Wie sieht es aus, wenn sich „eines der mächtigsten Netzwerke Deutschlands“, wie es Moderatorin Janna Linke eingangs sagt, trifft? Ziemlich gut sieht das aus. Das muss man schon mal so sagen. Der Dresscode lautet Casual Chic, die lange Tafel ist mit taupefarbenem Leinen gedeckt, das Silber blitzt, dezent flackern Kerzenlichter, die Deckenleuchten sind teintfreundlich gedimmt.
Dieses mächtige Netzwerk also, das sich am Samstagabend zum Champagnerempfang im Garden Restaurant im Hotel Bayerischer Hof trifft, ist so ziemlich das Gegenteil von dem, wie man sich landläufig ein mächtiges Männerkartell vorstellt – was Stil, Einsatz der Mittel und inhaltliche Ausrichtung betrifft. „Frauen 100“ und „Bits & Pretzels“ haben zum Diner geladen. Am Vorabend der dreitägigen Konferenz für Gründer aus der Start-up-Szene treffen sich 60 Frauen, darunter viele Female Founders, um zu netzwerken und im besten Fall sinnvolle Strategien für Start-ups zu entwickeln. Und weil diese, wenn Frauen im Board sind, meist besonders nachhaltig ausgerichtet sind, wird an diesem Abend auch die Welt ein bisschen besser.
„Liebe Damen, liebe Powerfrauen, liebe Bosses“, adressiert eine der Rednerinnen die Anwesendinnen. Model Soulin Omar spricht über „Empowerment und ihre persönliche Entwicklung“. Die Syrerin war vor zwölf Jahren mit ihrer Familie aus Aleppo geflüchtet und hat sich in Deutschland in der Modebranche einen Namen gemacht. „Als Frau mit Migrationshintergrund muss man sich immer doppelt und dreifach beweisen“, sagt sie unter lautem Applaus der Frauen.
Und wie steht es nun um die Investorinnen und Gründerinnen, von denen viele im Saal versammelt sind? Magdalena Oehl zum Beispiel, Gründerin von Talent Rocket und Vorständin im Start-up-Verband sagt: „50 Prozent der Menschen in diesem Land sind Frauen, also sollten auch 50 Prozent der Gründer und Gründerinnen Frauen sein. Doch die Realität ist eine andere und die Zahlen der Gründerinnen sind immer noch viel zu niedrig.“ Wie niedrig sie sind, ruft frau sich in den Menüpausen (geröstete Focaccia mit Burrata und Salatherz, Pilz-Risotto mit Feldsalat, Olivenölkuchen) zu: Weil nur vier Prozent der Investorinnen weiblich seien, bekämen Frauen weniger Geld von Investoren. „Da herrscht ein Schubladendenken, Männer unterstützen lieber ihresgleichen“, sagt Autorin und Microsoft-Managerin Annahita Esmailzadeh.
Woran es weiter hapert, erklärt Oehl anschaulich: Noch immer gebe es keinen Mutterschutz für Selbständige, Betreuungskosten seien nicht ausreichend absetzbar, die Elternzeit zu unflexibel. „Außerdem fehlen 430 000 Kitaplätze in Deutschland. Viele Frauen denken sich: Dann gründe ich eben nicht.“