Wie ein farbenfroher Hippie-Müllmann betritt der Bassist die Bühne der Unterfahrt: Über dem Gesicht eine gehäkelte Balaclava in Gelb-Rot-Grün, die nur den Mund und einen Schlitz für die neongelbe Brille freilässt. Gelb auch der E-Bass, von dessen Kopfplatte eine orange-gelbe Stricksocke baumelt. Über das Instrument und das Outfit des Musikers verteilen sich Sticker mit dem Schriftzug des Musikers, der sich seinen Künstlernamen auch auf die Hand hat tätowieren lassen: Mononeon.
Unsichtbar und doch bunt, gesichtslos und einzigartig, sofort wiedererkennbar, aber doch verborgen hinter der eigenen Buntheit, möchte da einer erscheinen. Er singt auch davon. In der Mitte des Konzerts - bis dahin ein wilder Jam zwischen nerdigem Funk, Hardrock und Bass-Noise - stimmt Mononeon mit seiner Fistel-Soul-Stimme "Invisible" an. Ein Song über Rassismus, aber auch Mononeons eigene Angststörung. Ein Song, der im oft experimentellen, avantgardistischen Sound wie ein souliger Pop-Hit heraussticht.
Danach hebt das Konzert - 13 Songs, keine Pause, 90 intensive Minuten und eine Zugabe - förmlich ab. Auf ein wunderbares Gitarren-Intro von Xavier Lynn folgt mehrstimmiger Gospel wie aus den Kirchen von Memphis - dort, wo der Bassist schon als Zwölfjähriger sein Handwerk als Begleiter von Gospel-Organisten gelernt hat. Kurz darauf sind Mononeon und seine Band plötzlich Punk: "Just getting high" überrollt einen mit der Energie einer Büffelherde.
Im Sound der fünfköpfigen Band pulsiert Mononeons Bass wie ein glühender Lavastrom. Er kann aber nicht nur hochvirtuos, sondern auch knorrig und minimalistisch. Wenn er soliert und einen Basston mit dem Wahwah-Pedal ins schier Unendliche verlängert, klingt er wie ein Jimi Hendrix des Bass', der den Gospel durch Himmel und Hölle jagt. Und bei dem man, wenn man die Augen schließt, manchmal gar nicht weiß, wer da gerade soliert: ein Gitarrist oder die Zukunft des Bass? Auf baldiges Wiederhören, lieber Mononeon.