Süddeutsche Zeitung

Bar "Gudrun 3":Über die Sprossenleiter zum Sitzplatz

Das "Gudrun 3" hat im vergangenen Juni in Neuhausen eröffnet. Dass die Räumlichkeiten eher auf Büros ausgelegt sind, damit gehen die Betreiber kreativ um.

Von Sarah Maderer

Dem "Gudrun 3" in Neuhausen sieht man an, dass die Räumlichkeiten ursprünglich nicht für Gastronomie gedacht waren. In die kleine Ladenfläche, wo zuvor ein Personalvermittlungsbüro eingemietet war, ist vergangenen Juni das familiengeführte Barrestaurant eingezogen. Draußen vor der Fensterfront lockt nun eine große Terrasse mit Holzdeck und Lichterketten, deren Betrieb schon jetzt in der Frühjahrssonne warmläuft.

Drinnen hat man sich das weiträumige Bürolayout zunutze gemacht. Von zwei Nischentischen auf zweiter Ebene, erreichbar nur über Sprossenleitern, kann man den Gastraum überblicken. Ein bisschen wie im Hochsitz fühlt man sich hier auf Augenhöhe mit dem Hirschgeweih an der Wand. Das Geschehen unten verteilt sich auf eine Handvoll Tische und einen Barbereich aus Kuchenvitrine, kleinem Sitztresen und Barschrank.

Trotz Vintage-Mobiliar aus dunklem Holz, Porträtgemälden an der Wand und einer weißen Standuhr wirkt das Gudrun 3 nicht altbacken, denn lässiger Hintergrundjazz, eine zeitlose Getränke- und Speisekarte und das junge Team von Kilian Zeiler frischen das Lokal auf. Zum Januar löste Zeiler seine Schwiegermutter in der Geschäftsführung ab, so blieb alles in der Familie.

Seither stemmt die kleine Belegschaft den Ganztagsbetrieb in Zweifachbesetzung, einer in der Küche, einer im Gastraum. Beachtlich angesichts der Vielzahl an unterschiedlichen Drinks, die auch noch über Leitern an den Tisch balanciert werden wollen. Der Service braucht trotzdem kaum länger als anderswo, bleibt stets zugewandt und freundlich.

Das Konzept im Gudrun 3 verfolge keine klare Linie, "wir machen einfach das, was uns selbst schmeckt", sagt Kilian Zeiler. Die Cocktailkarte sollte beispielsweise "old school" sein, klassische Drinks nach Originalrezept. Hier finden sich Martini (11,50 Euro), Mojito (9,80 Euro), Manhattan (11,50 Euro) und Co., aber auch vergessene Klassiker wie der gehaltvolle Blood and Sand mit Scotch, Cherrybrandy, Wermut und Orange (10 Euro). Der fruchtig herbe, bonbonpinke Cosmopolitan schmeckt, wie er soll. Ebenso der frische Pisco Sour (je 9,50 Euro), dessen zwei Phasen aus flüssig und schaumig sich allerdings noch fließender hätten verbinden können.

Bei den wenigen Eigenkreationen auf der Cocktailkarte konnte Kilian Zeiler seine Expertise als ehemaliger Barchef im Starnberger Vierjahreszeiten und anschließend im Louis Hotel am Viktualienmarkt einfließen lassen. Ein gelungenes Rezept ist zum Beispiel der Autunno Estate (10,50 Euro) aus Pampelle, Grapefruitcordial, Grapefruitsaft, Zitrone und Honig, bittersüß und durch Aquafaba cremig weich. Wer es reduzierter oder gar alkoholfrei mag, wird bei Mocktails oder im Bier-, Wein-, Spritz- und Longdrink-Sortiment fündig werden.

Im Gudrun 3 muss nicht auf nüchternen Magen getrunken werden. Neben saisonaler Tages- und Wochenkarte bietet die Standardkarte Flammkuchen bis Käsefondue, dazu sogar Veganes und Frühstück bis 17 Uhr. Überhaupt sollen sich Gäste ganztags wie im verlängerten Wohnzimmer wohlfühlen können, so Zeiler.

Die Neuhausener, die er als "sehr treu" beschreibt, dürfen sich langsam an das erste Lokal in der kleinen Seitenstraße gewöhnen: Das Gudrun 3 schließt aktuell bereits um 22 Uhr. So will man den Anwohnern zeigen, dass es hier entspannt und nicht zu turbulent zugeht.

Gudrun 3, Gudrunstraße 3, 80634 München, Telefon 089 21554414, Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. 11 bis 22 Uhr, Sa. 9 bis 22 Uhr, So. 9 bis 18 Uhr

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