Stadtgestaltung:Warum die Stadt Millionen für schönere Plätze ausgibt

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Auf dem Willy-Brandt-Platz soll ein Brunnen entstehen, den man etwa für den Wochenmarkt auch abschalten kann. (Foto: Stadt München)

Ein Wäldchen und Wildstauden für den Willy-Brandt-Platz in der Riemer Messestadt, mehr Grün für den Curt-Mezger-Platz in Milbertshofen: Münchens Rathaus-Politiker wollen Fehlplanungen korrigieren – doch an den Vorhaben entzündet sich Kritik.

Von Heiner Effern

Die Stadt will zwei Plätze verschönern, die kaum jemand nutzt und die viele gestalterisch als besonders missglückt ansehen. Der Willy-Brandt-Platz in der Messestadt Riem soll für 18,6 Millionen komplett umgebaut und bepflanzt werden. Eine Kosmetikbehandlung mit deutlich mehr Grün soll der Curt-Mezger-Platz in Milbertshofen erhalten. Des Weiteren soll der Partnachplatz in Sendling für 1,9 Millionen Euro verkehrsberuhigt werden, und in der Augustenstraße sollen Fußgänger für weitere sieben Millionen Euro deutlich mehr Platz erhalten. Dazu kommt ein neuer Radweg in der Karl-Theodor-Straße in Schwabing für knapp zehn Millionen Euro.

Insgesamt wollte die grün-rote Koalition im Bauausschuss 37 Millionen Euro für die Neuordnung von Straßen und Plätzen freigeben. Der Umbau des Willy-Brandt-Platzes wurde jedoch überraschend wegen einer offenen Frage zum Miteigentümer einer kleinen Grundstücksfläche in die nächste Vollversammlung vertagt. Die anderen Projekte wurden beschlossen. Die CSU kritisierte den gesamten Komplex als „Geldverschwendung“ in prekärer Haushaltslage. Funktionierende, wenn auch nicht unbedingt schöne Infrastruktur würde umgebaut, und anderswo wie bei den Schulen werde über Gebühr gespart, sagte Stadtrat Alexander Reissl.

Diese Vorwürfe wiesen Vertreter der Rathaus-Mehrheit zurück. Nirgends werde mehr investiert als in die Schulen, sagte SPD-Stadtrat Marian Offman. Sein Partei-Kollege Andreas Schuster merkte an, dass das Geld in Projekte fließe, die von den Bürgern, den Gewerbetreibenden und den Menschen im Viertel nach intensiver Beteiligung überwiegend dringend gewünscht würden. Überall werde mit mehr Grün die Aufenthaltsqualität verbessert.

Die größte Baustelle bei den neuen Plätzen und Straßen dürfte nach der als sicher geltenden Genehmigung durch den Stadtrat in der Messestadt Riem liegen. Zwischen dem U-Bahn-Ausgang und dem Einkaufszentrum Riem-Arcaden befindet sich derzeit ein riesiges, gepflastertes Nichts. „Die problematische städtebauliche Dimension, außerdem der hohe Versiegelungsgrad, die geringe Grünausstattung und die fehlende Zonierung der Platzfläche“ seien die Gründe, warum den Willy-Brandt-Platz niemand möge, schreibt das Baureferat in der Beschlussvorlage. Fertiggestellt hatte ihn die Stadt erst vor gut 20 Jahren.

Die städtebauliche Fehlplanung soll nun aufwendig korrigiert werden. Auf den 14 000 zentralen Quadratmetern der Messestadt könnte man drei Fußballplätze unterbringen, doch zum Spielen ist dort derzeit niemanden zumute. Folgt man den Visualisierungen und der Beschreibung des Baureferats, müsste man den Platz aber künftig eher Willy-Brandt-Park nennen. Nördlich des Portikus und der Tiefgarage soll sogar eine „waldartige Situation“ entstehen. 98 Bäume sollen auch dafür jetzt bestellt werden.

