Verkehr in München:Im Nahverkehr fehlen Geld und Personal

Verkehr in München: Bei der Trambahn kommt es wegen Personalmangels zu Ausfällen.

Bei der Trambahn kommt es wegen Personalmangels zu Ausfällen.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Nur dank einer städtischen Finanzspritze kann die MVG das Angebot bei Bussen und Bahnen aufrechterhalten. Im kommenden Jahr sollen Einstellungen in der Werkstatt und neue Fahrzeuge Entlastung bringen.

Von Andreas Schubert

Nur mit einer saftigen Geldspritze hat der Münchner Stadtrat Ende November eine Kürzung des Angebots im öffentlichen Nahverkehr verhindert. Denn die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hatte erklärt, ihr fehlten 24,6 Millionen Euro, weshalb unter anderem Takte ausgedünnt und Strecken verkürzt werden sollten. Die Fehlsumme wird nun aus dem städtischen Haushalt finanziert.

Der Nahverkehr in München ist ein Zuschussgeschäft, die rückläufigen Passagierzahlen während der Corona-Pandemie haben die Situation noch einmal verschärft, weil Fahrgeldeinnahmen fehlen. Dennoch haben die Stadtwerke München (SWM) und ihre Tochtergesellschaft MVG auch 2022 investiert und planen einen weiteren Ausbau. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

Wie haben sich die MVG-Passagierzahlen 2022 im Vergleich zu 2020 und 2021 entwickelt?

Für 2022 kann die MVG noch keine Zahl nennen. Eine Hochrechnung wäre ihrer Meinung nach zu wenig aussagekräftig. Das liegt einerseits an den pandemiebedingten Einschränkungen in den ersten Monaten des Jahres, andererseits am Neun-Euro-Ticket in den Sommermonaten, das die Nachfrage deutlich angekurbelt hat.

Für den Herbst zeichne sich aber ab, dass die Nachfrage je nach Linie, Tageszeit und Wochentag bei 80 bis 90 Prozent des Fahrgastaufkommens vor der Pandemie liegt. 2021 nutzten 364 Millionen Passagiere die Busse, Trams und U-Bahnen, 2020 waren es 383 Millionen. 2019, also im Jahr vor Corona, waren es noch 615 Millionen.

Wegen Personalmangels musste die Tramlinie 29 vorübergehend eingestellt werden. Wie viele Mitarbeiter fehlen eigentlich? Und was tut die MVG, um ausreichend Personal zu rekrutieren?

Aktuell hat die MVG Personalengpässe in der Werkstatt der Tram. "Wir steuern bereits seit Monaten mit verstärkten Einstellungen in diesem Bereich gegen", teilt ein Sprecher mit. Konkret haben 28 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits ihre Verträge unterschrieben, die in den nächsten Wochen die Arbeit aufnehmen werden oder es kürzlich getan haben. Elf Stellen sind derzeit noch vakant.

Aber auch im Fahrdienst Bus bestehen weiterhin Personalengpässe. "Neben diversen Aktionen zur Personalgewinnung investieren wir hier kräftig in die eigene Ausbildung neuer Busfahrerinnen und Busfahrer", so der Sprecher. Dafür habe man im kürzlich eröffneten Betriebshof in Moosach eine neue Busfahrschule eingerichtet.

MVG-Chef Ingo Wortmann hat mehrmals erklärt, die MVG sei strukturell unterfinanziert. Wie geht es weiter, wenn das 49-Euro-Ticket kommt? Fehlt dann Geld?

Im Ressort Mobilität der SWM wird es voraussichtlich zu einer Unterdeckung von 70 bis 80 Millionen Euro kommen. "Die Auswirkungen des Deutschlandtickets können wir natürlich nicht sicher prognostizieren", so der Sprecher. "Dank der für 2023 vereinbarten auskömmlichen Finanzierung gehen wir aber fest davon aus, dass zumindest im kommenden Jahr dadurch keine Verluste entstehen werden."

Wie hat sich der Fuhrpark 2022 entwickelt? Was kommt 2023?

Die SWM haben im vergangenen Jahr neun neue U-Bahnzüge des Typs C2 erhalten, die nach Erhalt der Zulassung gerade sukzessive in Betrieb gehen. Bei der Tram wurden ebenfalls neun neue Züge geliefert, die allerdings noch auf die Zulassung warten und daher noch nicht im Linienbetrieb sind. In beiden Betriebszweigen werden auch 2023 weitere Fahrzeuge in ähnlicher Größenordnung geliefert.

