Nachruf:Der Herr der finsteren Töne

Nachruf: In den letzten Jahren ließ Peter Frohmader oft die Synthesizer stehen und hängte sich seinen Rickenbacker-Bass um.

In den letzten Jahren ließ Peter Frohmader oft die Synthesizer stehen und hängte sich seinen Rickenbacker-Bass um.

(Foto: Claus Schunk)

Der "Godfather of Gothic" Peter Frohmader ist gestorben. Mit seiner Musik hatte der Münchner Bands wie Sisters of Mercy und Deine Lakaien beeinflusst.

Von Jürgen Moises, München

Vor ein paar Jahren erhielt Peter Frohmader einen Anruf aus Japan. Es hieß, man wolle ihn dort zusammen mit anderen deutschen Krautrockmusikern als Wachsfigur ausstellen. Der Münchner hielt das für etwas verrückt, vor allem aber hielt er das Ganze für verfrüht. Denn um zu Wachs zu werden, dafür fühlte er sich noch zu lebendig. Was diese Anekdote jedenfalls zeigt, ist, dass der "Godfather of Gothic", wie man Frohmader nannte, in Japan mehr verehrt wird als im Heimatland. Auch in England und Amerika hatte der Musiker Anhänger. In Deutschland und auch München war er fast nur bei Musikern, bei Gothic- und Krautrock-Fans bekannt. Die musikalische Größe, die er war, verlor sich hier in kleinen Nischen.

Bereits am 2. Mai ist Peter Frohmader nun völlig unerwartet und offenbar an einem Herzinfarkt gestorben. Nachrufe gab es aber bisher nur in kleinstem Umfang auf speziellen, zumeist von Musik-Fans betriebenen Webseiten. Dabei hat der am 9. Mai 1958 in München geborene und nun kurz vor seinem 64. Geburtstag verstorbene Frohmader im Kraut- und Gothic-Rock sowie in der elektronischen Musik wichtige Impulse gesetzt. Bands wie Sisters of Mercy, Throbbing Gristle, Deine Lakaien und Lacrimosa haben sich auf ihn berufen. Und neben dem bereits erwähnten "Godfather of Gothic" hat ihm das noch weitere Titel wie "Lord der düsteren Töne" oder Erschaffer der "German Angst Music" eingebracht.

Er liebte das Alptraumhafte und Fantastische

Seine erste Band Alpha Centauri hatte Frohmader bereits mit 13 Jahren gegründet. Danach folgten Electronic Delusion, Kanaan und das bis zuletzt fortgeführte Projekt Nekropolis. "Musik aus dem Schattenreich" hieß 1979 dessen Debütalbum. Darauf treffen nachtfinstere Synthesizer-Akkorde auf infernalisches Donnergrollen, und die Musikstücke tragen Titel wie "Fegefeuer" oder "Unendliche Qual". Vorbilder dafür hatte Frohmader in Bands wie Black Sabbath oder Tangerine Dream, aber auch in Carl Orff gefunden. Gespielt wurde teilweise auf selbstgebauten Instrumenten. Und als Carl-Ludwig Reichert von Sparifankal Anfang der Achtziger zu Nekropolis stieß, gehörten Sägeblätter, Metallröhren, Kreissägen und ein Hobelmaschinen-Vorschub zum Instrumentarium.

Geprägt war das von einer Vorliebe für das Alptraumhafte und Fantastische. Und dazu passte, dass Frohmader, der Kunst studiert hatte, von 1982 an mit dem Schweizer Maler und Erschaffer des "Alien"-Monsters H.R. Giger befreundet war. Das Kapitel mit der "Angst-Musik" war für Frohmader aber seit einigen Jahren beendet. Seine Synthesizer ließ er stehen, hängte sich seinen Rickenbacker-Bass um und traf sich mit Freunden wie Chris Void, Udo Gerhards oder Gerhard Lallinger zu Jam-Sessions im Keller oder auf kleinen Bühnen wie dem Kafe Kult.

Der vom Punk kommende Chris Void empfand diese Sessions als sehr befreiend. "Eine ganz andere Welt" tat sich, wie er erzählt, da auf, die er ohne Frohmader nie erlebt hätte. Wegen Corona hatten sie sich seit zwei Jahren nicht gesehen. Seinen Tod kann er "noch immer nicht ganz glauben". Am 11. Mai wurde der "Godfather of Gothic" unter großer Anteilnahme auf dem Friedhof am Perlacher Forst begraben. In der Aussegnungshalle wurde (wohl zum allerersten Mal) Musik von Nekropolis gespielt.

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