Man kennt Rampen im Zusammenhang mit Rollstühlen. Und vom Theater her kennt man das Rampenlicht. Bei den Einstürzenden Neubauten hat das Wort noch einmal eine andere Bedeutung. Denn mit „Rampen“ meint die legendäre Berliner Experimentalpop-Band um den exzentrischen Sänger Blixa Bargeld spontane Musikstücke, die sie auf der Bühne spielt und danach oft für ihre Alben verwendet. Und als deren Wort-Ursprung Bargeld die „Abschussrampe“ nennt. Wobei diese „Rampen“ nicht direkt und unmittelbar dort landen, sondern als „im Studio nachgebaute, verbesserte, ausgedichtete Inkarnationen“. Und genau solche finden sich nun gesammelt auf dem schönen neuen Album „Rampen (apm: alien pop music)“, das die Einstürzenden Neubauten am Freitag, 6. September, in der Münchner Muffathalle präsentieren.
Von den insgesamt 15 Rampen stammen 14 von der Tour im Jahr 2022, wie man von Blixa Bargeld weiter in den „Liner Notes“ zum Album erfährt. Die letzte namens „Planet Umbra“ sei ihnen dann noch „spontan im Studio herausgerutscht“. Der Text dazu ist auf Englisch, das gilt für etwas mehr als ein Drittel der Stücke. Der Rest ist auf Deutsch. Und bei „Ick wees nich“ wird sogar richtig berlinert. Die Themen? Nun, nichts Neues? Stellt Blixa Bargeld doch schon in den ersten Zeilen des ersten Stückes „Wie lange noch?“ fest: „Alles schon geschrieben, alles schon gesagt“. Ein paar Zeilen später heißt es dann noch: „Die Tricks sind ausgegangen“. Und man fragt sich: Meint Bargeld hier sich selbst und die „Tricks“ der Einstürzenden Neubauten?
Aber ein bisschen selbstkritisch und melancholisch, das kann man schon mal werden. Wenn es einen als Band wie die 1980 gegründeten Neubauten seit immerhin schon 44 Jahren gibt. Und aus der gestellten Frage „Wie lange noch?“ spricht ja auch ein Gefühl für die Vergänglichkeit. Und was soll man zu einem Songtitel wie „Before I Go“ sagen? Die Musik dazu ist dann auch noch äußerst leise. Gut, es scheppert ein bisschen im Hintergrund. Aber der Rest klingt wirklich wie zum Abschied hingetupft. Da empfiehlt sich vielleicht gleich ein Sprung zum letzten Stück, das heißt nämlich „Gesundbrunnen“. Wobei, auch das hat etwas von Auflösung, etwas Irrlichterndes. Und am Ende wird es „unten zappenduster“ und „oben schlehendweiss“.
Aber halt! Wer nun denkt, die ehemaligen Lärm- und lautstarken Geräusche-Macher wären auf ihre alten Tage zahm und würden sich mit ihrem Alien-Pop ins Nirvana schießen: Ganz so ist es nicht. Dass das kräftige Klappern noch immer zum Handwerk gehören, beweisen Bargeld, N. U. Unruh, Alexander Hacke, Jochen Arbeit, Rudolph Moser und Felix Gebhard bei „Ist Ist“, „Isso Isso“ und „Besser Isses“. Letzteres ein Stück über die befreiende Trennung von einem lästigen Partner. „Ick wees nich (noch nich)“ mit seinem luftigen Geklöppel und Blixas sympathischem Berlinern hat wiederum etwas sehr Leichtes. Wobei es auch hier beängstigend hineindröhnt. „Irjendwie schief allet, hat sich uffjelöst“ singt Bargeld. Aber wir hoffen trotzdem, dass sich die Einstürzenden Neubauten noch lange halten.
Einstürzende Neubauten, Freitag, 6. September, 20 Uhr, Muffathalle, Zellstraße 4, www.muffatwerk.de