Bauprojekt in Milbertshofen:Die Pläne für dieses Wohnquartier sind ein großes Versprechen

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Auf dem Knorr-Gelände soll nicht nur besonders umwelt- und ressourcenschonend gebaut werden - die Eigentümer wollen die 500 Wohnungen auch dauerhaft vermieten.

Von Sebastian Krass

Es soll ein Bauprojekt werden, das mit seinem ökologischen Anspruch Vorbild wird für andere Vorhaben in München: Diese Erwartung verbindet Stadtbaurätin Elisabeth Merk mit dem Entwurf des Düsseldorfer Architekturbüros Ingenhoven für ein neues Quartier mit 500 Wohnungen für mehr als 1000 Bewohnerinnen und Bewohner auf einem Teil des Firmengeländes von Knorr-Bremse an der Moosacher Straße in Milbertshofen, direkt nördlich des Olympiaparks.

Der vorliegende Plan setze "architektonische und städtebauliche Maßstäbe", sagte Merk am Donnerstag bei einer Pressekonferenz, auf der bekannt gegeben wurde, welches Architekturbüro den Auftrag bekommt. "Der Stadtrat hat uns als Verwaltung ins Aufgabenheft geschrieben, dass die Stadt bis 2030 oder 2035 CO₂-frei werden soll", sagte Merk. "Wie das gehen soll, wissen wir noch nicht. Aber es braucht Projekte, die beherzt in diese Richtung weisen."

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Der vorgeschaltete Architektenwettbewerb hatte im Sommer keinen Sieger, dafür zwei gleichberechtigte zweite Plätze ergeben. Ingenhoven und das Büro Hilmer Sattler Architekten Ahlers Albrecht aus München sollten daraufhin ihre Entwürfe überarbeiten. Letztlich habe sich der Bauherr Opes Immobilien, in der der Knorr-Mehrheitseigner und Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele seine Immobilienaktivitäten gebündelt hat, für den "konzeptionell und architektonisch innovativeren" Entwurf entschieden, hieß es. Bei der Präsentation des Wettbewerbsergebnisses im Juli klang schon an, dass der Entwurf von Ingenhoven, der gemeinsam mit WKM Landschaftsarchitekten aus Düsseldorf entstanden ist, bessere Chancen habe. Das Konzept sieht im Norden des Grundstücks einen sechs- bis achtgeschossigen Riegel vor, südlich davon soll ein Park entstehen, in dessen Mitte drei Wohnhochhäuser mit zehn bis zwölf Geschossen stehen.

Es waren aber noch einige Fragen offen. So hatte das Büro Ingenhoven 2000 Quadratmeter zu wenig Fläche für das geforderte Pflegeheim eingeplant. "Als wir das gehört haben, dachten wir erst: Das haben wir doch bestimmt groß genug gemacht", erzählte Christoph Ingenhoven am Donnerstag, "war aber nicht so, das passiert manchmal in Wettbewerben." Dieser Makel ist ausgebessert, so dass das Pflegeheim genug Platz für etwa 100 Menschen bieten wird. Auch Fragen wie, ob die Gebäude sich tatsächlich so bauen lassen und ob sie dann gut nutzbar sind, waren nach dem Wettbewerb noch offen - ebenso, ob die Kosten im Rahmen bleiben. "Aber wir haben die Gewissheit gewonnen, dass es funktionieren wird", sagt Opes-Geschäftsführer Jürgen Büllesbach. Und dafür gibt das Unternehmen nun wohl auch mehr Geld aus. Der Ingenhoven-Entwurf werde zehn bis 20 Prozent teurer zu bauen als der konkurrierende Entwurf von Hilmer Sattler, sagte Büllesbach. Man kalkuliere mit etwa 300 Millionen Euro.

Mit 300 Millionen Euro Kosten rechnet Opes-Geschäftsführer Jürgen Büllesbach. (Foto: Florian Peljak)

Und was macht das Konzept, das nun umgesetzt werden soll, so besonders? Man wolle den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes möglichst nachhaltig gestalten, sagt Ingenhoven. Das beginnt beim Bau, bei dem 20 bis 25 Prozent CO₂ eingespart werden sollen, indem etwa recycelter Beton verwendet wird. Danach sollen die Gebäude "während ihrer gesamten Lebensdauer eine neutrale Energiebilanz haben", so Ingenhoven, etwa indem auch an der Fassade Photovoltaik-Anlagen montiert werden. Und die Architekten denken auch an die Zeit danach: "Wir wollen die Dinge so verbauen, dass man sie eines Tages auch wieder demontieren und woanders wiederverwenden kann", erklärt Ingenhoven, "Materialien müssen nicht vergehen, sondern können weiterleben."

Bevor das Wohnquartier aber entstehen kann, muss die Stadt noch mit einem neuen Bebauungsplan aus dem bisherigen Industrieareal ein Wohn- und Gewerbeareal machen. Teil dieses Bebauungsplans wird auch ein bis zu 99 Meter hohes Büro-Hochhaus sein. Außerdem gehört zu dem künftigen "Opes-Quartier" ein weiteres Bürogebäude zur Moosacher Straße hin, das bereits entsteht.

Eine Besonderheit an der Planung ist, dass die Familie Thiele die Immobilien langfristig behalten will. Die Wohnungen werden nach der geplanten Fertigstellung im Jahr 2027 komplett zur Vermietung stehen, 40 Prozent werden gefördert oder preisgedämpft sein, 60 Prozent können nach Marktwert vermietet werden. Es werde eine "sehr breite Mietspanne", sagt Opes-Geschäftsführer Büllesbach, mit Penthouse-Wohnungen für mehr als 20 Euro pro Quadratmeter am oberen Ende.

Zudem verspricht Opes, dass alle Wohnungen "mit großzügigen Balkonen ausgestattet" würden und dass die geförderten Wohnungen sich "in Ausstattung und Anmutung nicht von den frei finanzierten unterscheiden werden". Beim Stichwort Penthouse und Dachzugang platzierte Stadtbaurätin Merk eine Idee, die wie ein Auftrag an den Bauherrn klang: "Wir müssen vielleicht über gemeinschaftlich nutzbare Dachterrassen reden", sagte Merk, "damit die, die unten wohnen, auch mal den Luxus haben, bei einem Feierabendbier oder Kindergeburtstag in die Alpen zu schauen."

© SZ vom 16.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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