Urteil:Vater missbraucht Tochter und muss in Haft

Der Prozess gegen den 36-Jährigen sorgte vor allem wegen des Verhaltens seines Verteidigers für Aufsehen. Nun erwarten den Vater vier Jahre Haft - sein Anwalt sitzt mittlerweile selbst auf der Anklagebank.

Von Susi Wimmer

Nach mehr als einem Jahr und erst im zweiten Anlauf ist am Dienstag vor dem Landgericht München I der Prozess gegen Alexander K. zu Ende gegangen. Die 20. Strafkammer sah es als erwiesen an, dass der 36-Jährige seine Tochter im Alter zwischen sechs und acht Jahren in drei Fällen sexuell missbraucht, genötigt und körperlich verletzt hat. Sie verurteilte K. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Die Schilderungen des Mädchens, das im Alter von neun Jahren bei einer Ermittlungsrichterin ausgesagt hatte, hielt das Gericht für glaubwürdig. "Das war ganz sicher nicht gelogen", sagte der Vorsitzende Richter Bertolt Gedeon in seiner umfassenden Urteilsbegründung.

Der Prozess hatte von Anfang an für Aufsehen gesorgt. Nicht etwa, weil das Mädchen und ihr älterer Bruder laut einer Therapeutin traumatisiert seien und "von der realen Welt nichts mehr mitbekommen", wie die Mutter im Zeugenstand erzählt hatte. Vielmehr ging es in dem Prozess seit Mai 2020 um einen Verteidiger, der sich durch die Verhandlungstage brüllte, die Beweisaufnahme so gut wie unmöglich machte und das Verfahren so lange verzögerte, bis die Vorsitzende Richterin im Herbst in Pension ging. Das Gericht entschied am Ende, dass die Wahlverteidiger die Prozesskosten zu tragen hätten. Dagegen legte einer Beschwerde ein, eine Entscheidung steht noch aus.

Von November 2020 an wurde erneut verhandelt, von vorne. Diesmal soll Verteidiger Christian R. eine Richterin und eine Staatsanwältin bedroht haben: "Sie müssen sich nicht wundern, wenn Sie so verfahren, dass irgendwann mal in diesem Verfahren ein Angeklagter durchdreht (...) und Ihnen die Kehle durchschneidet", soll er gesagt haben. Das Gericht erließ eine Anordnung, dass R. beim Betreten des Gerichtssaal auf gefährliche Gegenstände durchsucht werden muss. Daraufhin blieb er der Verhandlung fern. Es kam zu wechselseitigen Anzeigen. Mittlerweile sitzt Christian R. selbst vor dem Amtsgericht auf der Anklagebank, unter anderem wegen Beleidigung und weil er mit einer Kamera die Privatgespräche einer Justizangestellten mitgeschnitten haben soll. In dem Verfahren geht es auch darum, ob die Staatsanwaltschaft seine Utensilien zu Recht beschlagnahmt hatte.

Nach fast 30 Verhandlungstagen im zweiten Anlauf begründete Richter Gedeon nun eineinhalb Stunden das Urteil. Das Ehepaar K. hatte sich kurz nach der Geburt des Mädchens getrennt, die Kinder blieben bei der Mutter. Diese bemängelte, der Vater habe nie Interesse an den Kindern gezeigt. Als die Mutter einen neuen Lebensgefährten hatte, habe sie Wert darauf gelegt, dass sie entlastet werde und die Kinder jedes zweite Wochenende beim Vater verbringen. Nach den Wochenenden hätten sich beide auffällig verhalten. Irgendwann erzählte die achtjährige Elena (Name geändert) ihrer Mutter, was der Papa mit ihr mache.

Ob und was ihr Bruder mitbekommen hatte, blieb ungewiss. Das Gericht konnte weder eine Instrumentalisierung des Kindes durch die Mutter feststellen noch einen Grund, warum das Mädchen die Geschichten erfinden sollte. Auch einen Missbrauch durch einen anderen männlichen Erwachsenen schloss die Kammer aus. Vielmehr zeige der Angeklagte "sexuelles Interesse an Kindern", sagte Gedeon und sagte zu K., "da brauchen Sie jetzt gar nicht den Kopf schütteln". Man habe eindeutige Chats in Internetforen gefunden, bei denen es darum gehe, dass Väter ihre Kinder missbrauchen. "Stehst du auch so auf Kinder", heiße es da beispielsweise. Die IP-Adressen und Accounts beziehen sich auf einen Zeitraum zwischen 2009 und 2018.

Die Verteidigung will gegen das Urteil in Revision gehen, sie hatte auf Freispruch plädiert. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und neun Monate gefordert und zeigte sich mit dem Urteil zufrieden. Claudia Enghofer, die das Mädchen in der Nebenklage vertreten hatte, sagte nach dem Urteil, dass sich beide Kinder in einer pädagogisch-psychologischen Einrichtung befänden und weiter durch Fachpersonal betreut werden müssten.

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