Menterschwaige:Ein Biergarten wird zum Politikum

Gasthaus Menterschwaige

So soll die Menterschwaige nach der Sanierung aussehen – doch die Pläne drohen zu scheitern.

(Foto: Pott Architects)

Eigentlich sollte die Menterschwaige renoviert und erweitert werden, das hat die Lokalbaukommission aber abgelehnt. Bei den Parteien stößt das auf Unverständnis - denn die Zukunft des Biergartens ist nun ungewiss.

Von Julian Raff

Wie gemütlich ist doch ein solches Gasthaus, wo sich Hoch und Gering mit gleicher Behaglichkeit niederlässt", schwärmte 1856 der rheinische Literat Wolfgang Müller von Königswinter vom Besuch in der Menterschwaige. Deren Anziehungskraft reicht bis heute übers wohlsituierte Harlaching hinaus und weit in die Stadt hinein. Entsprechend groß ist die Aufregung bei Biergartenfreunden über die Entscheidung der Lokalbaukommission (LBK), den Antrag auf Renovierung und Erweiterung der Menterschwaige abzulehnen. Denn die Zukunft der in heutiger Form 122 Jahre, insgesamt sogar knapp 220 Jahre alten Einkehr über dem Isartal ist damit ungewiss. Ohne den umstrittenen geplanten Anbau will der Eigentümer den Betrieb nicht fortführen.

Die Nachricht, dass die Wirtefamilie Kuffler den denkmalgeschützten Gutshof samt Biergarten an den Immobilienunternehmer Dieter Pawlik verkauft, hatte im Herbst 2020 noch nicht allzu viel Aufsehen erregt. Seit 2004 als Mitgründer des Sportwetten-Anbieters Tipico bekannt, investiert Pawlik heute über seine in Hamburg ansässige "Qcoon Real Estate" deutschlandweit. Gaststätte und Biergarten will der neue Eigentümer weiter betreiben, wie er schon beim Ortsbesuch im Juli 2020 Vertretern des örtlichen Bezirksausschusses (BA) versichert hatte.

Dazu müsse sich aber einiges ändern, betonen Qcoon-Sprecher Ralf Kunkel und Pächter Christian Schottenhamel unisono. Der Nockherberg- und Wiesnwirt betreibt seit 20 Jahren die Menterschwaige, die er als einen "Leuchtturm der Münchner Biergartenkultur" preist, wenn auch einen etwas unaufgeräumten: Im Haupttrakt wurden in den letzten 35 Jahren Grundrisse verändert und Räume verbaut, so dass sie weder ins Baudenkmal passen, noch genutzt werden können. Das eigentliche Problem zeigt sich aber außen: Vom Radweg an der Isar-Hochleite aus betrachtet, verbirgt sich die Hauptfassade hinter einem kleinen Hüttendorf aus Kassenhäuschen und einem halben Dutzend Standln für Ausschank und Brotzeiten. Ostseitig schiebt sich ein in die Jahre gekommenes Toilettenhäuschen vor den Biergarten.

Ungefähr an dieser Stelle plant Architekt Bastian Große Halbuer einen Querbau, allerdings tiefer in den Biergarten hinein, wo 32 Bäume weichen müssten. Ins neue Gebäude sollen die Brotzeitstandln umziehen, sowie die Büros aus dem Hauptbau. Außerdem sind dort 22 Gästezimmer geplant, zwölf weitere sollen im Hauptbau entstehen - kein Hotel, wie Investor und Wirt versichern, sondern lediglich Unterkünfte für Hochzeits- und andere Veranstaltungsgäste.

Mit Außenmaßen von 51 auf 17 Meter und Firsthöhen zwischen 8,8 und 10,4 Metern orientiert sich der Bau weitgehend am Haupttrakt, setzt sich aber optisch klar davon ab: Ein gutes Dutzend Quergiebel mit 45 Grad steilen Satteldächern, deren rechte Winkel sich in der Frontansicht in hölzernen Gestaltungselementen fortsetzen, lassen den Bau wie eine Häuserzeile wirken.

Das Erscheinungsbild habe für die Entscheidung aber bislang gar keine Rolle gespielt, da das Vorhaben, wie LBK-Sprecher Thorsten Vogel erklärt, bereits aus anderen Gründen unzulässig sei: Als die freien Grundstücke südlich des Gutshofs in den Achtzigerjahren bebaut wurden, ließ sich die Stadt per Grunddienstbarkeit zusichern, dass der Biergarten freigehalten wird. Der Flächennutzungsplan weist hier eine Allgemeine Grünfläche aus, einer Änderung stehen Denkmal- und Umweltschutzbedenken im Weg.

Offen bleibt, ob ein Gespräch vor Ort eine Annäherung hätte bringen können - oder noch bringen kann. Bauherren-Vertreter Kunkel zeigt sich von der "Entscheidung am Grünen Tisch" überrascht, weil die LBK ausdrücklich gebeten habe, von weiteren Anfragen abzusehen. Womöglich ein Missverständnis, wie Behördensprecher Vogel erläutert. Der Hinweis gehe standardisiert mit der Eingangsbestätigung raus. Tauchten "Genehmigungshindernisse" auf, stehe man selbstverständlich für Beratungen zur Verfügung, auch in Pandemiezeiten. Obwohl die LBK einen Ortstermin aufgrund der klaren Rechtslage für unnötig hält, ist ein solcher für kommende Woche angesetzt, mit Vertretern von BA, LBK, Unterer Naturschutzbehörde und dem Architekten.

Schottenhamel hat inzwischen OB Dieter Reiter angeschrieben, auch sonst ist die Sache zum Politikum geworden. Ein grün-roter Stadtratsantrag fordert politischen Einsatz zum Erhalt der Gaststätte. Im BA haben sich sowohl die CSU und mit ihr Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner für den Biergarten stark gemacht, wie auch SPD und Grüne. Vor allem letztere sähen den Anbau gerne zu Gunsten der Schankfläche nach Osten gerückt und haben Nachfragen zum langfristigen Baum-Konzept, das vorsieht, die anfälligen Kastanien peu à peu durch hitzeresistente und "nichtklebrige" Linden zu ersetzen.

Schatten und Erfrischung suchen hier jedenfalls, wie alle Fraktionen betonen, nicht nur mit eigenem Gartengrün gesegnete Harlachinger, sondern Gäste aus ganz München und, trotz stolzer Brotzeit-Preise, aus diversen sozialen Schichten - genau so, wie es der auswärtige Besucher schon vor 165 Jahren notiert hatte.

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