Apps für Museen:Erleuchtung bis zum Absturz

Apps für Museen: Schritt in die digitale Zukunft: Die Pinakothek der Moderne hat jetzt eine App.

Schritt in die digitale Zukunft: Die Pinakothek der Moderne hat jetzt eine App.

(Foto: myrzikundjarisch)

Eine hauseigene App gehört zum Inventar eines jeden Museums, das sich modern und digital präsentieren will. Aber welchen Mehrwert bieten die digitalen Führerinnen? Und funktionieren sie? Zwei neue Münchner Museums-Apps im Test.

Von Greta Hüllmann

Im digitalen Zeitalter kann kaum ein Museum als zeitgemäß gelten, wenn es nicht via App ein "vollständiges Besuchserlebnis" ermöglicht, wie beispielsweise der Louvre für seine Museums-App wirbt. Münchner Museen wollen da mithalten, weshalb in diesem Jahr einige Apps neu entwickelt wurden. Die Pinakothek der Moderne etwa stellte anlässlich ihres 20. Geburtstags im Juli eine App vor, die laut Eva Tillig von der Stiftung Pinakothek der Moderne, die die App finanziert hat, einen "wichtigen Schritt in eine digitale Zukunft" mache. Besucherinnen und Besucher könnten so die vier Museen als Einheit erleben und sich niedrigschwellig, aber intensiv mit den Werken auseinandersetzen.

Das Deutsche Museum baute jüngst nicht nur sein Gebäude, sondern auch seine App um. Sie helfe "Highlights zu finden", und das in acht Sprachen. Intensive Auseinandersetzung, multilinguale Orientierung, das klingt nach einer guten Prämisse, aber erfüllen die Apps ihre noblen Ansätze, welchen Mehrwert liefern sie, und funktionieren sie überhaupt? Zwei Museen, zwei Apps und zwei sehr unterschiedliche Resultate.

Die App der Pinakothek der Moderne setzt ganz auf Pink und ist recht intuitiv zu bedienen. Sie verfügt über alle wesentlichen Informationen zu Öffnungszeiten, Programm, Toiletten und dem Café. Führungen werden hier "Walks" genannt und sollen die Besuchenden anhand eines übergreifenden Themas (Farbe, Körper, Krise) durch die vier Museen führen - "Mix and Match" lässt grüßen. So zeigt der Walk "Krise" beispielsweise Gemälde von Max Beckmann und Neo Rauch aus den Staatsgemäldesammlungen, aber auch Designobjekte wie einen Fernseher von Philipp Starck oder eine Hängeleuchte aus PET-Flaschen von Heath Nash. Zu den Werken stehen Audiospuren zur Verfügung, die, wenn auch recht emotionslos, interessantes Wissen vermitteln. Über die Scan- und Favoriten-Funktionen können Werke gespeichert und in einer eigenen Tour zusammengestellt werden. Auch die Suche nach einzelnen Künstlern ist möglich. Alles nette Ideen, die den Museumsbesuch bereichern könnten - wenn die App denn funktionieren würde. Tut sie aber, trotz der Kosten in Höhe von einer halbe Millionen Euro, leider nicht.

Das Wlan des Museums, ohne das weder die Audios, noch die Walks funktionieren, verflüchtigt sich bereits unter der Rotunde ständig, im Untergeschoss können nicht einmal mehr die eigenen mobilen Daten helfen. Die Ortung über den Standort hakt genauso, was den Weg zum nächsten Objekt unmöglich macht. Sehr gerne würde man mehr über den Halsschmuck von Yasuki Hiramatsu erfahren, wenn man ihn denn fände und dem dazugehörigen Ton lauschen könnte. Wehmütige Gedanken an Audioguides tauchen auf, diese hässlichen, schwarzen Backsteine mit drei Tasten, die aber immerhin verlässlich Geräusche abspielten. Ironischerweise ersetzt die App laut Eva Tillig von der Stiftung der Pinakothek der Moderne den Audioguide, der "inhaltlich und technisch nicht mehr aktuell war". Innerhalb einer Stunde übermittelte das Display außerdem zweimal die frohe Kunde, dass die technisch hochaktuelle App nicht mehr reagiere und ob man warten oder sie verlassen wolle. Gute Frage. Vielleicht lieber weitergehen in das Museum, das sich ganz der Technik verschrieben hat: ins Deutsche Museum.

Apps für Museen: Hier fühlt man sich gut an die Hand genommen: die App des Deutschen Museums.

Hier fühlt man sich gut an die Hand genommen: die App des Deutschen Museums.

(Foto: Screenshot)

Schon die ersten Sekunden fallen positiv auf. Die App ist nicht wie die der Pinakothek nur auf Deutsch, Englisch und leichter Sprache, sondern in sechs weiteren Sprachen zusätzlich zu deutscher Gebärdensprache verfügbar. Das Wlan funktioniert auf den 20 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche einwandfrei, und die App arbeitet so stetig, wie einst die Motoren der Flugzeuge im ersten Stock. Wie die der Pinakothek der Moderne hält auch diese App Touren durchs Haus, Scan- und Favoritenfunktionen sowie organisatorische Informationen bereit. Zur Orientierung in dem riesigen Haus hat das Deutsche Museum eine clevere Lösung gefunden: Bilder mit Pfeilen führen durch Räume, über Gänge und Treppen hinauf zum nächsten Objekt. Man fühlt sich gut an die Hand genommen. Die Informationen zu den Raumanzügen, Experimenten, Kameras und chemischen Formeln sind zudem spannend und enthusiastisch aufbereitet.

Die App des Deutschen Museums schafft es, Geleit anstelle von Überforderung zu geben. Das kann auch die der Pinakothek der Moderne schaffen, sobald die Wlan-Problematik gelöst ist. Die Inklusivität ist der wohl bedeutendste Mehrwert der Apps, da Museen jetzt in verschiedenen Sprachen, über Treppen oder Fahrstühle, in leichter Sprache und weitgehend barrierefrei erkundet werden können. Die App des Deutschen Museums lässt sich den Bedürfnissen entsprechend einstellen. Die Apps sind zudem kostenlos und demokratisieren damit den Zugang zu zusätzlichem Wissen. Museum und Wissen für alle! Mit gut durchdachten, inklusiven Apps kann die Phrase endlich Realität werden.

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