Jubiläum der Messe in Riem:Die Wiege von "Laptop und Lederhose"

Jubiläum der Messe in Riem: Seit dem Umzug 1998 wurde die Messe in Riem kontinuierlich erweitert. Mittlerweile stehen dort 18 Hallen.

Seit dem Umzug 1998 wurde die Messe in Riem kontinuierlich erweitert. Mittlerweile stehen dort 18 Hallen.

(Foto: Messe München)

Vor 25 Jahren und nach großen Debatten verlegte die Messe München ihren Standort - von der Theresienhöhe auf das ehemalige Flughafengelände in Riem. Entstanden sind dort mittlerweile 18 Hallen mit 200 000 Quadratmetern - und eine Formulierung, die seitdem für das modere Bayern steht.

Von Patrik Stäbler

Vor bald 50 Jahren, als Gerüchte über einen Umzug der Messe München durch die Stadt waberten, sprach der damalige Oberbürgermeister Georg Kronawitter ein Machtwort. Im Wirtschaftsausschuss des Stadtrats wetterte der SPD-Politiker: "Die Diskussion um die Verlegung des Messegeländes muss jetzt endgültig vom Tisch." Derlei Pläne seien "völlig unrealistisch und viel zu teuer" - eine Einschätzung, für die Kronawitter sogar demonstrativen Applaus aus der CSU-Fraktion erhielt, die ihm eigentlich so wohlgesonnen war wie heute Hubert Aiwanger dem Hochdeutschen. Doch in puncto Messe war man sich einig: Am Standort auf der Theresienhöhe wird nicht gerüttelt.

Just dort packte 25 Jahre später Monika Dech in ihrem Büro die letzten Unterlagen und Utensilien in Umzugskartons. Sie war bei der Messe München seinerzeit Projektleiterin der C-B-R (Caravan, Boot und Reisen) - mithin jene Veranstaltung, die als erste am neuen Standort in Riem über die Bühne gehen sollte. "Wir haben damals an einem Freitag unsere Sachen gepackt, und schon am Montag ging's in den neuen Büros los", erzählt Dech.

Wobei ihr Team und sie dort am Wochenende noch selbst zu Schaufel und Besen griffen. "Es war eine stressige Zeit, wir hatten viel zu tun", erinnert sich Dech, die seit 1990 und bis heute bei der Messe arbeitet. "Aber die Vorfreude und der tolle Teamgeist haben bei allen überwogen." Schließlich ist sie auch heute noch überzeugt: "In Riem ist aus meiner Sicht das schönste und funktionalste Messegelände weltweit entstanden."

Dieses wurde am 12. Februar 1998 eröffnet - an diesem Sonntag vor 25 Jahren. Zum Festakt in der Halle B1 kamen damals 5000 Gäste, darunter Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU), Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und Bundespräsident Roman Herzog (CSU), der in seiner Rede erstmals die Formulierung "Laptop und Lederhose" prägte - eine später vielfach gebrauchte Metapher.

Monika Dech verpasste seinerzeit die Herzog'sche Rede ebenso wie die komplette Eröffnungsfeier. Schließlich war sie vollauf mit den letzten Vorbereitungen für die C-B-R beschäftigt, die zwei Tage später losging - parallel zu einem neuntägigen "Messe Opening". 300 000 Menschen strömten damals auf das Gelände am Standort des einstigen Flughafens Riem. Dass man dort auf freier Fläche habe bauen können, sei eine "Jahrhundert-Chance" für die Messe München gewesen, sagen deren heutige Geschäftsführer Reinhard Pfeiffer und Stefan Rummel. Denn nur an diesem größeren Standort habe sich das Unternehmen zu "einer der modernsten, attraktivsten und größten Messegesellschaften der Welt" entwickeln können.

Jubiläum der Messe in Riem: Monika Dech machte den Umzug von der Theresienhöhe nach Riem mit.

Monika Dech machte den Umzug von der Theresienhöhe nach Riem mit.

(Foto: Stephanie Wolfsteiner)

Dass ein Umzug der Messe von der Theresienhöhe notwendig sein würde, dämmerte in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Machtwort des Oberbürgermeisters auch der Münchner Stadtpolitik. Und doch war der Weg bis zum größten Bauprojekt seit den Olympischen Spielen 1972 weit und mühsam. Als Mitte der 1980er-Jahre feststand, dass München einen neuen Flughafen bekommen würde, drehten sich die Umzugspläne der Messe zunehmend um das frei werdende Gelände in Riem. 1987 traf eine Mehrheit im Stadtrat - gegen die Stimmen der Grünen - einen Grundsatzbeschluss: Auf dem 556 Hektar großen Areal des früheren Flughafens sollte die Messestadt Riem entstehen, ein neuer Stadtteil für 16 000 Einwohner. Und: ein neues Messegelände.