Das Pflaster werden nach dem neuen Konzept vor allem Wildstauden ersetzen. (Foto: Stadt München)

Das jetzige Pflastermeer soll sich in ein „Wildstaudenmeer“ verwandeln, mit Wiesen, Blumen und Sträuchern, heißt es in der Vorlage. Stauden und Büsche werden wegen ihrer flachen Wurzeln immer dann gepflanzt, wenn darunter eine Tiefgarage liegt. Für die knapp 19 Millionen Euro wird auf dem Platz auch ein 16 mal 48 Meter großer begehbarer Brunnen eingerichtet. Etwa 40 Düsen sollen Wasser in die Höhe steigen lassen, zwischen denen man im Sommer auch durchlaufen kann. Besucher des Wochenmarkts können jedoch trockenen Fußes einkaufen, dafür wird der computergesteuerte Brunnen einfach abgeschaltet. Die Arbeiten sollen 2026 beginnen und 2027 weitgehend abgeschlossen sein.

Deutlich weniger aufwendig, aber auch sehr dringend von den Bürgern gewünscht ist die Umgestaltung des Curt-Mezger-Platzes. Der liegt, eingerahmt vom Kulturhaus, der Dankeskirche, dem Studentenwohnheim und der Schleißheimer Straße, oft recht einsam da. Wenn nicht gerade viele Autos darauf parken, wie in der Vergangenheit gerne am Wochenende. Der Platz wurde erst 2005 neu gestaltet, aber auch dort verspüren die Bürger bisher kaum Lust, sich länger als nötig aufzuhalten.

Dazu sollen künftig aber viele neue Bäume und Stauden einladen, außerdem auch Bänke oder Stühle. Wie in der Messestadt soll ein flacher Brunnen gebaut werden, den man abschalten und bei Bedarf als Fläche für den Markt oder Veranstaltungen nutzen kann. Die Kosten und der Zeitplan stehen bisher nicht fest, da sich die Umgestaltung des Curt-Mezger-Platzes in einer früheren Planungsphase befindet.

In der Augustenstraße will man Radfahrern und Fußgängern in einem „verkehrsberuhigten Geschäftsbereich“ mehr Platz verschaffen. (Foto: Florian Peljak)

Über den Bedarf einer massiven Kosmetik auf den beiden Plätzen herrschte auch unter Bürgern Einigkeit. Bei der Umgestaltung der Augustenstraße dagegen gibt es Streit. Die grün-rote Koalition hat gegen den Widerstand der CSU im Rathaus und einer Bürgerinitiative beschlossen, eine Tempo-30-Zone einzurichten, die bisherigen Radwege zwischen Görres- und Brienner Straße den Gehsteigen zuzuschlagen, Parkplätze umzuwidmen und in diesem Bereich viel Grün zu realisieren.

Zwischen der Theresien- und der Gabelsbergerstraße soll ein sogenannter verkehrsberuhigter Geschäftsbereich entstehen. Dort fahren die Radfahrer auf der Straße, deren Spuren verengt werden sollen. Der Umbau der Augustenstraße soll abschnittsweise vom zweiten Halbjahr 2025 bis 2028 erfolgen.

In der Karl-Theodor-Straße soll zwischen Schleißheimer Straße und Bonner Platz der Radweg vom Bürgersteig auf die Autofahrbahn verlegt werden. Dafür fällt je eine Fahrspur pro Richtung weg. Falls möglich, will man noch 2025, sicher aber Anfang 2026 beginnen. Je nach Start hoffen die Planer den Umbau 2026 oder Anfang 2027 abzuschließen. In Sendling soll etwa zur gleichen Zeit im Bereich um den Partnachplatz ein weiterer verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit Tempo 20 kommen. Auch dort dürfen künftig die Radfahrer auf der Straße fahren, dafür erhalten Fußgänger mehr Raum. Dazu sollen am Partnachplatz Bäume gepflanzt und Straßen verschlankt werden, sodass sie leichter überquert werden können.

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