Gebührenerhöhungen, obwohl der Abfall weniger wirdMüllgebühren sollen um zwölf Prozent steigen

Lesezeit: 3 Min.

Müllwerker des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) bei der Arbeit.
Müllwerker des Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) bei der Arbeit. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Münchner vermeiden Müll, sollen ab 2025 für dessen Entsorgung aber deutlich mehr zahlen. „Eine absurde Situation“, schimpfen Kritiker.

Von Joachim Mölter

Alles wird teurer, sogar der Müll: Münchnerinnen und Münchner sowie die ansässigen Gewerbebetriebe müssen sich darauf einstellen, demnächst zwölf Prozent mehr für die städtische Müllabfuhr zu bezahlen. Über eine von der neuen Kommunalreferentin Jacqueline Charlier vorgeschlagene Gebührenerhöhung zum 1. Januar 2025 entscheidet der Kommunalausschuss des Stadtrats am Donnerstag. Die neuen Preise sollen dann bis Ende 2027 gelten.

Was das für die Bürger bedeutet, lässt sich beispielhaft anhand der in München am häufigsten verwendeten Abfallbehälter darstellen – der 120-Liter-Tonne (für einen Ein-Familien-Haushalt) und dem 1100-Liter-Container (für größere Wohnanlagen). Für die wöchentliche Leerung einer 120-Liter-Tonne sollen künftig 440 Euro im Jahr gezahlt werden, statt wie bisher 393 – ein Aufschlag von 47 Euro; bei einer 14-tägigen Leerung steigt die Gebühr um 25 Euro, von 206 auf 231 Euro. Beim 1100-Liter-Container erhöhen sich die Kosten fürs wöchentliche Leeren um 279 Euro, von bislang 2324 auf 2603 Euro. Beim 14-tägigen Turnus sind es 151 Euro mehr – 1416 Euro statt 1265.

Abfallgebühren
Abfallgebühren (Foto: SZ-Grafik)

Die Stadtratsfraktion Die Linke/Die Partie hat angekündigt, die Vorlage abzulehnen, wie der Fraktionsvorsitzende Stefan Jagel erklärte: „Die Stadtregierung erdrückt die Menschen mit immer höheren Kosten – besonders die armen Haushalte leiden darunter, weil sie weniger Einkommen haben.“ Er verweist darauf, dass es schon für die aktuelle Gebührenlaufzeit von 2022 bis 2024 eine satte Preiserhöhung um 29 Prozent gegeben habe: Wenn die neue Gebührensatzung beschlossen wird, werde die Müllabfuhr um insgesamt 45 Prozent teurer sein im Vergleich zu 2021.

Kommunalreferentin Charlier und der Abfallwirtschaftsbetrieb München (AWM) begründen die geplante Anhebung der Gebühren vorwiegend mit steigenden Personalkosten und höheren Abgaben für den Ausgleich des Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes, sogenannte CO₂-Zertifikate. In den Jahren von 2025 bis 2027 kalkuliert der AWM allein in diesen Bereichen mit Mehrkosten in Höhe von etwa 110 Millionen Euro, wie aus der Sitzungsvorlage für den Kommunalausschuss hervorgeht.

Traumjobs - so sind sie wirklich
:"Wenn einen der Geruch stört, sollte man den Job nicht machen"

Wer als Müllwerker arbeitet, wird fair bezahlt und erfährt viel Wertschätzung. Und kaum ein Beruf bringt Kinderaugen so zuverlässig zum Leuchten. Über einen Traumjob auf den zweiten Blick.

SZ PlusVon Johannes Bauer

Zudem rechnet der AWM ab 2027 mit der Einführung eines derzeit noch in der Testphase befindlichen Recycling-Systems, der Gelben Tonne. Damit reduziere sich die Menge des Restmülls und analog die Summe der Gebühreneinnahmen. Um die gleichbleibenden Fixkosten für die Infrastruktur zu decken, müssten also die Gebühren erhöht werden. Stefan Jagel hält das für „eine absurde Situation: Wenn die Leute Müll vermeiden, steigen die Gebühren“. Etwas anders formuliert steht es aber genau so in der Vorlage: „Die Restabfallgebühren werden also trotz der Anstrengungen der Bürgerinnen und Bürger zur Restabfallreduzierung weiter ansteigen.“

Jagel und seine Fraktion haben eine Idee, wie man den Bürgerinnen und Bürgern höhere Müllgebühren ersparen könnte – dafür müsste der Stadtrat an den Betriebsführungsvertrag heran, den Abfallwirtschaftsbetrieb und Stadtwerke München (SWM) geschlossen haben. Die beiden städtischen Tochterunternehmen hüten die Inhalte ihrer Vereinbarung wie die Coca-Cola-Company die Rezeptur ihres Erfrischungsgetränks.

Bekannt ist, dass der AWM die Stadtwerke dafür bezahlt, dass diese ihren Abfall entsorgen. Das machen die SWM, indem sie den Müll verbrennen, womit sie Wärme und Strom erzeugen, die sie an ihre Kunden verkaufen. Die Stadtwerke machen also gleich ein doppeltes Geschäft – beteiligen den AWM aber nur teilweise für dessen Brennstofflieferung.

Den Geschäftsberichten der beiden Unternehmen für 2023 ist zu entnehmen, dass die SWM allein durch die Einspeisung des verbrannten Mülls ins Fernwärmenetz einen Umsatz von etwa 157 Millionen Euro erzielt hat, wovon die Hälfte an den AWM zurückgegeben wurde, 78,5 Millionen Euro. „Die Gewinne durch die Energie aus der Müllverbrennung müssen in vollem Umfang an die AWM zurückfließen und sich in den Gebühren für die Müllentsorgung niederschlagen“, fordert Jagel.

Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen soll der AWM mittelfristig ein neues Gebührenmodell entwickeln – auch das will Kommunalreferentin Charlier dem Kommunalausschuss am Donnerstag vorschlagen. Bislang finanzierte sich der Münchner Abfallbetrieb über die Entsorgung des Restmülls – diese Säule trug alle anderen Aufgaben mit. Von 2028 an soll das Gebührenmodell dann auf zwei Faktoren basieren: einer Grundgebühr, die für alle gleich ist, und einer Leistungsgebühr, die sich nach der Menge des entsorgten Abfalls richtet.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

IT-Genossenschaft
:Wenn der Chef seinen Mitarbeitern die Firma überschreibt

Der Weg ist ungewöhnlich, die Angestellten sind „geflasht“: Das Software-Unternehmen Iteratec wird in eine Genossenschaft umgewandelt. Gründer Klaus Eberhardt löst damit ein Problem, auf das viele deutsche Unternehmen zusteuern.

SZ PlusVon Catherine Hoffmann

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: