Süddeutsche Zeitung

Verkehr in München:MVV-Tickets werden zum Fahrplanwechsel erneut teurer

Zehn Cent mehr für die Einzelfahrt: Im Dezember steigen die Preise für die Benutzung von S- und U-Bahn, Tram und Bussen. Die Erhöhung soll helfen, die Ausfälle durch die Pandemie auszugleichen.

Von Andreas Schubert

Die Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr steigen wieder. Vom Fahrplanwechsel im Dezember an kosten die Tickets im Durchschnitt 3,7 Prozent mehr. Darauf haben sich die Gesellschafter des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds (MVV), also die Stadt München, der Freistaat und die acht Landkreise im MVV-Gebiet, am Freitag geeinigt. Beispielsweise kostet eine Einzelfahrt in der Zone M künftig 3,50 Euro, also zehn Cent mehr. Die Monatskarte für denselben Bereich verteuert sich von 57 auf 59,10 Euro, das Sozialticket Isar-Card S kostet monatlich statt 30 künftig 31,10 Euro.

Dabei gilt: Wochenkarten und Monatskarten werden am 12. Dezember teurer, Wochenkarten der Ausbildungstarife am 13. Dezember. Monatskarten der Ausbildungstarife und Abos mit monatlicher Zahlung verteuern sich am 1. Januar, Abos mit jährlicher Zahlung gelten ohne Aufpreis weiter bis zum Ablauf ihrer Geltungsdauer. Einzel-, Tages- und Streifenkarten können noch bis zum 31. März nächsten Jahres aufgebraucht werden. Danach können Fahrgäste diese Tickets umtauschen, indem sie die Differenz zum neuen Preis draufzahlen. Alternativ kann man sich die alten Karten gegen eine Bearbeitungsgebühr von zwei Euro auch erstatten lassen.

Der Fahrgastverband Pro Bahn hält nichts von der Tariferhöhung. "Schlechteres Angebot im Stadtgebiet von München, überfüllte Trams und Busse, unzuverlässige S-Bahn und teurere Preise, so wird das nichts mit der Verkehrswende", sagt Sprecher Andreas Barth. Der Fahrgastverband fordert, dass zumindest sofort wieder das komplette MVV-Angebot gefahren wird, das bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie bestand. "Gerade im Bereich der Stadt München, die besonders gerne von ,Verkehrswende' spricht, entfällt derzeit der Takt 10 bis 10 bei Metrobus und Tram, und das Nachtnetz ist erheblich zusammengestrichen. Dadurch kommt es immer wieder zu Überfüllungen", so Barth. Besser laufe es in den Landkreisen. Mit dem Expressbus-Ring gebe es von Dezember an sinnvolle Verbesserungen außerhalb des Münchner Stadtgebiets.

MVV-Geschäftsführer Bernd Rosenbusch hält die Erhöhung dagegen für notwendig. "Die Corona-Pandemie bescherte uns enorme Einnahmenausfälle", sagt er. Aktuell liegen die Fahrgastzahlen bei 70 bis 80 Prozent im Vergleich zu der Zeit vor Corona. Der Ausgleich der gestiegenen Kosten sei notwendiger denn je, um das aktuelle Leistungsangebot erhalten und weiter ausbauen zu können. Er rechnet damit, dass die Verkehrsunternehmen im Verbund nächstes Jahr wieder insgesamt auf 900 Millionen Euro Einnahmen kommen, denn auf diese seien sie angewiesen. Wollte man den ÖPNV billiger machen, müsste man das Finanzierungssystem umstellen, etwa indem öffentliche Fördergelder zu dessen Gunsten anders verteilt werden.

Das Geld reiche "hinten und vorne nicht"

Für Rosenbusch ist dies nur eine Frage der Priorisierung, "Geld ist genug da", findet er. Steuererleichterung für Diesel und Kerosin oder die Pendlerpauschale etwa sollten seiner Ansicht nach abgeschafft werden. So konkret werden die Kommunen zwar noch nicht. In einem Positionspapier unter der Federführung von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und dem Ebersberger Landrat Robert Niedergesäß (CSU) fordern nun 115 deutsche Städte, Kreise und Verbünde den Bund dazu auf, einen verlässlichen finanziellen Rahmen für den ÖPNV zu schaffen, um die Fahrgastzahlen bis 2030 im Vergleich zu 2019 zu verdoppeln - explizit auch auf dem Land - und so den Autoverkehr um 20 Prozent zu verringern.

Bislang reiche das Geld "hinten und vorne nicht", sagt Rosenbusch. Alleine im MVV-Gebiet bräuchte es für den Ausbau und den laufenden Betrieb in den nächsten 20 Jahren laut Rosenbusch 40 Milliarden Euro. Der Bund gibt aber für Investitionen in den ÖPNV in ganz Deutschland aktuell eine Milliarde Euro pro Jahr aus, von 2025 an zwei Milliarden.

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SZ vom 18.09.2021/infu
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