Brauerei Münchner Kindl:Auf dem besten Weg zum achten Münchner Bier

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Die Familie Sailer führt die Brauerei Münchner Kindl: die beiden Söhne Luis (links) und Leo  mit Vater Dietrich. (Foto: Stephan Rumpf)

Münchner Kindl musste so tief bohren wie keine Brauerei, um ans Grundwasser zu kommen. Nicht nur Steine sind Hürden auf ihrem Weg, der bis aufs Oktoberfest führen soll.

Von Sarah Maderer

Für ihren Tiefbrunnen brauchte Familie Sailer starke Nerven. Fast zwei Monate dauerte die Bohrung und bis zum Schluss hat es die Geologie spannend gemacht. Laut Genehmigung hätte der Bohrer höchstens 250 Meter tief vordringen dürfen, erklärt Bohrmeister Hermann Bader. Erst nach 234 Metern – gut fünfzig Meter tiefer als gedacht – sei er auf ergiebige Wasserschichten im Kies gestoßen. Damit ist nun Münchner Kindl die Brauerei mit dem tiefsten Brunnen der Stadt.

Bohrmeister Hermann Bader musste seine Gerätschaften tief ins Erdreich schicken, bis er endlich auf genügend Wasser gestoßen ist. (Foto: Stephan Rumpf)

Sedimentschichten waren aber nicht die einzige Hürde auf dem Weg zum Grundwasser, weiß Leo Sailer, der die Brauerei zusammen mit seinem Bruder Luis und Vater Dietrich führt. Etwa zwei Jahre habe es gedauert, bis ihnen das städtische Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) die Genehmigung für den Brunnen erteilt habe. Das liegt daran, dass jeder Eingriff ins Grundwasser gesondert und nach strengen Auflagen beurteilt werden muss. Faktoren wie Verbrauch, schonende Entnahme oder die Regenerationsfähigkeit eines Brunnens spielen unter anderem eine Rolle.

Für jeden Antragsfall erstellt das Wasserwirtschaftsamt München (WWA) ein Gutachten aus fachlicher Sicht. Dass immer mehr Brauereien einen Tiefbrunnen wollen, davon sei man im WWA „nicht wirklich begeistert“, sagt Amtsleiter Stefan Homilius. Denn ein Landtagsbeschluss von 1994 besage, dass das Münchner Tiefengrundwasser besonders geschützt werden müsse und nur in Ausnahmefällen angetastet werden dürfe. Deshalb habe das WWA in seinem Gutachten auch von einem weiteren Tiefbrunnen abgeraten.

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Doch die Genehmigung obliegt letztlich dem RKU und das berücksichtigt neben der Empfehlung des WWA weitere Faktoren. Auf Anfrage der SZ teilt es mit, dass die „unabdingbare Notwendigkeit“, Tiefengrundwasser zu entnehmen, dann bestehe, wenn Wasser von besonderer Reinheit erforderlich sei – bei der Getränkeherstellung zum Beispiel. Gleichzeitig gibt aber das RKU zu bedenken: „Da das Tiefengrundwasser für die kommenden Generationen erhalten bleiben soll, muss mit einer restriktiven Behandlung der Anträge gerechnet werden.“

Stefan Homilius vom WWA vermutet außerdem: „Dass Brauereien Grundwasser entnehmen dürfen, ist durch die Oktoberfestverordnung historisch gewachsen.“ Die besagt, dass auf dem Oktoberfest nur Münchner Bier ausgeschenkt werden dürfe und für dessen Herstellung braucht es einen Tiefbrunnen im Stadtgebiet. Augustiner, Hacker-Pschorr, Löwenbräu, Paulaner, Spaten und Hofbräu erfüllen diese Voraussetzung und sind in der Verordnung namentlich als Bier-Lieferanten zugelassen.

Giesinger Bräu will auf das Oktoberfest und sich das Bräurosl schnappen

Nun sind es aber nicht mehr nur diese sechs Brauereien, die Münchner Bier herstellen. Mit der erfolgreichen Bohrung ihres Tiefbrunnens ist Münchner Kindl nach Giesinger Bräu auf bestem Wege, das achte Münchner Bier zu brauen. Mit Giesinger-Geschäftsführer Steffen Marx seien Sailers in engem Austausch, sagen sie im Gespräch mit der SZ. Sie halten es für richtig, dass Marx das Recht einfordert, die Wiesn beliefern zu dürfen – klar, denn hat er damit Erfolg, ebnet er auch Münchner Kindl den Weg zum größten Volksfest der Welt.