Neue Busse kamen 2022 nicht dazu. Dafür stehen aber im kommenden Jahr zwei größere Lieferungen aus: Im ersten Halbjahr 14 E-Busse von Ebusco und im zweiten 21 von MAN (alles Gelenkbusse). Damit wird die elektrische Busflotte mehr als verdoppelt. Aktuell sind rund 400 SWM-eigene Busse im Einsatz, dazu kommen noch rund 270 von privaten Partnern, die im Auftrag der MVG fahren.

Während der Corona-Pandemie musste der Zehn-Minuten-Takt bis 22 Uhr wieder eingestellt werden ("Takt 10 bis 10"). Kommt er irgendwann wieder?

Bei der Tram hat die MVG den Zehnertakt im März 2022 wieder aufgenommen. "Bei den Metrobus-Linien können wir aufgrund der Personalengpässe beim Fahrpersonal noch kein Datum nennen", teilt der MVG-Sprecher mit.

Was ist 2022 in Sachen Ausbau passiert? Wie geht es weiter?

Einiges hat sich im ablaufenden Jahr getan. Der Ausbau des U-Bahnhofs Sendlinger Tor ist mit der Inbetriebnahme der umgebauten Umsteigeverbindungen von der U1/U2 zur U3/U6 einen ganz entscheidenden Schritt vorangekommen und befinde sich nun auf der Zielgeraden, so die MVG. Anvisiertes Ziel der Fertigstellung ist der Herbst 2023.

Die U-Bahnhöfe der U5 Süd (Michaelibad bis Therese-Giehse-Allee) haben im Rahmen einer Sanierung ein völlig neues Gestaltungskonzept bekommen.

Für die Fahrgäste nicht sichtbar, aber ein sehr wichtiger Schritt zum Angebotsausbau bei der Tram, sei die Inbetriebnahme der Interimswerkstätte an der Ständlerstraße, die einerseits dringend benötigte Werkstattkapazitäten schafft und andererseits die Voraussetzung ist, nun mit dem Bau des zweiten Betriebshofes auf dem Gelände beginnen zu können. Dieser ist wiederum die Voraussetzung für weitere Angebotsausweitungen.

Als "ganz wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem neuen Standard bei der Tram" nennt die MVG die Inbetriebnahme einer ersten neu gestalteten Tramhaltestelle in Harlaching, die ein komplett barrierefreies Zusteigen erlaubt und mit einer Bahnsteiglänge von rund 60 Metern für den Einsatz von deutlich längeren Fahrzeugen vorbereitet ist.

Auf der Linie 20 fahren seit diesem Jahr die ersten knapp 50 Meter langen Straßenbahnen. Momentan sind bis zu drei dieser aus jeweils zwei gekuppelten Bahnen bestehenden Fahrzeuge im täglichen Einsatz, die Zahl werde sich in den nächsten Monaten weiter erhöhen.

"Beim Bus wurde mit der Inbetriebnahme des neuen, für E-Busse optimierten Betriebshofs in Moosach ein wichtiger Meilenstein bei der Elektrifizierung des Busbetriebs erreicht", teilt die MVG mit. Zudem laufen bei Tram und U-Bahn die Planungen für Neubaustrecken. Hierzu gab es in diesem Jahr mehrere Öffentlichkeitsveranstaltungen und Workshops mit Anwohnerinnen und Anwohnern.

Das städtische Baureferat hat 2022 die ersten bauvorbereitenden Maßnahmen für die Verlängerung der U5 nach Pasing gestartet, für die Tram-Westtangente beginnen die vorbereitenden Arbeiten zwischen Agnes-Bernauer-Straße und Waldfriedhof im Frühjahr 2023.

Mit welchen Einschränkungen müssen Fahrgäste 2023 rechnen?

Wegen der Bauarbeiten am Sendlinger Tor kommt es von 14. Januar bis 13. Februar bei den Linien U3 und U6 zu temporären Sperrungen, weshalb zwischen Odeonsplatz und Goetheplatz während der Bauzeiten nur ein Pendelzug fährt.

Auf der Ebene der U1 und U2 sind Sperrungen von Freitag, 24. Februar, bis voraussichtlich Montag, 29. Mai, geplant. Im Juni und Juli kommt es wieder zur Sperrungen, diesmal werden im Bereich Sendlinger Tor Weichen erneuert.

Auch bei einigen Tramlinien kommt es vom Frühjahr an zu Sperrungen. Über die Details informiert die MVG auf ihrer Homepage mvg.de.

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