Projekt MingaSieht so die Zukunft des Münchner Nahverkehrs aus?

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Sind in der Stadt bald autonome Fahrzeuge unterwegs?
Sind in der Stadt bald autonome Fahrzeuge unterwegs? (Foto: MVG)

Autonome Fahrzeuge, Bus-Platoons und ein Ridepooling-System: Das millionenschwere Forschungsprojekt Minga will den Nahverkehr in München revolutionieren. Was konkret geplant ist - und ab wann die Fahrzeuge eingesetzt werden könnten.

Von Patrik Stäbler

Minga als Name für München ist hinsichtlich seiner Verwendung ein Paradoxon, darauf hat der Bund Deutscher Sprache vor einigen Jahren hingewiesen. So gebrauchten Einheimische kaum einmal diesen Begriff, wenn sie von ihrer Heimat sprächen. Außerhalb Münchens hingegen, so stellten die Dialektpfleger fest, sei in weiten Teilen Bayerns durchaus von Minga die Rede, wenn es um die Landeshauptstadt gehe.

Im Rheinland jedoch dürfte der Ausdruck weitgehend unbekannt sein - und das hört man Georg Dunkel an diesem Nachmittag auch an. Denn bei dem im Landkreis Aachen geborenen Mobilitätsreferenten im Münchner Rathaus klingt das Minga doch arg holprig, wiewohl er dieses Wort in den vergangenen Monaten zigfach verwendet haben dürfte - wenngleich nicht als Synonym für seine Wahlheimat. Vielmehr ist Minga der Name eines millionenschweren Forschungsprojekts, das sich mit der Automatisierung und digitalen Vernetzung des öffentlichen Nahverkehrs in München auseinandersetzt. Was dabei konkret geplant ist, erläutert Georg Dunkel beim Kick-off des Projekts, wie sein Referat diesen Startschuss ganz und gar unbairisch betitelt hat. Bis 2025, so Dunkel, wolle man einen autonomen Elektrobus, zwei Bus-Platoons sowie ein Ridepooling-System mit drei bis fünf automatisierten Fahrzeugen auf die Straße bringen. Und im Anschluss daran sollen diese Angebote dann dauerhaft in den Fahrbetrieb der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) übernommen werden.

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Neben Stadt und MVG sind bei Minga mehr als ein Dutzend weitere Projektpartner aus Wirtschaft und Forschung beteiligt. Gefördert wird das Vorhaben unter anderem vom Bundesverkehrsministerium mit fast 13 Millionen Euro. "Wir testen neue Wege für den Verkehr der Zukunft", erläutert die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden (Grüne), aus deren Mund das "Minga" ungleich natürlicher klingt. "Wir bringen die Mobilitätswende einen wichtigen Schritt voran und gewinnen massiv an Lebensqualität in unserer Stadt." Ähnlich klingt das bei MVG-Chef Ingo Wortmann, der gar von "drei Megathemen" spricht, die das Projekt adressiere - nämlich Klimawandel, Elektrifizierung und Fachkräftemangel. "In diesem Dreieck müssen wir Lösungen produzieren."

Eine Lösung könnten demnach fahrerlose Linienbusse sein. Ein solcher zwölf Meter langer Elektrobus soll im Rahmen von Minga angeschafft und im regulären Betrieb getestet werden - zunächst ohne und dann mit Passagieren, wobei aus Sicherheitsgründen stets noch ein Fahrer am Lenkrad sitzt. Welche Linie für dem Pilotversuch ausgewählt wird, ist noch offen. Als aussichtsreicher Kandidat gilt jedoch der Stadtbus 144 zwischen Rotkreuz- und Scheidplatz.

Im Weiteren soll bei Minga der Einsatz zweier Bus-Platoons untersucht werden, bei denen jeweils zwei Elektrobusse mittels einer "virtuellen Deichsel" verbunden sind, wie Wortmann das nennt. Bedeutet: Im vorderen Bus sitzt ein Fahrer, während der hintere dem ersten Fahrzeug automatisch folgt. Solche Bus-Platoons sollen nach den Vorstellungen der MVG mittelfristig die dieselbetriebenen Buszüge ersetzen. "Für uns ist das ein ganz wichtiges Projekt, um den Busverkehr zukunftsfähig zu machen", sagt Wortmann.

Das dritte Testfeld im Minga-Projekt ist schließlich ein Ridepooling-System - "also das, was man früher Rufbus oder Anrufsammeltaxi nannte", erklärt der MVG-Chef. Hier sollen autonom fahrende Sechs- oder Achtsitzer die Passagiere nur bei Bedarf in einem bestimmten Gebiet umherfahren; als möglicher Einsatzort wird dabei das Neubauquartier Freiham gehandelt.

Begleitet werden diese Pilotprojekte durch Forschungsarbeiten mehrerer Hochschulen, die ebenfalls Teil von Minga sind. Unter anderem werde man untersuchen, wie sich solche Systeme mit automatisierten Fahrzeugen im großen Stil in München einsetzen lassen, erläutert Klaus Bogenberger vom Lehrstuhl für Verkehrstechnik der Technischen Universität München. Ein weiteres Forschungsziel sei, "die Erkenntnisse von Minga für andere Städte und Gemeinden in Deutschland nutzbar zu machen", betont Bogenberger, dem der Projektname - anders als seinen Vorrednern - locker von den Lippen geht. Kein Wunder, schließlich stammt der Professor aus Vilshofen in Niederbayern.

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