Süddeutsche Zeitung

Höhere Stundenlöhne:Mehr Gehalt für mehr als 100 000 Münchner

Lesezeit: 2 min

Vom 1. Oktober an steigt der gesetzliche Mindestlohn von 10,45 auf zwölf Euro. Warum das für München besonders wichtig ist.

Von Sven Loerzer

Eigentlich sei es nur sehr schwer vorstellbar, dass es Menschen gibt, die in München weniger als zwölf Euro brutto Stundenlohn verdienen, sagt die Münchner DGB-Vorsitzende Simone Burger. "Unsere Region ist zwar wunderschön, aber vor allem auch teuer." Bei den hohen Lebenshaltungskosten, vor allem den hohen Mieten und Nebenkosten, habe der 1. Oktober, der Tag, vom dem an der gesetzliche Mindestlohn auf zwölf Euro steigt, für München noch wesentlich mehr Bedeutung als für andere Regionen.

Rund 108 000 Münchnerinnen und Münchner werden nach einer Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung von der im Februar vom Bundeskabinett beschlossenen Erhöhung profitieren. Weil Geringverdiener die inzwischen erfolgten Preissteigerungen ganz schwierig stemmen könnten, begrüßt Simone Burger zwar auch die Wohngeldreform, mahnt aber weitere Hilfen wegen der Energiekrise an. Da regional angepasste Mindestlöhne kaum zu realisieren seien, spricht sie sich für einen "moralischen Mindestlohn" aus, freiwillig zu zahlen nach Londoner Vorbild, und nennt 15 Euro als "Orientierungsgröße" für München.

Mit einem Anteil von 11,1 Prozent an der Gesamtzahl der Beschäftigten profitieren vom neuen Mindestlohn in München deutlich weniger Menschen als bundesweit (17,8 Prozent). Deutlich höher als in der Landeshauptstadt liegt der Anteil etwa im Landkreis Fürstenfeldbruck (13,7 Prozent) oder Dachau (15,7 Prozent). "Das liegt daran, dass viele Menschen, die sich das Leben in München nicht mehr leisten können, dort leben", sagt Simone Burger. Dagegen liege der Anteil in Starnberg (10,9 Prozent) und im Landkreis München (9,7 Prozent) niedriger. Für die DGB-Chefin spiegelt sich darin auch wider, dass es dort noch teurer sei zu wohnen und deshalb dort weniger Geringverdiener leben.

Ganz massiv betroffen gewesen von Stundenlöhnen unter zwölf Euro seien die Menschen, die nur in Minijobs tätig sind, darunter die vielen Frauen, die neben der Kindererziehung arbeiten. Der Mindestlohn erhöhte sich zum Jahresbeginn auf 9,82 Euro und beträgt seit 1. Juli 10,45 Euro. Die Erhöhung auf zwölf Euro werde bundesweit insgesamt mehr als 6,6 Millionen Menschen helfen. Wer bislang zu Mindestlohn mit 38 Wochenstunden gearbeitet hat, habe 1720 Euro brutto monatlich verdient, von Oktober an seien es nun 1976 Euro, rechnete Simone Burger vor. Für einen Single seien das etwa 1433 Euro netto, 151 Euro mehr als bisher.

Profitieren vom höheren gesetzlichen Mindestlohn würden Beschäftigte bei Lieferdiensten, Gastronomie, Wach- und Sicherheitsdiensten, Gebäudereinigung, Friseur- und Floristenhandwerk. Zum Teil sei es infolge der Erhöhung auch gelungen, tarifvertragliche Branchenmindestlöhne auszuhandeln, die oberhalb des neuen Mindestlohns liegen. "In unseren Tarifgefügen hat sich unglaublich viel getan", erklärte Simone Burger. "Der Mindestlohn macht das Leben von Münchnerinnen und Münchnern besser." Nun werde es darum gehen, diesen durchzusetzen und auch zu kontrollieren.

Ansprüche durchzusetzen, dabei helfen auch Oskar Brabanski und Nadia Kluge vom DGB-Projekt "Faire Bezahlung". Das Beratungsnetzwerk unterstützt vor allem Menschen aus Rumänien, Bulgarien und Polen bei arbeits- und sozialrechtlichen Problemen. Dabei geht es meist um vorenthaltene Lohnzahlungen, aber auch um Kündigungen und Arbeitsverträge, sagte Brabanski.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5666437
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.