Am ersten März dieses Jahres lädt die junge Münchnerin Zoe ein Video auf der Social-Media-Plattform Tiktok hoch: „Ich kann nicht mehr“, sagt die Studentin gleich zu Beginn, mit Tränen in den Augen, „ich bin am Ende.“ Rund 1,8 Millionen Klicks hat der Beitrag bis heute gesammelt, es geht darin um: Kautionsbetrug.
Zoe und ihre Schwester glaubten, eine Wohnung in der Türkenstraße in der Maxvorstadt gefunden zu haben und überwiesen dem vermeintlichen Vermieter die vereinbarte Kaution in Höhe von 8200 Euro, vorgeschossen von der Mutter. Als ihnen kurz darauf klar wurde, dass der Mann namens Fabrizio S. ein Betrüger ist, lud Zoe nicht bloß das Video auf Tiktok hoch – sie und ihre Schwester erstatteten auch Anzeige bei der Polizei.
Und die teilte am Freitag mit, dass der mutmaßliche Täter festgenommen worden sei. „Er sitzt aktuell in einem sizilianischen Gefängnis und wird bald nach München ausgeliefert“, sagte ein Polizeisprecher. Die Identifizierung war den Ermittlern bereits Anfang März gelungen, doch Fabrizio S. hatte sich zu diesem Zeitpunkt wohl schon nach Italien abgesetzt. Die Vermutung, dass ihn das virale Video aufgeschreckt hatte, liegt nahe.
Fabrizio S. besitze zwar die deutsche Staatsbürgerschaft, so die Polizei, sei aber in Italien geboren. Die dortigen Ermittler hätten ihn bei einer normalen Kontrolle festgenommen, erklärte der Polizeisprecher. Es gab einen internationalen Haftbefehl gegen den Mann, der in der Vergangenheit schon durch andere Betrügereien mit dem Gesetz in Konflikt geraten war.
Zoe und ihre Schwester waren wohl nicht seine einzigen Opfer: Insgesamt soll der 34-Jährige mehr als 100 000 Euro von mindestens fünfzehn weiteren geschädigten Personen erbeutet haben.
Sein genaues Vorgehen ist bis heute unklar. Denn Fabrizio S. hatte, obwohl er wohl weder Eigentümer noch Mieter war, den Schlüssel zu gleich zwei Wohnungen in dem Mehrfamilienhaus in der Türkenstraße. In beide lud er offenbar immer wieder Interessentinnen und Interessenten zu Wohnungsbesichtigungen ein. „Die Eigentumsverhältnisse dieses ganzen Hauses sind dubios“, sagte der Polizeisprecher am Freitag. „Es ist bislang nicht geklärt, wie er sich die Schlüssel besorgt hat.“ Unter anderem das gelte es nun herauszufinden.
Die betrogene Studentin Zoe sagt am Ende des Videos, dass sie nicht glauben könne, was vorgefallen sei, und: „Nichts kann mich aufmuntern.“ Vielleicht, so ist zu hoffen, kann ihr die jetzt erfolgte Festnahme ja zumindest ein wenig Genugtuung verschaffen. Ob sie und ihre Schwester inzwischen eine Wohnung gefunden haben, ist nicht bekannt.