Süddeutsche Zeitung

Essen und Trinken:"Vom Brät her eine Granaten-Weißwurst!"

Von "fluffig" bis "suppig": Die Metzger prüfen ihr münchnerischstes Produkt.

Von Franz Kotteder

"Die ist fluffig und hat doch Biss!" Werner Braun, der Obermeister der Dachauer Metzger-Innung, nickt anerkennend, und Joseph Peter, Chef des Restaurants Mangostin, stimmt ihm zu: "Nicht zu baazert, ja." Die erste Probe hat Gnade gefunden vor den Augen respektive Geschmacksnerven der Tester im Marktstüberl der Metzgerei Gaßner auf dem Viehhof an der Zenettistraße. Zum 17. Mal findet hier die jährliche Weißwurst-Prüfung der Münchner Metzger-Innung statt. Zwei vierköpfige Teams bewerten insgesamt 24 Weißwurstproben, 23 stammen von Münchner Metzgern, eine von der Berufsschule für das Metzgerhandwerk. Am Ende stehen dann Auszeichnungen in Gold, Silber oder Bronze.

Bis es soweit ist, sind allerdings einige Hürden zu überwinden. Metzger, die so eine Auszeichnung haben wollen, bekommen dann eines Morgens unerwarteten Besuch: von einem unabhängigen Lebensmittellabor, das zehn Würste mitnimmt. Vier davon werden im Labor lebensmitteltechnisch untersucht, die restlichen sechs gehen ans Prüfungskomitee, das sie dann "sensorisch verkostet", wie der Fachausdruck lautet. Das heißt: Man beurteilt Aussehen, Beschaffenheit, Geruch und Geschmack.

Andreas Gaßner, der Obermeister der Münchner Metzger-Innung, warb zu Beginn um Verständnis: "Das Metzgerhandwerk ist vergleichbar mit dem des Künstlers: Man muss schon auch im Auge haben, was der Metzger erreichen wollte." Das ist schön formuliert, und so machten sich die beiden Teams daran, das Kunstwerk Weißwurst zu ergründen. Sie setzen sich zusammen aus je einem Obermeister einer benachbarten Metzger-Innung, einem Gastronomen - diesmal Joseph Peter sowie Sepp Krätz vom Andechser am Dom -, einer Veterinärin und einem Verbraucher oder einer Verbraucherin. Für Fachkompetenz ist also gesorgt, auch bei jenen, die sonst nicht dauernd mit Fleisch zu tun haben. Auf der Verbraucherseite gab diesmal etwa Jossi Loibl seinen Abschied bekannt, er war von Anfang an dabei und sagt: "Nach 16 Jahren Weißwurst-Prüfung kann man festhalten: Das Qualitätsniveau ist in dieser Zeit stark gestiegen."

Was nicht heißt, dass man nicht hart ins Gericht ginge. Denn selbst, wenn es heißt: "Vom Brät her eine Granaten-Weißwurst!", so lässt sich immer noch einwenden: "Die Würze ist leicht suppig." Mal ist der Schwartenanteil - bei der Münchner Weißwurst sind 15 Prozent Schwarte erlaubt - hart an der Grenze, dann schmecken die Tester wieder einen scharfen Ingwergeschmack heraus oder fühlen sich eher an eine Bratwurst erinnert. Und manchmal ist so eine Weißwurst auch einfach nur "verbrauchergerecht", was offenbar nicht den Gipfelpunkt der Schwärmerei darstellt. Wer mit Gold, Silber und Bronze ausgezeichnet wird, stellt sich jedoch erst in zwei Wochen heraus. Dann liegen auch die Laborergebnisse vor, und die fließen in die Endbewertung noch mit ein.

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Quelle:
SZ vom 06.02.2020
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