Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Die längste Trockenzeit in der Geschichte des Müller'schen Volksbads

Seit zehn Monaten hat das Bad zu. Schuld ist nicht nur Corona, sondern auch der Mangel an Personal. Was erwartet die Gäste bei der Wiedereröffnung?

Interview von Ekaterina Kel

Das Müller'sche Volksbad war so lange am Stück zu wie noch nie seit der Eröffnung. Betriebsstellenleiter Erich Kühberger erklärt, was es damit auf sich hat und worauf er sich bei der Wiedereröffnung am meisten freut.

SZ: Herr Kühberger, die Hallenbäder dürften längst wieder aufmachen. Das Müller'sche Volksbad hat aber seit dem 1. November vergangenen Jahres zu. Warum?

Erich Kühberger: Diese lange Dauer ist einmalig in der Geschichte des 120-jährigen Bades. Von November bis Juni war die Schließung vom Freistaat angeordnet. Der Grund, warum es auch danach zu blieb, ist einfach: Personalmangel.

Das müssen Sie uns erklären.

Als es im Mai hieß, die Freibäder dürfen wieder öffnen, hatten wir Schwierigkeiten, kurzfristig genug Personal zu finden. Normalerweise laufen die Freibäder mit vielen Saisonkräften, Rettungsschwimmer, Kassiererinnen, Putzpersonal, die kommen jedes Jahr nur für die Sommermonate dazu. In diesem Jahr war alles anders.

Wie anders?

Im Michaelibad zum Beispiel, wo ich vorher Betriebsstellenleiter war, holt man normalerweise zusätzlich zu den 18 Festangestellten jeden Sommer zwölf Saisonkräfte dazu. Dieses Jahr kamen nur zwei.

Das gleiche Problem hat ja auch die Gastronomie. Woran liegt das?

Die große Unsicherheit lässt viele zögern. Und wer kann es ihnen verübeln? Wir haben, obwohl wir noch nicht wussten, ob wir im Sommer überhaupt aufmachen können, schon im Februar und März Saisonstellen ausgeschrieben. Aber die Bewerber mussten wir dann leider trotzdem erst mal vertrösten. Wir hingen ja selbst in den Seilen und wussten nicht, wann wir öffnen dürfen. Das Warten war vielen zu unsicher, und sie sind wo anders hingegangen, wo sie eine sichere Einnahmequelle hatten.

Und wie hängt das mit der Schließung des Müller'schen Volksbads zusammen?

Die Stadtwerke, die die städtischen Bäder betreiben, mussten in den sauren Apfel beißen und das Personal der Hallenbäder auf die Freibäder verteilen. Und selbst als in Bayern die Hallenbäder dann im Juni öffnen durften, mussten in München einige, wie auch 2020, geschlossen bleiben. Dabei wurden vor allem die Bäder ohne Außenbereich ausgewählt, solange die Freibadsaison läuft - das Müller'sche Volksbad, das Bad Forstenrieder Park und die Innenbereiche des Michaelibads und des Westbads.

Am 14. September machen Sie nun endlich wieder auf. Erwarten die Gäste des Volksbads Neuerungen?

Ich kann Sie beruhigen: Es gibt nichts Neues. Und das ist auch gut so. Bei uns macht das Alte die ganze Schönheit aus. Unsere Gäste schätzen ja genau das. Das Müller'sche Volksbad ist eine richtige Institution in München. Und als Chef ist man hier zusätzlich auch Denkmalpfleger und Museumswärter. Auch die Kollegen und Kolleginnen, die jetzt alle noch zerstreut auf die anderen Bäder sind, fühlen sich mit dem Müller'schen Volksbad sehr verbunden. Wir zählen schon die Tage, bis es endlich wieder losgeht.

Das Bad lag all die Monate einfach still?

Wir haben die Zeit natürlich genutzt für allerhand Ausbesserungsarbeiten. Die Becken wurden geleert und gereinigt, einige Fliesen und Fugen ausgebessert. Das Bad wird im perfekten Zustand wieder aufmachen. Jetzt hoffen wir nur noch, dass auch unsere Gäste wiederkommen.

Wer kommt denn normalerweise?

Touristen, Studenten, Anwohner. Aber natürlich auch Stammgäste. Sie gehören zum Bad einfach dazu. Es gab vor Corona eine Gruppe von Senioren, die sich manchmal schon vor der Öffnung um 7.30 Uhr vor der Tür zum Ratschen traf. Viele kamen jeden Tag. Für sie war das Schwimmen die einzige Möglichkeit, sich zu bewegen. Gerade die Älteren, mit Arthrose zum Beispiel, konnten ja auch nicht aufs Joggen ausweichen. Einige treffe ich gerade im Prinzregentenbad wieder, wo ich im Moment bin, man kennt und grüßt sich. Auch sie erzählen mir, wie sehr sie sich auf die wunderschöne Architektur und das Ambiente im Müller'schen Volksbad freuen. Wir sind eben kein normales Bad.

Von diesem Donnerstag an ändern sich die Corona-Regeln in Schwimmbädern: So entfällt die Reservierungspflicht, weil wieder mehr Menschen rein dürfen. Allerdings gilt für alle Besucher die 3G-Regel. Attraktionen wie Wasserpilze oder die Welle im Cosimabad werden wieder in Betrieb genommen. Auch Dampfbäder und Biosaunen können angeboten werden, die Aufgüsse weiterhin ohne Wedeln.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5397851
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 02.09.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.