Die Küche Südindiens hat mit der Spinatsahnesauce, die beim Münchner Standard-Inder aufgetischt wird, ungefähr so viel gemein wie eine Leberkassemmel mit einem Fischbrötchen. Saravanaa Bhavan kommt nach München, hauchte also ehrfürchtig die indische Community. Saravanaa Bhavan, das ist eine Art Code für Eingeweihte, eine Erlösung für Expats aus Mumbai oder Mysore, ein Versprechen an die, die sich auf Reisen in die Straßenküchen und Lokale in Karnataka oder Kerala verliebt haben und seither mit einer unbestimmten Sehnsucht in der Magengegend an der Isar entlang spazieren.
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Saravanaa Bhavan ist eine südindische, vegetarische Restaurantkette, gegründet Anfang der Achtzigerjahre in Chennai, heute mit über 100 Filialen auf der ganzen Welt. Sie richtet sich vor allem an Expats aus Südindien, die die Küche ihrer Heimat vermissen. Das hiesige kulinarische Angebot an indischer Küche hat sich in den letzten paar Jahren mit Läden wie Madame Chutney oder Deli Tadka verbreitert. Und trotzdem ist da eine Lücke, sie hat in etwa die Form von einem Saravanaa Bhavan. In den ersten Tagen im Januar stand eine Schlange vor dem Restaurant, als wäre die Wiesn wiedereröffnet worden. Auch jetzt noch kann es kurz dauern, bis ein Platz im ehemaligen Café Freiheit frei wird. Reservieren ist nicht möglich.
Die Wände sind orange gestrichen, möbliert ist schlicht und schnörkellos, am Tisch stehen Besteckhalter aus Lochblech, bekannt aus einem schwedischen Möbelhaus. "Babychair" sagt der Service mit Blick auf Juniper Junior, gar kein Problem hier, Junior testet das Lokal auf Familienfreundlichkeit, wird zwischendurch fröhlich bespaßt und verteilt volle Punktzahl. Der Service spricht mal Englisch, mal Deutsch, und ein Großteil der Besucher scheinen Expats zu sein, die die Küche der Heimat genießen. Dadurch kommt die Atmosphäre mehr an ein Lokal in Mumbai heran als in so manchem mit schwerem Samt und Duftkerzen ausgestatteten, klassischen München-Inder. Die Gerichte werden authentisch auf Blechgeschirr mit Auslassungen für die Chutney-Dips und Currys serviert.
Auf der Karte finden sich offene Weine, auch von den Weinpionieren Indiens, dem Weingut Grover, ein tatsächlich schön vollmundig-würziger Zinfandel. Außerdem gibt es indisches Kingfisher Beer. Tatsächlich ist das Saravanaa Bhavan aber nicht der Laden, in dem der Gast noch gemütlich auf ein Gläschen sitzen bleibt und sich verliebt in den Augen seines Gegenübers verliert. Das Getränk der Wahl heißt hier, sichtbar auf den Tischen ringsum, Lassi (hilft auch gegen eine Überdosis Chili).
Wer nicht ganz so firm in südindischer Küche ist, den kann die Karte leicht erschlagen. Allein die Dosa-Variationen nehmen drei Seiten ein. Dosas sind ein Klassiker der südindischen Küche, ein Pfannkuchen aus Teig aus teils fermentiertem Reis und Hülsenfrüchten, dünn und an den Rändern fast knusprig, der auf verschiedene Arten gefüllt und mit Chutneys zum Dippen serviert wird. Gute Dosas sind kaum zu bekommen in München, und so liegen einige auf den Tellern ringsum. Der Teig ist perfekt, die Füllung - wir haben Masala (8,90 Euro) gewählt - und die Chutneys sind gut. Gut bis sehr gut ist das Essen bei unserem ersten Besuch, manches auch nur in Ordnung, das Paneer Byriani (12,90), ein Reisgericht mit normalerweise vielen Gewürzen und Zutaten wie Kokosraspeln, Gemüse und Rosinen, gar ein bisschen fad, hauptsächlich scharf im Geschmack, eine verlorene Erbse kroch auf der Suche nach ihresgleichen durch den Reis. Junior genoss Curd Vada (5,20), zwei Donut-ähnliche Linsenkringel in Joghurt, aber ist das für Erwachsene nicht arg langweilig?
Trotz der "nur" okayen bis sehr guten Gerichte war der Besuch doch ein erquickliches Gesamterlebnis. Der Geräuschpegel mehrerer großer Gruppen und Familien, die fröhlich die Kunst südindischer Küche zelebrieren, das Essen, das stets ruckzuck auf dem Tisch landete. Der nächste Besuch schließlich brachte Klarheit: Vielleicht war die Küche dünn besetzt beim ersten Besuch. Jedenfalls war alles einen entscheidenden Tick besser, aufregender, feiner abgeschmeckt. Der Tick, der den Hype verstehen lässt. Die Chutneys zu den, nennen wir es schnöde eingedeutscht Pfannkuchen- und Brotgerichten, waren den einen Hauch raffinierter. Den Hauch, der den Gaumen zurück an den wackeligen Frühstückstisch am Flussufer in Hampi beamt. Channa Batura (9,90), Kichererbsencurry zu einer Art knusprig und trotzdem noch fluffig frittiertem Fladenbrot, mmmh.
Curd Vada wird nun mit der richtigen Dosis Chili und Crunch auch für Erwachsene interessant. Besonders empfehlenswert ist das Saravanaa Special Meal (17), ein Thali für eine Person mit Reis, verschiedenem Fladenbrot und Pappadam. Kleine Currys und Saucen von dünnflüssig bis cremig, ein fruchtiges Linsen- und ein erdiges Kartoffelcurry, würzige Masala, angenehm unschleimige Okras, etwas sehr, sehr sauer Eingelegtes, kühlender Joghurt, Raita, auch ein kleines Dessert ist dabei, ein indischer Tapiokapudding. Ein Aromenfeuerwerk vom Feinsten. Ein Glück, dass die Karte so riesig ist. So wird uns bei den nächsten Abstechern nicht langweilig.
Saravanaa Bhavan , Adresse: Landshuter Allee 55, 80637 München, Telefon: 089/62099925, Öffnungszeiten: täglich 11 bis 22 Uhr.