Wertstofftonne und Verpackungsabgabe:Grüne in München wollen Änderung des Müll-Systems

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Kaffeebecher zum Wegwerfen: Geht es nach den Grünen im Stadtrat, sollte darauf eine Abgabe erhoben werden. Auf Dauer soll das die Betriebe zur Umstellung auf Mehrwegbehältnisse motivieren. (Foto: Jan Woitas/dpa)

Die Stadtratsfraktion will mit einer Abgabe auf To-go-Verpackungen die Gebühr für die Restmülltonne senken. Das Geld soll den Bürgern an anderer Stelle zugutekommen. OB Reiter kritisiert den Vorstoß des Koalitionspartners als „kontraproduktiv“.

Von Bernd Kastner

Die Grünen im Stadtrat wollen das Müll-System in München an zwei Stellen grundlegend verändern. Sie plädieren für eine Verpackungsabgabe auf Einweg-Behältnisse für Speisen und Getränke zum Mitnehmen. Und sie wollen, dass Plastikabfälle bald zu Hause gesammelt werden und nicht mehr zu Container-Inseln gebracht werden müssen. Ob dies politisch umgesetzt wird, ist allerdings fraglich: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) kritisiert den eigenen Koalitionspartner für die Vorstöße.

Das Ende Januar veröffentlichte Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem die Tübinger Verpackungssteuer für rechtens erklärt wird, führt in diversen Kommunen bundesweit zur Frage: Sollen wir To-Go-Verpackungen auch teurer machen? In München hat dies die ÖDP-Fraktion gefordert, nun schließen sich die Grünen an. Allerdings schwebt der Fraktion keine Steuer vor, weil diese im allgemeinen Geld-Topf der Stadt landen würde. Sie wollen eine Verpackungs-Abgabe. Der Erlös solle den Bürgern an anderer Stelle gezielt zugutekommen: Durch geringere Gebühr für die schwarze Restmülltonne, oder indem Grünanlagen öfter gereinigt werden.

Diesen Vorschlag stellten am Dienstag die Grünen-Stadträte Sibylle Stöhr und Christian Smolka sowie Dagmar Mosch vom Aubinger Bezirksausschuss vor. Sie verweisen auf die positive Wirkung in Tübingen, wo die Steuer von 50 Cent auf To-Go-Verpackungen seit 2022 gilt. Dort habe sich die Zahl der Gastrobetriebe, die Mehrweg anbieten, vervierfacht. Auf konkrete Abgabe-Höhen wollen sich die Grünen nicht festlegen, nur eines versprechen sie: Nicht teurer werden solle ein Döner, der in Alufolie verkauft wird. SPD-Fraktionschef Christian Köning hat jüngst mit einem Video gegen die mögliche Verteuerung von Dönern in Alufolie protestiert.

Ist der Grünen-Vorstoß mit dem Koalitionspartner SPD und deren Oberbürgermeister abgestimmt? Nein, sagen die Grünen-Stadträte, sie seien aber sicher, gute Argumente zu haben. Das sieht OB Dieter Reiter anders. Kaum war das Pressegespräch der Grünen beendet, kritisiert er den Partner öffentlich. Nachdem er neulich eine Verpackungssteuer abgelehnt hat, erklärt er nun, dass er auch eine Abgabe „kritisch“ sehe. Es fehlten ihm Informationen aus Tübingen, wie sich die dortige Steuer auf die Müllmenge auswirke. „Eine Abgabe für die Verbraucherinnen und Verbraucher erhebe ich nicht einfach so nach Gefühl, sondern dafür brauche ich harte Fakten.“ Eine weitere Abgabe im teuren München halte er „für kontraproduktiv“.

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Von Bernd Kastner

Ablehnend äußert sich Reiter auch zum zweiten Vorschlag der Grünen, Plastikmüll künftig zu Hause sammeln und abholen zu lassen. Zwar habe er „großes Verständnis dafür“, das jetzige System zu überdenken. Bisher wird Verpackungsmüll in den Wertstoffinseln gesammelt, dort quillen die Container oft über. Da seit Anfang 2024 Pilotversuche in mehreren Quartieren laufen, so Reiter, solle man erst deren Ergebnis abwarten. Der aktuelle Vorschlag der Grünen sei „ein vollkommen unausgegorener Plan“.

Die Grünen-Fraktion hält es für unnötig, den für Ende 2026 geplanten Abschluss der Versuche abzuwarten. Schon jetzt zeige sich, dass deutlich mehr Kunststoffmüll gesammelt werde, wenn eine gelbe Tonne (allein für Verpackungsabfall) oder Wertstofftonne (neben Verpackungen auch für Kunststoffabfälle oder Pfannen) im Hof oder im Keller stehe. Denselben Effekt gebe es in den Kommunen mit einem Hol-System.

Während im bayernweiten Durchschnitt knapp 24 Kilo pro Person und Jahr an Verpackungsmüll gesammelt würden, sei es in München nur ein Viertel: 5,7 Kilo. Weil der Weg zur Wertstoffinsel vielen Bürgern zu mühsam sei, lande sehr viel recyclebarer Abfall im Restmüll. Landesweit ist München eine Stadt von nur sechs Kommunen und Landkreisen, die auf ein Bring-System setzen. Wenn es nach den Grünen geht, solle die Stadt schon jetzt mit den privaten Dienstleistern und dem Dualen System verhandeln, um 2027 auf ein Hol-System umzustellen. Dann gäbe es auf den Wertstoffinseln auch mehr Platz für Glascontainer.

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