SZ-Serie: München natürlich:Mit der Schlehe kommt der Frühling nach München

SZ-Serie: München natürlich: Heinz Sedlmeier betrachtet eine Schlehe im Weißenseepark.

Heinz Sedlmeier betrachtet eine Schlehe im Weißenseepark.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Pflanze war schon in der Steinzeit beliebt, einst war die Stadt ein wahres Schlehengebiet. Nur heute sind die Sträucher in den Parks nicht mehr gern gesehen.

Von Thomas Anlauf

Sie ist Brautkleid, Festbankett und Kinderstube gleichermaßen. Ihr weißer dorniger Mantel schützt Vögel, Käfer und Schmetterlinge. Der Zilpzalp und der Zaunkönig brüten in ihrem dichten Schatten in Bodennähe, ohne Gefahr zu laufen, dass Räuber wie der Marder ihnen zu nahe kommen können. "Die Schlehe hat für die Tierwelt große Vorteile", sagt Heinz Sedlmeier. Der Geschäftsführer des Landesbunds für Vogelschutz hat sich einen kleinen Baum im Giesinger Weißenseepark als Anschauungsobjekt ausgesucht. Noch ist er für brütende Vögel nicht ganz blickdicht vor Feinden. Aber frühe Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge finden dort schon reichlich Nahrung. Denn die Schlehe ist ein Symbol, dass der Frühling mit aller Kraft in München einzieht.

Die Schlehe ist schon ein ganz besonderes Gewächs. Schon in der Steinzeit sammelten die Menschen in Mitteleuropa die bitteren Schlehenfrüchte, am Bodensee fanden sich in einer etwa fünftausend Jahre alten Siedlung durchbohrte Schlehenkerne, die offenbar als Kette getragen wurden. Sogar Ötzi, dessen Mumie 1991 in den Ötztaler Alpen gefunden wurde, soll sich von Schlehen und Haselnüssen ernährt haben.

Bauern bestimmten früher mit dem Beginn der Schlehenblüte im März den Termin der Getreideeernte und prophezeiten, wie streng die kommenden Winter werden würden. Auch München war einst ein wahres Schlehengebiet. "Das war früher ein Massenstrauch", sagt Heinz Sedlmeier. "Er mag kalkhaltige Böden." Doch das hat sich geändert. Der Biologe geht regelmäßig zu Fuß zur LBV-Geschäftsstelle an der Klenzestraße und hat festgestellt, dass es innerhalb des Mittleren Rings "praktisch keine Schlehen mehr gibt".

Heutzutage ist der Strauch, der auch als niedrig wachsender, oft mehrstämmiger Baum in Erscheinung tritt, nicht höher als drei Meter, offenbar aber nicht mehr gern in Parks und Grünanlagen gesehen. Seine spitzen Sprossdornen könnten spielende Kinder verletzen, und in dem verzweigten Geäst fängt sich gerne Papier und Plastik, das vom Wind verweht wurde. Und auch die verzweigten flachen Wurzelsysteme machen Landschaftspflegern und Hobbygärtnern zu schaffen.

Wer sich trotzdem eine Schlehe in den Garten holen will, sollte am besten eine Wurzelsperre einbauen oder eben immer wieder Wurzeln ausgraben, rät Sedlmeier. "Dafür ist die Schlehe unempfindlich gegenüber Schnitt." Ein robustes Gewächs, das deshalb und auch wegen ihrer dichten Wuchsform früher gern als Weidezaun verwendet wurde.

Frühlingswetter in Hessen

Wunderschön, aber dornenreich.

(Foto: Stephan Rumpf)

In diesen Tagen ist die Schlehe Prunus spinosa leicht zu entdecken. Die reinweißen Blüten öffnen sich lange bevor die Blätter austreiben. Die verwandte Kirschpflaume hat ihre Hochblüte gerade überschritten, jetzt ist die Hochzeit der Schlehe, dann kommen die ebenfalls zu den Rosengewächsen zählenden Vogelkirsche, Traubenkirsche und Steinweichsel. Aus den meisten Früchten werden übrigens ausgezeichnete Liköre oder Schnäpse gemacht, bekannt ist etwa das Zibärtle aus dem Schwarzwald. Und auch die Schlehe gilt als geeignet für Hochprozentiges. Allerdings müssen Hobbybrenner noch eine ganze Weile warten, bis sie die Schlehenfrüchte verwenden können. Diese sind frühestens im Oktober, eher im November reif und sollten erst nach dem ersten Frost geerntet werden.

Einzelne Vorkommen gibt es noch am Olympiaberg, in Langwied gibt es sogar eine richtige Schlehenhecke. Und auch in Giesing finden sich noch einige Exemplare. Den heimischen Vögeln zuliebe, die im Spätherbst noch einmal eine reiche Tafel an der Schlehe vorfinden, sollte man die Steinfrüchte allerdings lieber kaufen statt sie vom Strauch zu pflücken. Die fliegenden Genießer warten sogar manchmal darauf, bis die Früchte der Schlehe schon leicht gären. Heinz Sedlmeier weiß, warum: "Dann schmeckt's besser."

Die Schlehe

Name: Prunus spinosa, auch Schlehdorn genannt, zählt zur Gattung Prunus und gehört zur Familie der Rosengewächse.

Vorkommen: Die Schlehe findet sich häufig an Waldrändern und Hecken, aber auch auf Heideflächen, wie in der Allacher und der Langwieder Heide.

Besonderheit: Sie blüht recht früh bereits von März an, lange, bevor sie Blätter trägt. Die blauen Früchte, daher der indogermanische Name "Sli" für blau, wird gern für Sliwowitz verwendet, aber auch in der Naturheilkunde.

anl

Der Landesbund für Vogelschutz in München hat ein eigenes Gehölzschutzprogramm und setzt sich für den Erhalt von Esche und Co ein. Im Herbst erscheint beim LBV auch eine Broschüre mit dem Titel "Hecken entdecken". Mehr Informationen unter www.lbv-muenchen.de

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