"Motel One"-Bauprojekt am Hauptbahnhof:Investor wirft Nachbarn versuchte Erpressung vor

Lesezeit: 3 min

Vom Gericht verhängter Baustopp: Seit August ruht der Betrieb auf der Baustelle für ein neues "Motel One" an der Schillerstraße 3. (Foto: Catherina Hess)

Für das geplante "Motel One" an der Schillerstraße gilt seit August ein Baustopp. Die Hotelbetreiber von nebenan bieten an, ihre Klagen gegen 2,8 Millionen Euro zurückzuziehen. Das sei "kriminell", meint der Anwalt des Investors.

Von Sebastian Krass

Im Rechtsstreit um den Bau eines neuen Hotelgebäudes an der Schillerstraße 3 stehen nun strafrechtliche Vorwürfe im Raum. Die Grünwalder Immobilienfirma Concrete Capital, die das Gebäude mit 269 Zimmern und zehn Werkswohnungen für "Motel One" errichten will, wirft den Nachbarn, die vor Gericht einen Baustopp erwirkt haben, versuchte Erpressung vor. Die so angegriffene Familie Milchiker, die nebenan das Hotel "Schiller 5" betreibt, kündigt im Gegenzug über ihren Anwalt an, Strafanzeige wegen Verleumdung zu stellen.

Die Firma Concrete Capital, die zum überwiegenden Teil der Familie des Autorennfahrers und Immobilien-Investors Hubert Haupt gehört, hat Rechtsanwalt Wolf-Rüdiger Bub engagiert, der unter anderem Leo Kirch gegen die Deutsche Bank vertreten hat und seine Kanzlei bis 2019 gemeinsam mit Peter Gauweiler betrieb. Bub leitet den Vorwurf der versuchten Erpressung aus Verhandlungen zwischen beiden Parteien über eine gütliche Einigung gegen Zahlung einer Geldsumme ab. Diese mündeten nach Kenntnis der SZ Ende Oktober in einen "Letter of intent", in dem die Familie Milchiker anbot, gegen Zahlung von 2,8 Millionen Euro oder eine Zahlung von 1,95 Millionen Euro und eine dreiprozentige Beteiligung an Concrete Capital alle Klagen und eine beim Landtag eingereichte Petition gegen das Bauvorhaben zurückzuziehen. Haupt und sein Geschäftsführer Peter Fritsche lehnten den Deal letztlich ab.

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In dem Verfahren geht es im Wesentlichen darum, ob durch den Neubau das Grundwasser so aufgestaut werden könnte, dass Nachbargebäude Schaden nehmen. Das städtische Referat für Klima- und Umweltschutz (RKU) hatte eine wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, gegen die die Nachbarn klagten, bisher zweimal mit Erfolg im Eilverfahren. Der Baustopp, der seit August gilt, "kostet uns nach aktuellen Schätzungen jeden Monat rund 200 000 Euro", sagt Peter Fritsche von Concrete Capital. Das gesamte Investitionsvolumen liege bei etwa 100 Millionen Euro.

"Kriminell", sagt der eine Anwalt - "völlig lächerlich", meint der andere

Es sei legitim, dass die Nachbarn den Rechtsweg nutzten, sagt Anwalt Bub, ebenso wie man verhandeln könne, ob sich der Streit gütlich beilegen lässt. Die im Raum stehende Geldforderung aber erfülle "aus meiner Sicht den Straftatbestand der versuchten Erpressung, das Agieren des Rechtsanwalts Ziegler könnte Beihilfe sein", erläutert Bub. "Die strafrechtliche Relevanz ergibt sich für mich aus der fehlerhaften Zweck-Mittel-Relation, also dem Missverhältnis zwischen der Geldforderung des direkten Nachbarn und dem Schaden, der ihm möglicherweise bei Hochwasser droht." Dieser Schaden würde nach Erkenntnis von Sachverständigen im ungünstigsten Fall 24 000 Euro betragen, so Bub, dem gegenüber stehe die Millionenforderung. Die Familie Milchiker nutze ihre Position aus, "um eine völlig unangemessene Geldsumme zu erpressen", so Bub, das sei "kriminell". Strafanzeige habe man bisher nicht gestellt, "es handelt sich um ein Offizialdelikt, bei dem die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv werden muss, wenn sie Kenntnis von dem Tatvorwurf erlangt".

Der gegnerische Anwalt Benno Ziegler widerspricht Bubs Darstellung vehement: Weil Concrete Capital bisher vor Gericht "stets unterlegen ist und auf dem Weg nicht weiterkommt, versuchen die jetzt, meinen Mandanten Geldgier und strafbares Verhalten zu unterstellen. Dagegen werden wir uns mit allen Mitteln des Rechts wehren und Strafanzeige wegen Verleumdung stellen", so Ziegler. Er fühle sich beim Vorgehen seines Kollegen Bub daran erinnert, dass dessen Kanzlei für Wirecard einen Journalisten der Financial Times "mit strafrechtlichen Vorwürfen fertigmachen wollte", so Ziegler, wobei der Fall, um den es jetzt geht, natürlich deutlich kleiner sei.

Auch inhaltlich widerspricht Ziegler dem Vorwurf einer Straftat. In Wirklichkeit sei es Hubert Haupt gewesen, "der auf meine Mandanten zugegangen ist, um das Thema mit einer Geldzahlung zu beenden". Deshalb sei der Vorwurf der versuchten Erpressung "völlig lächerlich". Bub erklärt auf Nachfrage, tatsächlich habe Haupt in einem von der Gegenseite initiierten Gespräch einmal die Summe von 1,5 Millionen in den Raum gestellt, das sei aber kein offizielles Angebot gewesen. In weiteren Gesprächen erhöhte sich die Summe, über die geredet wurde, offenbar auf 2,8 Millionen Euro.

Ziegler betont, dabei gehe es nicht allein um die Kompensation möglicher Wasserschäden: Durch den Bau des großen "Motel One" drohten seinen Mandanten für ihren Vier-Sterne-Hotelbetrieb deutlich größere Schäden. Der enorm zunehmende Verkehr werde die Schillerstraße 5 schlechter erreichbar machen, der Wert der Immobilie sinke, "dagegen wollten meine Mandanten sich absichern".

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