Schon mal von Hedra gehört? Das ist eine KI-Applikation, deren Hersteller versprechen, dass man damit in Sekundenschnelle aus einem einzigen Bild ein Video einer singenden Person erstellen kann. Die Angst in der Musikwelt vor KI-Sängern, vor singenden Avataren dürfte das noch erhöhen. Auch wenn man abgesehen von Abba oder Hatsune Miku bisher kaum Avatare auf der Bühne gesehen hat.
Aber auch so gibt es ja bereits so seltsame Phänomene, dass man etwa am 28. März im Münchner Technikum eine Absolute Bowie-Show ohne David Bowie, am 4. April in der Muffathalle die Amy Winehouse Band ohne Amy Winehouse und am 15. April bei Da capo Udo Jürgens in der Olympiahalle den verstorbenen Entertainer „live“ auf der Leinwand erleben kann, begleitet vom Orchester Pepe Lienhard.
Aber so ist das nun mal: Gute Musik überlebt oft ihre Macher. Lieder werden zu Evergreens, zu Klassikern, wie es offenbar auch beim Rapper Samy Deluxe passiert ist. Jedenfalls tritt der am 20. März zusammen mit dem „Takeover! Ensemble“ überraschend in der Münchner Isarphilharmonie auf. Wobei, so ganz überraschend ist das nicht. Hießen die beiden letzten Alben von Samy Deluxe doch „Hochkultur“ und „Hochkultur 2“. Und nun also der Sprung in die Philharmonie, wo der 47-Jährige mit seinem Ensemble Hip-Hop und Klassik mischt. Da gibt es dann Violoncello und Klarinette statt E-Bass und Drums.
Eine lang anhaltende Wirkung haben auch die Lieder von Bohren & Der Club Of Gore. Dies aber in dem Fall, weil die Musik der 1988 in Mülheim an der Ruhr gegründeten Truppe so unendlich langsam ist. Die Band selbst beschrieb ihren Stil einmal als „doom ridden jazz music“. Live – am 31. März lässt sich das in der Muffathalle erleben – tritt das ehemalige Quartett und heutige Trio gerne verfinstert oder im Halbdunkel auf. Das aktuelle Album heißt „Patchouli Blue“, darauf führen die Mülheimer ihren Düster-Jazz auf anregende Weise weiter. Dass es schon fünf Jahre alt ist, liegt daran, dass sie sich auch bei den Alben gerne Zeit lassen.
Ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen und vom Quartett zum Trio geschrumpft sind Angelika Express. Ansonsten rumpelt es bei den Kölnern etwas schneller. Knackiger Punk-Pop steht bei ihnen seit mehr als 20 Jahren auf dem Programm. Das aktuelle Album heißt „Köln ist kaputt“. Und man fragt sich kurz: Wer ist daran schuld? Im Titelsong jedenfalls wirkt die Band gar nicht so traurig darüber. Stattdessen heißt es „Komm, wir spielen mit den Ruinen“, und es wird munter herumgesprungen. Wer dabei mitmachen will, kann das am 21. März in München im Live/Evil tun.

Zurück zur Düsternis. Dafür steht seit 2010 auch das britisch-schweizerische Dark-Wave-Duo Lebanon Hanover, das nach Jahren in kleinen Clubs am 21. März nun in der Muffathalle auftritt. William Maybelline und Larissa Georgiou stehen eigentlich für klassischen New Wave und Post Punk, so als hätte man sie aus den Achtzigern ins Heute gebeamt. Den Stil auf dem aktuellen Album „Sci-Fi Sky“ nennen die beiden aber nun „Doomwave“. Und für diesen sei unter anderem auch Black Metal ein Vorbild.
Schwarzsehen sollte man deswegen nicht. Und stattdessen lieber am 23. März in der Milla den 43. Geburtstag von Münchens wichtigstem Plattenladen „Optimal“ feiern. Auf der Bühne steht bei der Optimal Birthday Party das Ippio Payo Ensemble. Ippio Payo, das ist eigentlich ein Gitarre-Flügelhorn-Duo. Jetzt zum Geburtstag wird eine Art Münchner Subkultur-Allstar-Band daraus. Angst vor einem singenden Avatar haben muss man dabei nicht. Denn der krautrockige Sound von Ippio Payo ist rein instrumental.