Süddeutsche Zeitung

Angespannter Immobilienmarkt:Grünen wollen "Turbo" für mehr bezahlbare Wohnungen zünden

Die Partei will "nicht mehr länger dabei zuschauen, wie die Mietpreise hemmungslos nach oben klettern". Diskutiert wird außerdem ein Baugebot für Immobilieneigentümer - oder alternativ eine Übernahme genehmigter Projekte durch die Stadt.

Von Heiner Effern

Eine maximale Mieterhöhung von fünf Prozent in drei Jahren, eine Mietpreisbremse auch für Index-Verträge, eine Aufnahme von möblierten Wohnungen als eigene Kategorie in den Mietspiegel - mit diesen Ideen wollen die Grünen im Rathaus gegen die Wohnungsnot in München ankämpfen. Dazu soll das Land Bayern mit der Stadt künftig beim öffentlichen Wohnungsbau eng kooperieren. Die Grünen fordern generell einen "Turbo" für mehr bezahlbare Wohnungen, doch die stärkste Fraktion im Rathaus vermittelte auch, dass sie dabei vor allem den Freistaat Bayern und den Bund braucht.

Ein Teil ihrer Anträge, die sie zu dem Thema in den Stadtrat einbringen, enthält deshalb vor allem Appelle und Forderungen. Eine Kappungsgrenze von fünf Prozent in extrem angespannten Märkten könnte nur der Bundestag beschließen. Doch auch für die Stadt selbst sehen sie im Detail noch Handlungsbedarf, neben den Milliarden-Investitonen, die bereits am Laufen sind. Die Grünen wollten "nicht mehr länger dabei zuschauen, wie die Mietpreise hemmungslos nach oben klettern", sagte Stadträtin Sybille Stöhr bei der Präsentation der Vorschläge.

Als politische Verstärkung waren Jürgen Mistol und Florian Siekmann aus der Landtagsfraktion in den Sitzungssaal der Grünen ins Rathaus gekommen - der eine als Wohnungsexperte der dortigen Grünen-Fraktion, der andere als lokaler Abgeordneter. Der Freistaat müsse jetzt umgehend die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erschweren, lautete ihre Forderung. Der Bund hat dafür den nötigen gesetzlichen Rahmen erlassen, den Ländern aber die Umsetzung in die Hand gegeben. Geschehen sei in Bayern bisher im Gegensatz zu Hamburg oder Berlin nichts, hieß es unisono.

Mistol und Siekmann zogen eine vernichtende Bilanz zum Engagement des Landes. Die neue Wohnungsbaugesellschaft des Freistaats, die Bayernheim, "verzettelt" sich, sagte Mistol. Die Grünen schlagen deshalb eine Aufgabenteilung vor: Die Gesellschaft des Landes soll sich um Städte und Kommunen kümmern, die über keine eigenen Wohnungsbaufirmen verfügten. In den Großstädten sollte der Freistaat das Feld komplett den Gesellschaften der Kommunen mit ihrer Markterfahrung und ihrer Schlagkraft überlassen. Dafür müssten das Land und seine eigene Immobilientochter jedoch den Städten ihre Grundstücke günstig überlassen.

Im Bund geht am Koalitionspartner FDP kein Weg vorbei

Auffallend war allerdings auch, wer bei der Vorstellung der Wohnungsinitiative fehlte: die Münchner Koalitionspartnerin SPD, die das Thema gerne als ihr ureigenstes bezeichnet, und eine Vertreterin oder ein Vertreter der Grünen aus dem Bundestag. Dort wollten Grüne und SPD etwa mit der Neufassung des Vorkaufsrechts Städten wie München wieder ermöglichen, Mieter vor explodierenden Luxusmieten zu schützen. Doch an der FDP führt dabei bisher wie so oft in Mietfragen kein Weg vorbei. Und der Koalitionspartner in München? Man habe vereinbart, sich gegenseitig mehr Unabhängigkeit zuzugestehen, sagte Stadtrat Bernd Schreyer auf Nachfrage.

In der Stadt wollen er selbst sowie die Stadtratskolleginnen Stöhr und Anna Hanusch künftig unter anderem Immobilieneigentümer zum Handeln zwingen. Mehr als 36 000 zusätzliche Wohnungen seien genehmigt, sagte Schreyer, aber nicht im Bau. Nach einer Gesetzesänderung im Bund soll das Planungsreferat nun prüfen, ob mit einem Baugebot mehr Druck auf die Eigentümer möglich ist - oder als Alternative eine Übernahme durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft.

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