Immobilien in München:Eine Wohnung für fast acht Millionen Euro statt Schutz der Mieter

Immobilien in München: Oberbürgermeister Dieter Reiter (re.) und Florian von Brunn (Mitte), Fraktionschef der SPD im Landtag, informieren sich bei Stefan Sasse (2. v. re.), dem letzten Mieter in der Türkenstraße 50.

Oberbürgermeister Dieter Reiter (re.) und Florian von Brunn (Mitte), Fraktionschef der SPD im Landtag, informieren sich bei Stefan Sasse (2. v. re.), dem letzten Mieter in der Türkenstraße 50.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

In der Türkenstraße 50 in der Maxvorstadt lässt sich nach Ansicht der SPD besichtigen, wie Versäumnisse des Freistaats den Immobilienmarkt weiter anheizen.

Von Anna Hoben

Preisfrage: Ist München ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt? Antwortmöglichkeit a) Quatsch, irgendwo am Stadtrand gibt es immer noch eine Zweizimmerwohnung für eine Million Euro zu kaufen. Antwort b) Wo ist der Wohnungsmarkt angespannt, wenn nicht in München? Antwort c) Moment, das müssen wir erst ganz genau prüfen. Sie würden sagen, b ist die richtige Antwort? Nun, die Staatsregierung setzt seit mehr als einem Jahr auf Antwort c.

Damals, im Mai 2021, hat der Bundestag das Baulandmobilisierungsgesetz verabschiedet. Darin enthalten ist auch ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen. Doch damit dies in Kraft treten kann, muss der Freistaat eine Verordnung erlassen, die definiert, dass München ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt ist. Und diese lässt auf sich warten. Zurzeit untersucht das Ministerium nach Auskunft einer Sprecherin "mit Hilfe eines externen Gutachters" unter anderem, welche Städte und Gemeinden aufzunehmen wären - sprich: einen angespannten Wohnungsmarkt haben. Wann die Regelung schließlich kommen könnte, dazu sagt die Sprecherin nichts.

Auf die Problematik hat am Montag die SPD hingewiesen, an einem Ort, der beispielhaft für die Auswüchse des Münchner Wohnungsmarkts steht. Türkenstraße 50 in der Maxvorstadt: Das Haus, das hier einmal stand, ist abgerissen, in der Baulücke fährt ein Bagger lärmend hin und her, sodass der Oberbürgermeister schwer zu verstehen ist. "Wir sind dabei" - das sei die Auskunft, die er vom neuen Bauminister Christian Bernreiter (CSU) bekommen habe, so Dieter Reiter (SPD). "Sehr ärgerlich" sei das Ganze, er finde es auch "unverantwortlich von der Staatsregierung, so vorzugehen". Man könne darüber nur den Kopf schütteln, sagt der SPD-Fraktionschef im Landtag, Florian von Brunn. Aus der Tatsache, dass nichts vorangehe, leite er auch "ein gewisses Desinteresse" ab.

Wertsteigerung: 370 Prozent

Hätte es früher schon ein solches Umwandlungsverbot gegeben, die Geschichte in der Türkenstraße hätte ganz anders laufen können. So aber baut der Investor Legat Living dort nun Luxuswohnungen, die unter dem Namen "Max Höfe" laut einem einschlägigen Immobilienportal zu Kaufpreisen von knapp einer bis knapp acht Millionen Euro angeboten werden. Und dann ist da noch das Nachbargrundstück, das mehrmals verkauft worden ist, mit Wertsteigerungen von 370 Prozent über die Jahre, wie Reiter sagt.

Wie das für die ehemaligen Mieterinnen und Mieter der Türkenstraße 50 gewesen ist, davon kann Stefan Sasse berichten, er war zuletzt der einzige verbliebene Bewohner. In Richtung Reiter sagt er, er frage sich schon auch, ob die Stadt in solchen Fällen all ihre Möglichkeiten ausschöpfe. Volker Rastätter vom Mieterverein berichtet indes, dass der Verein immer mehr Mitglieder gewinne und gerade auf der Suche nach zwei weiteren Rechtsberatern sei. Weniger Zulauf wäre ihm lieber, sagt Rastätter. Stattdessen würde er sich Gesetze wünschen, "damit es endlich besser wird".

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