Süddeutsche Zeitung

Waca:Mit Vollgas und Trüffelsauce ins Paralleluniversum

Im Motorworld im Norden der Stadt schießen die Flammen in der offenen Küche des Restaurants Waca hoch. Zwischen edlen Karosserien gibt es peruanisch-japanische Küche auf hohem Niveau und zu ordentlichen Preisen.

Von Rosa Marín

Das Leben einer Restauranttesterin gestaltet sich meist recht erfreulich: Professionell den schönen Dingen aus der Küche zu frönen, ist ein Privileg, das Rosa Marín stets schätzt. Ein angenehmer Bestandteil dieses Jobs unter Inkognito-Flagge ist aber auch, dass man staunend in unserer Stadt und dem Umland auf Reisen gehen darf und sich gar nicht groß verstellen muss, wenn der Mund zu lange offen bleibt - es kennt einen ja keiner. Und so landete Rosa Marín zuletzt in einem Paralleluniversum, einem Ort, von dem sie nicht wusste, dass es ihn in diesen Ausmaßen überhaupt gibt. Ohne Menü-Mission wäre sie vielleicht niemals mit ihren kulinarischen Mitstreitern dorthin gefahren. Diese waren allesamt übrigens männlich, und wenn man dem blöden Spruch glauben mag, dass manche Männer Benzin im Blut haben, war Expertise geballt an Bord.

Wir näherten uns nämlich der Motorworld im Norden Münchens, in Freimann. Und steuerten verblüfft auf ein hell erleuchtetes, ganz eigenes Universum zu. Im Mai vergangenen Jahres hat hier, in einem wunderschön sanierten Industriedenkmal, ein Unternehmen eröffnet, das sich selbst "automobile Erlebniswelt" nennt. In Nachbarschaft zu den Veranstaltungshallen Zenith und Kesselhaus sammelt sich im früheren Ausbesserungswerk der Deutschen Bahn edles Blech. Von Bugatti, McLaren, Lotus, Mercedes, Rolls-Royce oder Porsche ist so ziemlich alles, auf Hochglanz poliert in antik und neu, zu finden, was teuer ist. Gastronomie und ein Hotel haben in dieser beeindruckenden alten Lokhalle mit gigantischen Ausmaßen - 185 Meter lang, 90 Meter breit und bis zu 18 Meter hoch - natürlich auch noch Platz gefunden.

An einem Samstagabend waren keine auffälligen Gestalten im edel designten Lokal auszumachen

Eine geräumige Ecke am Ostende der Halle nimmt das Restaurant Waca ein, hier ist Nikkei-Küche mit hochpreisiger Fleischware und edlen Getränken im Angebot. Zur Eröffnung im Sommer vergangenen Jahres hatte sich denn auch eine Klientel eingefunden, die manche als Schickeria bezeichnen, andere als Versammlung von Schauspielern aus Vorabendserien. Sei´s drum, an einem Samstagabend im März waren keine auffälligen Gestalten im edel designten Lokal auszumachen, die rotsamtenen Sessel, die edelgrauen Sitzbänke an dunklen Marmor-Holz-Tischen waren denn auch nur zur Hälfte besetzt. Wer hier rausfährt, muss ja auch ein Ziel haben - neben einem ausgeprägten Interesse an schönen Oldtimern kann dies durchaus die Lust sein, sich in internationalem Flair unter Waca-Neon-Leuchtschrift im Las-Vegas-Style wohlzufühlen und gutes und teures Essen zu genießen.

Nikkei bedeutet eine Fusion aus peruanischer und japanischer Küche. Hier verschmelzen südamerikanische Vorlieben, etwa für reifendicke Rindersteaks, mit den Feinheiten asiatischer Kunst. Der Nikkei-Stil ist schwer im Trend, er begründet sich daraus, dass im vergangenen Jahrhundert viele Japaner nach Peru auswanderten und dann auch kulinarisch das Beste draus machen wollten. Rosa Marín findet das grundsätzlich interessant, eröffnet es doch die Möglichkeit, mit Menschen mit verschiedensten Geschmacksrichtungen in einem einzigen Lokal dinieren zu können.

