Kritik:Spannende Kontraste

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Der Monteverdi-Chor gestaltet ein kitschfreies Konzert, das einen bisweilen nah an den Heiligen Abend rückt.

Von Klaus Kalchschmid, München

Mit "Ich steh an Deiner Krippen hier", der Zugabe beim Adventskonzert des Monteverdi-Chors in Heilig Geist am Viktualienmarkt, waren wir schon nah an Heiligabend. Die Hälfte der zugelassenen Besucher hatte sich gut verteilen können und erlebte einen wunderbar kitschfreien Abend mit traumhaft schönen A-capella-Sätzen von der Renaissance bis heute.

Jeweils eine alte und eine Komposition des 20. Jahrhunderts waren kombiniert. Das bedeutete keineswegs eine Reibung, sondern ermöglichte spannende Begegnungen. Manchmal konnte man sogar den Eindruck gewinnen, dass ein auf Latein gesungenes Stück aus der Zeit um 1600, etwa von Michael Praetorius ("Quem pastores laudavere") oder Hans Leo Haßlers "Dixit Maria" in seiner strengen Polyphonie "moderner" klang als eine Bearbeitung 350 Jahre später. So traf Johannes Eccards "Übers Gebirg Maria geht" von 1642 auf Zoltán Kodálys "Veni, veni Emmanuel" oder Andreas Hammerschmidts "Machet die Tore weit" und sein "Alleluja" auf Benjamin Brittens feinen Chorsatz "A Hymn to the Virgin". "Also hat Gott die Welt geliebt" von Heinrich Schütz erfuhr sein Echo in William Waltons "What Cheer?".

Gerade an diesem Ort war dieser Brückenschlag über die Jahrhunderte besonders berührend, denn die 1730 vollendete Kirche brannte 1945 bis auf die Außenmauern ab und wurde bis 1957 mit dem geretteten Inventar und der Ausmalung nach alten Fotografien wieder in den Zustand von vor dem Zweiten Weltkrieg gebracht.

Am Anfang des Konzerts herrschten getragene Tempi vor, doch nach dem großartigen Satz Leonhart Schröters (1532-1601) von "Joseph, lieber Joseph mein" kam mit Francis Poulencs "Hodie Christus natus est" und "O magnum mysterium" richtig Leben auf, auch Alessandro Scarlattis barockes "Exsultate jubilate" setzte den Wiegen- und Schlafliedern" emphatische Kundgebungen der Freude entgegen über die Geburt Jesu, den späteren Retter der Welt dank seines Opfertods am Kreuz. Felix Mendelssohns berühmte achtstimmige, traumhaft reich melodiöse Motette "Denn er hat seinen Engeln befohlen", die er später in den "Elias" übernahm, war dagegen ein frühromantischer Solitär im Programm, das unter Leitung von Konrad von Abel 21 Sängerinnen und Sänger mit feiner, differenzierter Stimmkultur und nicht minder subtilem Ausdruck gestalteten.

Der Monteverdi-Chor singt sein Advents-Programm noch einmal am Freitag, den 17. Dezember (20 Uhr) in St. Ulrich in Starnberg/Söcking, sowie in der Sendlinger Himmelfahrtskirche am Sonntag, den 19. Dezember (19 Uhr).

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