Vollendet wurde das Messegelände erst 2018

Mit dieser Entscheidung war die Debatte um den Umzug freilich noch nicht vorbei. Verzögernd wirkte sich allen voran das Pokerspiel zwischen Freistaat und Stadt aus, was die finanzielle Beteiligung an dem Großprojekt betraf. Erst Ende 1992 einigten sich beide Seiten, wobei die Stadt ihren Beitrag vor allem aus dem Verkauf ihrer Anteile am Flughafen bezahlte. 2,3 Milliarden Euro sollte der erste Bauabschnitt des Messegeländes kosten. Tatsächlich wurde es dann - und das ist ein untrügliches Zeichen, dass es hier um längst vergangene Zeiten geht - sogar etwas günstiger. Aus den übrigen Finanzmitteln konnte die Messe direkt im Anschluss zwei weitere Hallen und ein Parkhaus errichten. Vollendet wurde das Gelände jedoch erst 2018 - mit dem Bau der Hallen C5 und C6 sowie dem Conference Center Nord.

"Auf der Theresienhöhe ist die Messe damals aus allen Nähten geplatzt", erinnert sich Monika Dech. Die verschieden großen und hohen Hallen sowie die komplizierte Logistik seien bei Veranstaltungen eine Herausforderung gewesen. Zudem waren die Beschäftigten der Messe in mehreren Gebäuden auf dem Messegelände verteilt. All das gehörte mit dem Umzug nach Riem der Vergangenheit an.

Dort konnte auf dem weitläufigen Gelände großzügig geplant werden: Nach den Entwürfen des Architekturbüros Kaup, Scholz & Partner mit der Ingenieurgesellschaft Obermeyer entstand in dreieinhalb Jahren Bauzeit eine imposante Hallenlandschaft mit 13 Hallen und 140 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche - heute sind es 18 Hallen und 200 000 Quadratmeter. Ein Fixpunkt auf dem Gelände war und ist der 2,6 Hektar große Messesee am Westeingang. "Wenn zum Beispiel bei einer Expo Real Besucher im begrünten Atrium im Liegestuhl sitzen oder sich am Messesee aufhalten, dann ist das etwas Einmaliges", findet Dech. "Das gesamte Gelände ist sehr grün, die Wege sind extrem kurz. Ich bin überzeugt, man würde heute genauso wieder bauen."

Jubiläum der Messe in Riem: Zwei Tage nach der Eröffnungsfeier fand mit der C-B-R im Jahr 1998 die erste Messe in Riem statt.

Zwei Tage nach der Eröffnungsfeier fand mit der C-B-R im Jahr 1998 die erste Messe in Riem statt.

(Foto: Messe München)

Nach dem Umzug 1998 fuhr die Messe ein halbes Jahr lang einen Doppelbetrieb auf der Theresienhöhe und in Riem, ehe man sich voll auf den neuen Standort konzentrierte. Dort startete kurz nach der Eröffnungsfeier die C-B-R, die damals reibungslos über die Bühne gegangen sei, erzählt Dech. Dabei mussten die Gäste noch mit Shuttlebussen zum Gelände kommen, da die U-Bahn-Anbindung der Messe erst einige Monate nach deren Eröffnung fertiggestellt wurde. Grund für die Verzögerung war das Busunglück von Trudering 1994, als ein Linienbus in einen acht Meter tiefen Krater stürzte und drei Menschen starben - der schlimmste Unfall in der Geschichte des Münchner U-Bahn-Baus.

Auf dem neuen Messegelände fanden nach der C-B-R in 25 Jahren mehr als 900 Veranstaltungen statt. In Riem wuchs die Messe München kontinuierlich und expandierte bald auch international. Dort erlebte das Unternehmen aber auch seine schwersten Zeiten, als es in den Corona-Jahren 2020 und 2021 hohe Verluste schrieb und im großen Stil Personal abbaute.

Inzwischen jedoch sieht sich die Messe München GmbH, deren Gesellschafter der Freistaat, die Stadt München, die IHK und die Handwerkskammer für München und Oberbayern sind, wieder auf dem aufsteigenden Ast. Ein großes Fest anlässlich des 25. Jahrestags des Umzugs nach Riem ist jedoch nicht geplant. Stattdessen soll 2024 gefeiert werden: Dann wird die Messe München 60 Jahre alt.

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