der Tross der Letztgenannten fuhr gleich in acht Reisebussen und acht schwarzen Limousinen auf dem Campus des FC Bayern vor, wo sich die Spieler bei einem leichten Training die Müdigkeit aus den Muskeln schüttelten. Zum Empfang des Teams waren freilich weniger Fans da als Fahrzeuge, dabei war die Ankunft den Anhängern dieses Sports schon am Donnerstagnachmittag mit einem Fanfarenstoß angekündigt worden: einem „Törööö!“
Es war, man glaubt es kaum, tatsächlich Benjamin Blümchen, die aus Dutzenden von Kindergeschichten bekannte Hörspielfigur, die mit ihrem Rufzeichen auf das lange Wochenende des American Footballs in Bayerns Landeshauptstadt eingestimmt hat. Höhepunkt ist am Sonntag (15.30 Uhr) die Partie zwischen Panthers und Giants in der Fröttmaninger Arena. Es ist das zweite Gastspiel der US-Profiliga in München, bei der Premiere vor zwei Jahren duellierten sich die hierzulande populären Seattle Seahawks und die Tampa Bay Buccaneers mit ihrem legendären Spielmacher Tom Brady. Die NFL hat die Münchner City diesmal zwar nicht ganz so offensichtlich übernommen wie 2022, als der ganze Odeonsplatz mit übergroßen Helmen aller 32 NFL-Teams zugestellt war. Aber um das Spiel herum gibt es noch genug Bohei.
Und wie kommt dabei der große und schwere, aber nicht unbedingt sportliche Benjamin Blümchen ins Spiel mit den harten Kerlen und dem eiförmigen Ball? Nun, dessen Muttergesellschaft Kiddinx Media und die National Football League (NFL) haben aus Anlass des Ereignisses gemeinsam eine Klamotten-Kollektion kreiert, „die die fantasievolle Welt des beliebten Elefanten mit dem aufregenden Flair der NFL verbindet“, wie es in einer Medienmitteilung blumig heißt. Die Kollektion besteht aus einem T-Shirt und einem Pullover, jeweils bedruckt und erhältlich für Klein und Groß, Jung und Alt.
Bei der Präsentation am Donnerstagnachmittag waren es freilich überwiegend Erwachsene beiderlei Geschlechts, zum großen Teil sogar schon grauhaarig, die sich vor einem Pop-up-Store im ehemaligen Galeria Kaufhof am Stachus in einer langen Reihe anstellten für ein Selfie mit Benjamin Blümchen. Den Elefanten hatte man dafür in ein Football-Trikot gezwängt mit der Nummer 1 auf dem Rücken. Von der zum Plüschtier mutierten Fantasiefigur wurden die glückselig strahlenden Besucher dann direkt weitergeleitet zu den Fanartikeln der NFL.
Weil die Verkaufsstände am und im Stadion am Sonntag nur für Besitzer von Eintrittskarten für das Spiel zugänglich sind, hat die NFL für alle anderen Fans in bester Innenstadt-Lage ein temporäres Geschäft eröffnet. Zwischen Donnerstag und Samstag, jeweils von 10 bis 20 Uhr, können die Sportfreunde dort alles Mögliche kaufen, was mit einem Liga-Logo versehen ist: Anstecknadeln (zehn Euro), Schlüsselanhänger (15 Euro), Schals (25 Euro), T-Shirts (35 Euro), ein Set von Mini-Helmen aller 32 NFL-Teams (45 Euro), Kapuzenpullis (85 Euro), Spielertrikots mit Namen und Nummern (155 Euro), Team-Blousons mit entsprechenden Farben und Emblemen (165 Euro), echte Spielbälle (170 Euro).
Die Benjamin-Blümchen-Sachen sind im Übrigen nicht die einzigen Kleidungsstücke, die im Rahmen des NFL-Gastspiels auf den Markt beziehungsweise in die Sportgeschäfte gebracht wurden. Mehrere Unternehmen haben „Capsule-Collections gelauncht“, wie das neudeutsch heißt, natürlich alle mit „exklusiven Styles“. Mehr noch als vor zwei Jahren wird deutlich, dass Sport und Spiel vor allem dazu dienen, das Merchandising-Geschäft anzukurbeln.
Hatten sich 2022 nur vier der 32 NFL-Teams Vermarktungsrechte für Deutschland gesichert, sind es inzwischen schon zehn. Und bis auf die Pittsburgh Steelers sind an diesem Wochenende alle mehr oder weniger sichtbar in der City vertreten. Das Augustiner-Stammhaus in der Fußgängerzone und das Hofbräuhaus am Platzl sind beflaggt als Hauptquartiere der gastierenden Mannschaften aus North Carolina beziehungsweise New York. Sieben weitere Gaststätten sind gekennzeichnet als Treffpunkt von Fans anderer Teams. So kommen die Anhänger der New England Patriots und der Indianapolis Colts im Tal zusammen, rund ums Platzl haben die Atlanta Falcons und die Seattle Seahawks Anlaufstellen eingerichtet. Die Buccaneers sind am Frauenplatz zu finden, die Kansas City Chiefs am Viktualienmarkt. Für die von ihnen übernommene Wirtschaft haben sie sogar einen Sponsor gefunden – „Kansas City Chiefs Haus presented by Strauss“ heißt das Ganze jetzt.
Während die Panthers am Freitag und Samstag jeweils ab Mittag am Wittelsbacherplatz ein Fan-Fest ausrichten, veranstalten die Detroit Lions nicht weit entfernt in der Brienner Straße am Samstagabend eine Party. Es ist nicht die einzige, die im NFL-Kontext stattfindet: Die Zeitschrift Sports Illustrated hat wie 2022 das P1 gebucht, der übertragende Fernsehsender RTL lädt unter dem Namen „Bromania 3“ zu einer Show in den neuen SAP Garden am Olympiapark. Dort gibt es am Sonntagnachmittag dann auch eine sogenannte „Watchparty“, eine Übertragung der Partie aus dem Stadion sowie danach noch weiterer Live-Spiele aus den USA. Ehe die eingefleischten Football-Fans nach Hause gehen, werden Panthers und Giants wohl wieder entschwebt sein.