Spektakulär hantieren im Waca vier Köche in der offenen Küche, flambieren auf Teufel komm raus, Flammen überall. Die Runde entschied sich bei den Speisen vorab für Honig-Sesam-Hähnchen (12 Euro). Das waren knusprige Hähnchenstücke mit Lemongras in einer feinen Chifa-Marinade, wunderschönst auf hübscher Keramik präsentiert, eine ordentliche Portion. Weil man aus Kostengründen vom australischen Wagyu-Chateaubriand, Marmorierungsgrad 7-8, 600 Gramm für 169 Euro, die Finger ließ, probierte die Runde die bescheidene Variante. Mini-Wagy-Burger im Brioche mit Trüffelsauce (11 Euro). Die überaus freundlichen Restaurantkräfte brachten sie halbiert auf kleinen Tellerchen, damit man teilen konnte. Sehr aufmerksam. Ein Traum für Augen und Gaumen wurde der Maguro-Thunfischtatar (22), wie ein Kunstwerk im Kreis angerichtet, man wollte das Gebilde mit Gurken, mariniertem Rettich und Wasabi-Eiscreme kaum zerstören. Es lohnte sich aber, so wurde man der harmonischen Würzung gewahr.

Während die Runde versonnen in den künstlichen Kamin in der Wand blickte, brachte der Kellner die Steakmesser in Hackebeilform samt Waca-Gravur und los ging es: Das australische Wagyu-Filet (220 Gramm, 59 Euro) kam rare ganz nach Wunsch, serviert mit Kalbjus mit voller, rauchiger Note. Das edle Stück mit einem Marmorierungsgrad von 4 bis 5 zerging buchstäblich auf der Zunge. Die extra zu bestellende Beilage, in diesem Fall Babyspinat (6) war jedoch durchschnittlich, fast langweilig und ungesalzen. Das Entrecote aus den USA, Black Angus, prime Selection (330 Gramm 52 Euro), hielt, was es versprach, es kam sehr zart und perfekt vom Grill. Auch da gab es jedoch zu Meckern an der Beilage: Die Pommes mit Trüffel und Parmesan (9) waren zwar knusprig, von der Anmutung aber wie Pommes von McDonald´s.

Die SZ-Kostprobe

Die Restaurant-Kritik "Kostprobe" der Süddeutschen Zeitung hat eine lange Tradition: Seit 1975 erscheint sie wöchentlich im Lokalteil, seit einigen Jahren auch Online und mit einer Bewertungsskala. Etwa ein Dutzend kulinarisch bewanderter Redakteurinnen und Redakteure aus sämtlichen Ressorts - von München, Wissen bis zur Politik - schreiben im Wechsel über die Gastronomie in der Stadt. Die Auswahl ist unendlich, die bayerische Wirtschaft kommt genauso dran wie das griechische Fischlokal, die amerikanische Fastfood-Kette, der besondere Bratwurststand oder das mit Sternen dekorierte Gourmetlokal. Das Besondere an der SZ-Kostprobe: Die Autorinnen und Autoren schreiben unter Pseudonym, oft ist dies kulinarisch angehaucht. Sie gehen unerkannt etwa zwei- bis dreimal in das zu testende Lokal, je nachdem wie lange das von der Redaktion vorgegebene Budget reicht. Eiserne Grundregeln: hundert Tage Schonfrist, bis sich die Küche eines neuen Lokals eingearbeitet hat. Und: Nie bei der Arbeit als Restaurantkritiker erwischen lassen - um unbefangen Speis und Trank, Service und Atmosphäre beschreiben zu können. SZ

Perfekt hingegen geriet der marinierte Black Cod, schwarzer Kabeljau nach Rocotto-Miso mit süß-saurem Gemüse (44). Fusion-Küche vom Feinsten, eine ansehnliche Portion. Durchschnittlich und durchgegart der Lachs Teriyaki, mit 26 Euro unter den günstigeren Hauptgerichten; die extra Sauce wird im hübschen Kännchen gereicht, was wiederum versöhnt. Ebenso die Beilage: kunstvoll aufgeschichteter Spargel mit süßer Sojasauce (8) von toller Konsistenz.

Bleibt noch Platz (und Geld) für eine Beilage? Ja. Für Tres Leches: Peruanischer Milchkuchen mit marinierten Beeren (12). Ein gelungener, süßer Abschluss bevor es wieder rausgeht - auf die Piste mit den polierten Boliden.

Waca Restaurant, Am Ausbesserungswerk 8, Telefon: 089/90407722, www.wacarestaurant.com, Öffnungszeiten: Mo. 17-23 Uhr, Di.-Do. 17.30-23 Uhr, Fr.-So. 12-23 Uhr

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