Süddeutsche Zeitung

Nachruf:Zeichner Reiner Zimnik gestorben

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Der Zeichner, Maler und Autor schuf die Figur des grantelnden Sebastian Gsangl, eine Art bayerischer Jedermann. Nun ist Zimnik im Alter von 90 Jahren gestorben.

Etwas länger als zwei Jahre ist es her, da musste der Münchner Maler und Schriftsteller Reiner Zimnik im Alter von 88 Jahren wegen Eigenbedarfs aus seiner Wohnung in Schwabing ausziehen. Herzkrank war er schon damals, aber das änderte nichts an der Zwangsräumung. "Ich glaube, dass ich das nicht lange überleben werde", sagte er damals voller Bitterkeit, "die Goschen geht zwar noch, aber ich bin schon sehr schwach." Am 8. Dezember ist Reiner Zimnik nun im Alter von 90 Jahren gestorben.

In dem Atelier in der Wohnung an der Veterinärstraße ist eine von Zimniks bekanntesten Figuren entstanden. Er wurde in den Sechzigerjahren vom Bayerischen Rundfunk gebeten, eine Art bayerischer Jedermann zu entwickeln, einen Grantler, einen Stammtischbruder.

1961 entwickelte Zimnik die Figur des Sebastian Gsangl, nicht ahnend, dass er mit ihm 24 Jahre lang das Münchner Zeitgeschehen kommentieren würde, den U-Bahn-Bau, die Olympischen Spiele oder einen Wetterumschwung. Worum es darin ging, verdeutlichte Zimnik im Untertitel eines Gsangl-Buches: "Meinungen eines gutmütig-grantligen Bayern mit Bürgermut".

Im Rückblick sagte Zimnik einmal der SZ: "Die Sendung bedeutete richtig viel Arbeit für mich, oft viele Tage lang." Aber es hat sich gelohnt. Wie so oft.

Zimnik wurde am 13. Dezember 1930 in Oberschlesien geboren. Vierzehnjährig floh er mit Mutter und vier Geschwistern vor der sowjetischen Armee aus Beuthen. Jahre später, zwischen 1971 und 1975, hielt er in seinen fein gestrichelten Winterzeichnungen Erinnerungen an die Flucht fest.

Nach einer Schreinerlehre studierte er an der Münchner Kunstakademie Malerei und Grafik. Zeichnen lernte er dort bei Josef Oberberger, einem Meisterschüler Olaf Gulbranssons. Ähnlich wie Letzterer war Zimnik ein grandioser Zeichner und scharfer Beobachter, zudem aber auch noch ein wunderbar poetischer Geschichtenerfinder.

Geschichten, die er meist in Schwabing in seiner Wohnung ersponnen hatte. Als der Auszug unwiderruflich feststand, sagte er der SZ: "Ein Künstlerleben muss nicht so glatt verlaufen wie ein bürgerliches Leben."

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