Lange stand Liesl Karlstadt im Schatten ihres Bühnenpartners Karl Valentin. Mit der Erkenntnis, eine kongeniale Ideenlieferantin und Mitautorin vor sich zu haben, taten sich die intellektuellen Großkritiker lange schwer. Ob "das Fräulein Karlstadt", wie Valentin sie beharrlich nannte, sich darüber freuen würde, dass sie der Förderverein "Die Saubande" in seinem Blog als "Sancho Pansa zum Don Quijote" bezeichnet, ist freilich auch nicht so ganz klar.
Eigentlich hieß sie Elisabeth Wellano, geboren 1892 in der Maxvorstadt, Tochter einer armen Bäckersfamilie. Für ihren Berufswunsch Lehrerin reicht das Geld nicht, sie lernt Textilverkäuferin, geht abends zu den Volkssängern, tritt als Soubrette auf. Sie lernt Valentin kennen, er entdeckt ihr komisches Talent. 1913 treten sie zum ersten Mal gemeinsam in "Das Alpensängerterzett" auf. Schnell wird sie unentbehrlich für den verheirateten Valentin, ob als Darstellerin, Sekretärin, Regisseurin, Maskenbildnerin, Agentin, Geliebte oder Psychologin. Bald gastieren sie in allen bekannten Kabaretts von München, reisen nach Berlin und Wien, drehen Filme.
Der Preis für die Partnerschaft ist hoch. Karlstadt funktioniert, bis sie nicht mehr kann: Am 6. April 1935 springt sie in die Isar, wird an der Prinzregentenbrücke aus dem Wasser gefischt. "Kummer" gibt die Polizeichronik als Grund an. Valentins Amouren, die Pleite seines Panoptikums, die Karlstadt um ihre Ersparnisse brachte - ihr Seelenzustand ist miserabel.
In den nächsten Jahren folgen weitere Zusammenbrüche. Doch dann emanzipiert sie sich von Valentin, forciert erfolgreich ihre Solokarriere als Schauspielerin. Als sie 1960 unerwartet stirbt, trauert ganz München um sie.