Dietrich Sailer stellt aber klar, dass es ihm und seinen Söhnen nicht darum gehe, die Wiesn auszuweiten, sondern dass in der Oktoberfestverordnung klarer definiert gehöre, was die Begriffe „Münchner Bier“ und „Traditionsbrauerei“ genau bedeuten. „Einen Platz auf der Wiesn bekommt man nicht dadurch, dass noch genug Parkfläche frei wäre, sondern indem man die Diskussion eröffnet, wer welches Zelt beliefern darf“, pflichtet Sohn Leo bei.

Damit spielt er auf Marx’ Argumentation an, der zufolge der Hacker-Pschorr-Brauerei nur ein Wiesnzelt zustehen sollte, nachdem sich Hacker und Pschorr im Jahr 1972 zu einer Brauerei zusammengeschlossen hatten. Bis heute bespielt Hacker-Pschorr als einzige Brauerei zwei Zelte auf dem Oktoberfest, das Hacker Festzelt und die Bräurosl. Deshalb hat es nun Marx auf die Bräurosl abgesehen.

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Wenn es nach der Familie Sailer geht, müsste man sogar noch weiter denken. Denn auch die Paulaner Brauerei gehöre zum selben Unternehmen wie Hacker-Pschorr, nämlich zur Schörghuber-Gruppe, erklärt Luis Sailer. Demnach könne neben der Bräurosl und dem Hacker Festzelt auch das Paulaner Festzelt neu vergeben werden. „Die Bevölkerung steht schon lange nicht mehr hinter den Konzernbieren“, findet der junge Braumeister und Bier-Sommelier.

Steffen Marx will es mit seinem Giesinger Bier in zwei bis drei Jahren auf die Wiesn schaffen. Zuvor braucht er aber einen Stadtratsbeschluss, um die Oktoberfestverordnung zu ändern und als siebte Münchner Brauerei die schriftliche Zulassung zu bekommen. Beim Wirtschaftsreferenten und Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner (CSU) biss er mit seinem Vorhaben bis zuletzt auf Granit. Er und die Sailers setzen deshalb große Hoffnung in Baumgärtners Nachfolger Christian Scharpf (SPD), der offiziell zum 1. März sein neues Amt antritt.

Doch erst einmal gilt es für Familie Sailer, ihre Brauerei am südlichen Ende der Tegernseer Landstraße auf den Weg zu bringen. Ende dieses Jahres soll dort das erste Bier gebraut werden, und wenn alle Bauvorhaben nach Plan laufen, eröffnet die Brauerei im Frühjahr 2026. Zur gleichen Zeit sollen die ersten zwei Münchner-Kindl-Ausschänke aufmachen, einer in Giesing an der Silberhornstraße (mit dem „Obststandl-Didi“ als Wirt), der zweite im Univiertel.

Noch sind die großen Fenster von Metallgerüsten versperrt, doch die Brauerei soll gut einsehbar sein, geht es nach der Familie Sailer. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Brauerei lässt trotz Baustelle schon jetzt erahnen, wie es dort später einmal aussehen wird. Der Bau aus rotem Ziegel sei nach dem Vorbild einer dreischiffigen Basilika entworfen worden, erklärt Dietrich Sailer beim Rundgang durch die Baustelle und fügt hinzu: „Wir wollen eine gläserne Brauerei.“ Alles wird einsehbar sein, vom Getränkemarkt im vorderen Seitenschiff, wo Holzfässer zur Selbstabholung eingekühlt lagern werden, über die Gastronomie mit Biergarten und Pferdestall im hinteren bis zum großen Mittelschiff mit der Logistik.

Vom Besuchersteg aus können Besucher dem Treiben in der Brauerei zuschauen. (Foto: Stephan Rumpf)

Unter dem Dach im Mittelschiff verläuft ein Besuchersteg, von dem aus man den Lkw beim Be- und Entladen zusehen kann. Gebraut wird unterirdisch. Etwa 10 000 Hektoliter pro Jahr habe sich die Brauerei als mittelfristiges Ziel gesetzt, mit der Option auf Wachstum, sagt Sailer und zeigt auf große, herausnehmbare Platten im Boden des Mittelschiffs. Durch sie könnten nachträglich unkompliziert zusätzliche Tanks in den Keller abgelassen werden – eine Vorsorgemaßnahme, die sich spätestens dann auszahlen dürfte, wenn es ein Wiesnzelt zu bestücken gilt.

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