Mode:Trachtenstoffe für die Füße

Mercè Gay de Cabanyes stammt aus Barcelona und kreiert Ballerinas, die mit handbedruckten Stoffen aus der Region überzogen werden.

"Die Menschen sind so schön angezogen": Mercè Gay de Cabanyes stammt aus Barcelona und hat die Kleidervorlieben der Münchnerinnen fest im Blick.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Die Architektin Mercè Gay de Cabanyes entwirft Ballerinas, die sie mit handbedruckten Stoffen aus der Region überzieht. "Bayerinas" nennt sie ihre Kreationen.

Von Franziska Gerlach

Ein guter Produktname, sagen Experten, ist einprägsam. Er bleibt hängen. Auch das Spiel mit dem Herkunftsort ist nicht verkehrt in Zeiten, da der Konsument das Regionale mit Qualität verbindet. Und gibt es obendrein noch eine lustige Gründungsgeschichte zu erzählen, wie Mercè Gay de Cabanyes es an diesem Sommertag gerade tut, nun, dann ist wahrscheinlich schon ein Stück geschafft auf dem Weg zum erfolgreichen Label. Selbst wenn es sich bei ihren "Bayerinas" um ein trendgetriebenes Produkt wie Schuhe handelt.

Und so sitzt Mercè Gay de Cabanyes, die ursprünglich aus Barcelona stammt, am massiven Holztisch ihrer Schwabinger Wohnung und erzählt, wie sie als Katalanin dazu gekommen ist, Ballerinas mit Trachtenstoffen aus Bayern überziehen zu lassen, mit handbedrucktem Leinen etwa, und mit Loden der nach eigenen Angaben ältesten Tuchfabrik Deutschlands in der Nähe von Bamberg. 41 Jahre ist die Mutter zweier Kinder alt und Architektin von Beruf, genau wie ihr deutscher Mann, den sie in Barcelona kennengelernt hat.

Gemeinsam gehen sie für zwei Jahre nach London, doch als sie nach Spanien zurückkehren, gibt es dort als Folge der Wirtschaftskrise von 2009 keine Jobs. Die Katalanin und ihr Mann werden schließlich in München sesshaft, gründen eine Familie. Sie lernt die Sprache, erarbeitet sich die komplizierte Grammatik mit den vielen Fällen. Nach acht Jahren an der Isar ist ihr Deutsch beinahe fehlerfrei. Doch weil man im Spanischen das doppelte "l" wie ein "i" ausspreche, habe sie das Wort Ballerinas einfach nicht richtig hinbekommen. Baijerinas? Baiierinas? Bayerinas!

Ballerinas und Bayern, klanglich passen die beiden gut zusammen. Ihre kleine Ungenauigkeit in der Aussprache bringt die Wahlmünchnerin, die in Spanien hauptsächlich Sandalen oder Espadrilles getragen hat, auf eine Geschäftsidee: 2017 erhält Mercè Gay de Cabanyes ihre erste Lieferung dieser den Schläppchen einer Tänzerin nachempfundenen Schuhe aus einer spanischen Manufaktur. "Ich wollte schon immer etwas Eigenes machen", sagt sie. Etwas, das sich gut mit ihren Aufgaben als Mutter verträgt. Ihre Familie miteinbezieht. Nur was?

Dann sah sie die Münchnerinnen, wie sie stolz ihre Dirndl durch die Stadt trugen, sie sah die Frauen mit festem Schritt die bayerischen Seen entlang spazieren, sie sah die farbenprächtigen Stoffe der Kleider. Die Streublümchen auf den Schürzen, die Leinenblusen, die undurchdringliche Festigkeit der Lodenjanker. "Die Menschen sind so schön angezogen", sagt Mercè Gay de Cabanyes.

Immer wieder geht sie in die Bibliothek, um Bücher über Trachten zu lesen, sie taucht tief ein in die Welt der handbedruckten Stoffe, die sie unbedingt für ihre Schuhe haben will, so unbedingt, dass sie irgendwann einfach losfährt. Der jahrhundertealten Färberei und Textilhanddruckerei der Familie Fromholzer im niederbayerischen Ruhmannsfelden stattet sie zum Beispiel einen Besuch ab. Aber auch bei Martina Gistl am Tegernsee schaut sie vorbei - und gewinnt beide als Stofflieferanten für ihre Ballerinas.

"Bayerinas" nennt Mercè Gay de Cabanyes ihre Kreationen, die vor allem wegen der ungewöhnlichen Materialien ein Blickfang sind.

"Bayerinas" nennt Mercè Gay de Cabanyes ihre Kreationen, die vor allem wegen der ungewöhnlichen Materialien ein Blickfang sind.

(Foto: Corinna Guthknecht)

Dazu muss man bei aller Begeisterung für die bayerischen Stoffe doch sagen, dass Mercè Gay de Cabanyes nicht zu jenen Zugezogenen gehört, die sich in München als erstes eine Trachtenmontur zulegen. Sie kleidet sich gerne schlicht, nur an den Füßen darf es natürlich trachtig zugehen, sie ist da quasi ihre eigene Markenbotschafterin. Die Unternehmerin federt hoch, holt Schuhe aus einem Regal, will zeigen, was sich mit dem passenden Stoff aus einem an sich unspektakulären Schlupfschuh machen lässt. Am Ende stehen ein dunkelgrauer Ballerina mit winzigen Punkten auf dem Tisch, einer mit kariertem Loden und einer mit Schleife, ein vierter Schuh ist mit Tweed überzogen. Manche Modelle sind vorne rund, andere laufen spitz zu, wieder andere sind an der Zehenspitze mit einer kleinen Öffnung versehen. "Peeptoes", sagt Mercè Gay de Cabanyes und deutet auf das Leinenmodell an ihren Füßen.

Als Architektin weiß sie, wie man mit Linien und Formen umgeht. Doch bevor sie ihr erstes Paar entwirft, belegt sie einen Workshop bei einem Designer in Barcelona. Lernt dort, wie so ein Schuh überhaupt aufgebaut ist. Nach und nach, so sagt sie, könnte sie sich auch andere Modelle vorstellen. Mit Riemchen vielleicht, oder mit etwas Absatz, zwei oder drei Zentimeter. Höchstens. Mercè Gay de Cabanyes weiß um die Launen der Mode, die einen heute feiert, und morgen fallen lässt. Unter Druck setzen lässt sie sich aber nicht. Weder vom hektischen Takt der Branche, noch von der Tatsache, dass es an den Füßen der Münchnerinnen in diesen Tagen vergleichsweise sportlich zugeht. Klassische Schuhe wie Ballerinas hielten sich trotzdem, sagt Mercè Gay de Cabanyes: "Man kann ja nicht immer nur Sneakers tragen."

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