Münchner Momente:Die Pfütze mit der scharfen Kante

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Was in aller Welt soll eine Scharfkantenpfütze sein? Ein Wasserloch vielleicht, das scharfe Kanten spiegelt? (Foto: dpa)

Ein neues Wort erscheint im Traum. Was aber soll es bedeuten? Und was hat es mit München zu tun?

Glosse von Stephan Handel

Neues Wort, im Traum zugelaufen: Scharfkantenpfütze. Der Traum war einigermaßen luzide, es wurde ernsthaft darüber gesprochen, dass die Scharfkantenpfützen unbedingt geschützt werden müssen. Alle waren sich ihrer Bedeutung bewusst, niemand stellte die entscheidende Frage: Was soll das eigentlich sein, eine Scharfkantenpfütze?

Es sei unbedingt versichert, dass keine Drogen im Spiel waren beim Traum, auch andere bewusstseinserweiternde Techniken wie Meditation oder bloßes Herumsitzen kamen nicht zur Anwendung. Der Begriff Scharfkantenpfütze war auch nach dem Erwachen vollständig präsent, mit dem einzigen Unterschied, dass das, was zuvor klar und eindeutig war, nun ein Stück aus einem dadaistischen Schauspiel zu sein schien, in dem alle rundherum beständig "Scharfkantenpfütze" rufen und das Publikum bedächtig den Kopf in den Händen wiegt und vorgibt zu verstehen, worum es geht.

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Gibt es Scharfkantenpfützen in München, in Oberbayern, überhaupt in Europa? Im Fünfseenland? Die dortigen Wasseransammlungen sind für Pfützen viel zu groß und zeichnen sich gerade nicht durch scharfe Ränder aus, sondern durch unablässiges Vor- und Zurückziehen der Wasserkante, zur Freude der Surfer. Die Bäche im Englischen Garten haben durchaus klar definierte Grenzen, manchmal sogar aus Granit, aber sie sind eben Bäche, keine Pfützen.

Definitionsgemäß können Pfützen eh nur vorübergehende Wasseransammlungen sein, die, wenn der Regen endet, durch versickern oder Verdunsten alsbald wieder verschwinden. Aber warum sollte so etwas schützenswert sein? Und wo käme die scharfe Kante her? Die Randsteine an den Bürgersteigen? Dann wäre eine Scharfkantenpfütze eine Pfütze zwischen Straße und Gehweg, dessen Abschluss ihre Kante bildet. Das ist zwar immer noch ein Schmarrn, aber nur so ließe sich die Wortbildung, wenn auch nicht ihr Sinn, einigermaßen erklären. Bleibt nur die Hoffnung auf eine Fortsetzung des Traums in einer der nächsten Nächte und einer dann eventuell logischen Erklärung. Scharfkantenpfütze, ts.

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