Der klassische Weg, der normalerweise in die Luxussanierung und damit zum Aus für die meisten Mieter führt, schien auch in der Parkstraße im Westend vorgezeichnet zu sein. Der betagte Eigentümer eines Hauses mit elf Parteien starb, die Erbengemeinschaft konnte oder wollte das Gebäude nicht halten, es kam zum Verkauf auf dem freien Markt. Die Stadt wollte einschreiten im Rahmen der Erhaltungssatzung, also den neuen Eigentümer zu moderaten Mieten verpflichten oder selbst einsteigen. Das Schreiben lag schon in den Briefkasten, doch seit genau drei Jahren funktioniert auch das nicht mehr. Ein Gericht hat am 9. November 2021 dieses Verfahren für rechtswidrig erklärt.
Es kam wie so oft seither in der Stadt zum Eigentümer-Lotto für die Mieter: Erwischt man einen, der voll auf Luxus setzt und das Gebäude leer kündigt, um nach der Sanierung richtig abzusahnen? Oder zieht man einen, der die Hausgemeinschaft am Leben lässt?
In der Parkstraße 25 sieht es nach einem erträglichen Los für die Mieter aus, der neue Eigentümer erhöht den bisher sehr anständigen Preis, soweit es die gesetzlichen Vorgaben erlauben und will das auch weiter so halten. Es wird teurer, doch noch im erträglichen Rahmen. Doch eines wird am Beispiel der Parkstraße auch klar: Die Stadt steht seit dem Urteil gegen das Vorkaufsrecht und die sogenannte Abwendungserklärung nur noch machtlos als Zuschauerin an der Grundstücksgrenze. Die Mieterinnen und Mieter sind dem Schicksal ausgeliefert, wer bei einem Verkauf ihres Mietshauses zum Zug kommt.
Seit dem Urteil vor ziemlich genau drei Jahren hätte die Stadt bei 156 Gebäuden in Gebieten der Erhaltungssatzung etwas für die Bewohner tun können. Exakt 2307 Wohnungen waren bis zum 31. Oktober dieses Jahres betroffen, in denen 3146 Menschen leben. „Es gibt traurige Jubiläen. Das ist eines davon“, sagte Stefan Jagel, Fraktionsvorsitzender der Linken.
Die Mieterinnen und Mieter der Parkstraße 25 mussten wie alle anderen Menschen in von Gentrifizierung bedrohten Gebäuden erfahren, dass die Stadt ihr „scharfes Schwert“ der Erhaltungssatzung nicht mehr ziehen kann, wie es SPD-Stadträtin Kathrin Abele und auch Monika Schmid-Balzert vom Mieterverein ausdrückten.
Für Hauke D. und Sophie D., die beide in einer Wohngemeinschaft dort leben, hat das erst einmal die Sorgen verschärft. Alles drehte sich um die Frage: In welche Hände fällt das Haus? Man merke in so einer Lage sehr schnell, wie gefährdet das Grundbedürfnis eines jeden Menschen sei, eine bezahlbare Wohnung zu haben. „Das führt schnell zu Lebenskrisen, und wir sind als Stadtgemeinschaft nicht handlungsfähig“, sagte Sophie D. vor ihrem Haus.
Darauf will drei Jahre nach dem Gerichtsurteil, das die Erhaltungssatzung bis zur Bedeutungslosigkeit abgestumpft hat, ein breites Bündnis hinweisen. Deshalb sind Stadträte und der Mieterverein ins Westend gekommen. Am Boden liegt ein Plakat mit der Aufschrift: „Schöner wohnen – ohne dich“. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) für die Region München, der Paritätische Wohlfahrtsverband Oberbayern und das Bündnis #ausspekuliert wehren sich gegen die aktuelle Machtlosigkeit der Stadt.
Die liegt auch darin begründet, dass die Ampelkoalition in Berlin nichts dagegen unternommen hat. Die Sozialdemokraten, die Grünen und die FDP hätten in der Neufassung des Baugesetzbuches eine neue gesetzliche Regelung für das Vorkaufsrecht schaffen können. Das entsprechende Gesetz wurde wenige Stunden nach der Protestveranstaltung in der Parkstraße im Bundestag behandelt, ohne nennenswerte Verbesserungen für die Mieterinnen und Mieter in Großstädten.
„Für uns ist das dramatisch“, sagte Grünen-Stadträtin Sybille Stöhr. Die Politiker im Bund sollten erwägen, durch das neue Gesetz das Vorkaufsrecht wiederherzustellen, „vielleicht noch besser“. Dazu ruft auch SPD-Kollegin Abele auf. „Die Fraktion, die das blockiert hat, ist ja jetzt weg“, spielte sie auf das Ende der Koalition an. Man sollte „den Mut finden“, das Gesetz noch entsprechend zu verbessern. „Es geht um die Menschen“, sagte Stadtratskollege Jagel.