Neuperlach:Münchens grünes Vorzeige-Viertel

Die Europäische Union fördert ein millionenschweres Projekt, das Neuperlach zu einem "Leuchtturm für Klimaneutralität und Lebensqualität" machen soll. Ob das klappt, wird sich erst noch zeigen müssen. Nun sollen die Anwohner mit ins Boot geholt werden.

Von Patrik Stäbler

Im Mai 1967 legte der damalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel (SPD) auf der grünen Wiese den Grundstein für die "Entlastungsstadt" Neuperlach - wo genau, ist heute übrigens nicht mehr bekannt. Seither sind mehr als fünf Jahrzehnte ins Land gezogen, was man dem Stadtteil - in dieser Hinsicht unterscheidet er sich nicht vom Menschen - an etlichen Ecken und Enden ansieht. Aus diesem Grund sollen aktuell zwei Programme das Viertel aufhübschen: Zum einen hat das Rathaus den Stadtteil zum sogenannten Handlungsraum erkoren, also zu einem Schwerpunkt der Stadtentwicklung. Zum anderen bestimmte der Stadtrat Anfang 2022 im Norden und im Zentrum von Neuperlach zwei Sanierungsgebiete, die in den nächsten zehn Jahren umfassend modernisiert werden sollen.

Zu alledem gesellt sich nun noch ein Projekt mit dem etwas kryptischen Namen "Creating NEBourhoods Together", das an diesem Donnerstag bei einer Infoveranstaltung der Öffentlichkeit vorstellt werden soll. "Wir werden die Innovationskraft der Stadtgesellschaft und ihrer Akteure einsetzen und Neuperlach zu einem europäischen Leuchtturm für Klimaneutralität und Lebensqualität machen", kündigt Stadtbaurätin Elisabeth Merk an.

Das Vorhaben wird als eines von sechs Leuchtturmprojekten mit fünf Millionen Euro von der EU gefördert - im Rahmen der Initiative Neues Europäisches Bauhaus, kurz NEB, die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ausgerufen hat. Ziel sei es, "nachhaltigere, integrativere und schönere Räume" zu schaffen sowie die Bürgerschaft "in den grünen Wandel auf lokaler Ebene einzubeziehen", heißt es von der EU-Kommission. In Neuperlach wolle man auf den Stärken des Viertels aufbauen, wie den ausgedehnten Grünflächen und dem ausgeprägten Gemeinschaftssinn. Zugleich sollen aber auch Schwächen des Stadtteils angegangen werden - etwa "überdurchschnittlich hohe Arbeitslosigkeit und unterdurchschnittliches Bildungsniveau".

Für die erfolgreiche Bewerbung als EU-Leuchtturm habe die Stadt etliche konkrete Maßnahmen angegeben, sagt Projektleiterin Sylvia Pintarits. Beispielsweise sei der Aufbau einer Werkstatt mit 3-D-Druckern und Lasercuttern geplant, um Start-ups die Möglichkeit zum Experimentieren zu geben. Bei der Aktion "Neuperlach isst Grün" wolle man nachhaltige Ernährung und essbare Begrünung zusammenbringen. Und in einem weiteren Projekt sollen Ideen für die Nachnutzung großer Bürogebäude entwickelt werden, wie es sie in Neuperlach mehrere gibt. Das Besondere sei, dass alle Maßnahmen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, den Vereinen, Kulturschaffenden und Unternehmen vor Ort, aber auch mit Hochschulen und etlichen Projektpartnern entwickelt würden, sagt Pintarits. Hier biete das Treffen am Donnerstag "die Möglichkeit, in Dialog zu kommen".

Für den Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach sagt dessen Vorsitzender Thomas Kauer (CSU) über das NEBourhoods-Projekt: "Wir freuen uns über jede Initiative, die Neuperlach befördert. Aber gleichzeitig muss der Fokus auf der konkreten Umsetzung liegen." Schließlich gibt es im BA durchaus auch skeptische Stimmen, die die Ziele des Projekts als zu abstrakt kritisieren und obendrein mit Blick auf die anderen Programme vor einem Kannibalisierungseffekt warnen. Demnach bestehe die Gefahr, dass Neuperlach von der Vielzahl der Projekte nicht profitiert, sondern an Attraktivität einbüßt.

Die Informationsveranstaltung zu dem EU-Projekt "Creating NEBourhoods Together - Gemeinsam schöne und umweltgerechte Nachbarschaften gestalten" findet an diesem Donnerstag um 19 Uhr in der Community Kitchen in der Fritz-Schäffer-Straße 9 statt.

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