Nur wenige Meter vom Rotkreuzplatz entfernt hängt der Himmel - nein, nicht voller Geigen. Voller Fahrradfelgen. Die Kunstinstallation bildet den Eingang zum "Machwerk", einer offenen Atelierwerkstatt in Neuhausen. Durch ein blaues Tor hindurch, die kurze Treppe rauf, schon steht man in der kreativen Oase. Hier gibt es alles, was das Künstler- und Handwerkerherz begehrt: Staffeleien samt Leinwänden, Farben, Pinsel und Spachtel in allen Varianten. Tuschen, Kreiden, Druckerpressen. Schneidewerkzeuge und Klebstoffe für Collagen. Dazu Tische und Stühle auf einem Boden, der dreckig werden darf. Selbst Malerkittel sind vorhanden.
Doch dieses Dorado ist in Gefahr. Denn dem Verein, seit 2006 an der Schulstraße 1 beheimatet, wurde der Mietvertrag für die Räume gekündigt. Ende April müssen Katharina Müller und ihr Team raus. Warum, sei ihnen nicht erklärt worden, die Leiterin weiß nur von "angeblich anderen Plänen" der beiden Vermieterinnen. Auf Anfrage der SZ heißt es dort lediglich: "Kein Kommentar."
60 Quadratmeter misst das Atelier, auf den ersten Blick wirkt es ein bisschen wild und improvisiert, doch der Eindruck täuscht: Alles hat seinen exakten Platz. In Holzschubladen finden sich Spezialpapiere, Plastikkugeln, Plexiglas und Fahrradschläuche. Der Metallschrank daneben beherbergt Stempel, Tapes, Moosgummi und Kleber. Und nicht nur die Gründerin und Leiterin Katharina Müller weiß, wo was ist. Auch die Hobbykünstler kennen sich aus.
Auf den ersten Blick wirkt alles ein bisschen improvisiert.
(Foto: Catherina Hess)Aber alles hat hier seinen exakten Platz.
(Foto: Catherina Hess)Heide Klotz ist schon lange dabei. Sie liebt die Atmosphäre im Machwerk. "Die Möglichkeit, alles auszuprobieren, was man sich vorstellen kann, finde ich toll", sagt die Schwabingerin. Und mit "alles" meint sie auch das, was sich im Anbau befindet: Töpfer-Utensilien samt Brennöfen, eine Metall- und eine sehr gut ausgestattete Holzwerkstatt. Quasi die kleine Schwester vom "Hei", dem Haus der Eigenarbeit in Haidhausen. Klotz malt gerne abstrakte Landschaften, früher war sie in einer Malgruppe, doch die hat sich aufgelöst. "Danach habe ich nach einer Alternative gesucht - und es war wirklich schwer, etwas zu finden."
Für Christine Beihofer-Arndt (re.) ist die Werkstatt "ein idealer Ort für kreative Entfaltung".
(Foto: Catherina Hess)"Einen Ort wie das Machwerk gibt es sonst nirgends in München", bekräftigt Christine Beihofer-Arndt. "Wo man einfach eine Idee hat und sie als Erwachsener auch jenseits einer Kunstakademie umsetzen kann." Für die Laimerin ist die Werkstatt daher "ein idealer Ort für kreative Entfaltung". Und ein sozialer Treffpunkt noch dazu. "Man begegnet hier Menschen aller Altersstufen und Gesellschaftsschichten." Tauscht sich aus über die Bilder und über Persönliches. "Das", betont sie, "brauchen wir doch alle. Das macht das Leben erst reich."
Doch genau dafür soll an der Schulstraße kein Platz mehr sein, die Kündigung ist ausgesprochen. "Wir wissen nicht, was danach mit uns passiert", sagt Müller. Ganz in der Nähe, unweit der Volkartstraße, gäbe es zwar eine alte Schmiede, die leer steht. Aber ob das Machwerk dorthin umziehen kann, ist unklar. Die Verhandlungen laufen bereits seit Oktober, bisher ist jedoch nichts entschieden.
"Deshalb suchen wir weiter", sagt die 53-Jährige. Gebraucht werden 90 bis 200 Quadratmeter zu maximal 2000 Euro Warmmiete. Idealerweise in Neuhausen, "zur Not" auch in anderen Vierteln. Hauptsache, das kreative Angebot kann bestehen bleiben. "Katharina", lobt Beihofer-Arndt, "hat eine sehr positive, offene und integrierende Art." Sehr entspannt sei sie, aber auch sehr zuverlässig. "Als Mieterin kann ich sie nur wärmstens empfehlen."