Die Verkehrswende soll mit großen Schritten gelingen. Gerade diskutiert der Bundestag mit den Ländern über das Neun-Euro-Ticket, um die Menschen in der Inflation und bei steigenden Preisen für Gas, Heizöl und Lebensmittel zumindest zeitweise zu unterstützen. In München ist längst das Ziel ausgegeben, schon in wenigen Jahren die Altstadt weitgehend autofrei zu bekommen und den Personennahverkehr auf öffentliche Verkehrsmittel oder aufs Rad zu lenken und grüne Boulevards sowie Fußgängerzonen zu schaffen. Die Ankündigung der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), ihr Fahrplanangebot zusammenzustreichen, wenn keine Finanzspritzen von Bund, Land und Stadt kommen, ist gelinde gesagt irritierend, um nicht zu sagen verstörend.
Das städtische Unternehmen ist das Rückgrat für die Verkehrswende in München. Hunderttausende Pendler könnten mit dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auf Bus und Schiene gelockt werden, statt täglich auf den Ein- und Ausfallstraßen im Stau zu stecken. Die Devise muss deshalb Ausbau des Angebots heißen und nicht Rückbau. Doch die Pläne der MVG verheißen nichts Gutes: Die Verbindung der U4 zwischen Theresienwiese und Odeonsplatz, die über den stark frequentierten Hauptbahnhof führt und die streckenweise parallel fahrende U5 deutlich entlastet, soll demnach morgens, nachts und sonntags eingestellt werden. Bei den Trambahnlinien will die MVG das Angebot zum Teil halbieren, bei den Bussen sollen ganze Linien wegfallen. Unter einer Verkehrswende versteht man landläufig etwas anderes.
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Das gekürzte Leistungsprogramm wäre letztlich unterlassene Hilfeleistung für die Bemühungen des Stadtrats, den Personenverkehr umweltverträglich weg vom Auto auf die Schienen, auf Busspuren, Radwege und komfortable Fußgängerverbindungen zu bringen. Die Fahrgäste erbringen schließlich auch ihre Leistungen, indem sie sich für nicht gerade wenig Geld Tageskarten, Wochentickets oder gleich Jahresabos kaufen. Wenn das Geld bei der MVG dennoch knapp wird, muss eben die öffentliche Hand einspringen - trotz aller Belastungen, die sie wegen Corona, Flüchtlingsunterbringung und gestiegenen Lebenshaltungskosten zumindest etwas auszugleichen versucht. Den Verantwortlichen der MVG muss nun deutlich gemacht werden, dass wir in Krisenzeiten leben. Das ist wahrlich kein guter Zeitpunkt, Kürzungen anzudrohen und um viele Millionen zu feilschen.