Prozess:23-Jähriger gesteht tödliche Messerattacke

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Das Gerichtsgebäude in München. Hier wurde heute gegen einen 23-Jährigen verhandelt. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der junge Mann hatte sich in einem Park in Neuperlach mit Freunden zum Tischtennisspielen getroffen. Im Streit kommt es zu der Bluttat, alle laufen weg - das Opfer bleibt zurück und stirbt.

Von Susi Wimmer

Sie spielten in einer Neuperlacher Grünanlage Tischtennis, tranken Bier, dann soll ein 23-Jähriger aus völlig nichtigem Anlass im Streit ein Messer gezogen, auf einen seiner Freunde eingestochen und einen weiteren an der Hand verletzt haben. Fünf Personen rannten anschließend weg - und ließen den lebensgefährlich verletzten Stjepan J. am Boden liegen. Er starb wenig später. "Es ist so geschehen", sagt der Täter nun vor dem Landgericht München I, "mir tut alles sehr leid."

Im Gerichtssaal treffen nicht nur mutmaßliche Täter und Geschädigte aufeinander, sondern auch deren Familien. Da sitzt der Vater des Angeklagten Kerim P. im Zuschauerraum, weiter vorn weinen die Eltern von Stjepan. "Er war eine sehr emphatische Person, er hat die Gesellschaft anderer Menschen genossen", erzählt Stjepans Schwester. Der 25-Jährige sei hilfsbereit gewesen und habe "in den Menschen nie etwas Schlechtes gesehen".

Wer dieser Kerim P. auf der Anklagebank ist, unter anderem davon will sich die 1. Schwurgerichtskammer ein Bild machen. Der junge, durchaus wuchtige Mann stammt aus Bosnien-Herzegowina, zog Ende 2019 seinen Eltern und seinem Bruder nach, die schon früher nach München übergesiedelt waren. P. versuchte sich in diversen Ausbildungen, vom Laboranten über Metzger und Lagerist. Er habe eine gute Kindheit gehabt, sagt er. Und erst auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Elisabeth Ehrl erzählt P., dass dort, wo er aufgewachsen sei, "Gewalt normal war". Da habe es keine Gesetze gegeben, "das haben wir selbst in die Hand genommen". Und er berichtet zögerlich, dass er Antidepressiva und Antipsychotika einnehme.

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Am Samstagnachmittag des 29. Oktober 2022 traf sich Kerim P. laut Anklage mit anderen Männern, teilweise Landsleute, in einem Park am Karl-Marx-Ring in Neuperlach. Man kannte sich, spielte gelegentlich Tischtennis, und gegen Abend kauften die Männer Bier. Im Bereich der Skateanlage redete und trank man. Dabei gerieten Kerim P. und Stjepan J. aneinander, laut Polizei war dies in der Vergangenheit schon häufiger der Fall gewesen. Diesmal hatte Kerim P. eine Flasche fallen lassen, Stjepan J. soll ihn zurechtgewiesen haben. Später soll Kerim P. sich darüber lustig gemacht haben, dass der andere vor ein paar Monaten zusammengeschlagen worden war.

Der Streit eskalierte, Kerim P. zog ein Messer und stach achtmal auf Stjepan J. ein, der auf einer Parkbank saß. J. kippte zur Seite, auf einen weiteren Freund, der durch die Stiche ebenfalls verletzt wurde. Schwerstverletzt schleppte er sich noch wenige Meter von der Bank weg, dann brach er zusammen. Die Gruppe floh, Kerim P. soll ihnen noch ein paar Meter nachgesetzt sein, dann entfernte sich auch er. Erst Stunden später entdeckte ein Spaziergänger den leblosen Körper des 25-Jährigen.

Die Verteidiger Joachim Schwarzenau und Maximilian Donhauser erklären für ihren Mandanten, dass er die Tat sehr bereue. P. will sich auch bei der Schwester des Getöteten entschuldigen, aber die schüttelt nur den Kopf. "Es bringt uns Stjepan nicht zurück", sagt sie, "ich will nichts hören."

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