SZ-Serie: "Auf dem Sockel":Im Schatten des Friedensengels

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Die Bronzeplatten erinnern an vier Projekte des Kinis. Eins davon, das Festspielhaus, blieb ein Traum. (Foto: Stephan Rumpf)

Ludwig II. mochte München nicht, dennoch ehren ihn mehrere Statuen. Die Beziehung zwischen dem Kini und der Stadt ist kompliziert.

Von Ingrid Fuchs

Es ist kompliziert. Das beschreibt den Beziehungsstatus zwischen dem Kini und München wohl ziemlich treffend. Die Gefühle von Ludwig II. zu seiner Hauptstadt waren eher finsterer Natur, die verhassten Minister, die ihm das Regieren und Leben schwermachten, residierten hier. Als er 1864 den Thron bestieg, machten sie ihm schnell klar, dass er nicht viel zu melden hat. Seine Versuche, Stätten für Hochkultur zu bauen, wurden eingebremst. Den Bau des Gärtnerplatztheaters unterstützte Ludwig II. noch, der Traum vom eigenen Festspielhaus für den von ihm verehrten Komponisten Richard Wagner platzte. Der junge König suchte woanders sein Glück, die heute weltbekannten Schlösser ließ er fernab der ungeliebten Stadt errichten.

In München hinterließ der Kini nur wenige eigene Spuren. Wie er es wohl fände, dass ihn die Münchner nach seinem Tod dann doch irgendwie zurückgeholt haben? Und zwar gleich neunmal? So viele "Stein- und Bronzebildnisse" gibt es dem Baureferat zufolge von Ludwig II. in der Stadt. Eines davon ist in den Maximiliansanlagen zu finden, einem Park zwischen Max-Joseph-Brücke und Ludwigsbrücke. Die Grünanlage zieht sich über zwei Kilometer die Isar entlang, und in ihrer Mitte thront: nicht der Kini, sondern der Friedensengel.

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Eine Demütigung für den König? Wohl eher Pragmatismus, der Engel war zuerst da, schon 1899. Die auf einem hellen Steinsockel thronende überlebensgroße Bronzefigur kam erst 1967 hinzu - als Ersatz für das alte Denkmal, um dessen Rekonstruktion bis vor Kurzem viel gestritten wurde. Das Original war im Jahr 1910 von Prinzregent Luitpold auf der Corneliusbrücke eingeweiht worden: eine mehr als drei Meter hohe Bronzestatue von Ludwig II., eindrucksvoll platziert in einer Rotunde auf dem Balkon oberhalb der Isar. Von den Nationalsozialisten wurde die Figur zerstört - bis auf den Kopf ließen sie nichts übrig. Ein Umstand, den die Verehrer des Kinis nicht aushalten mochten.

Ein Verein setzte sich von 1956 an für die Errichtung eines neuen Denkmals ein, das dann, gestaltet vom Künstler Anton Rückel, im Jahr 1967 in den Maximiliansanlagen eingeweiht wurde. Am steinernen Sockel sind vier Bronzeplatten befestigt, auf denen vier berühmte Bauwerke des Königs zu sehen sind: die drei Schlösser Neuschwanstein, Linderhof und Herrenchiemsee sowie das geplante Festspielhaus, aus dem in München zu Ludwigs Ärger nichts geworden war. Stattdessen wurden die Entwürfe in ähnlicher Form in Dresden umgesetzt, weshalb in München heute keine Semper-Oper zu finden ist. Entsprechend vermerkten die Kini-Fans in der Bodenplatte vor dem Denkmal mit leichter Wehmut: "Wo Bayerns König Ludwig für Richard Wagners Werke nach Gottfried Sempers Plänen zum Ruhm der ganzen Menschheit den Festbau schaffen wollte, setzt sich das Volk ein Denkmal."

Den meisten Münchnern ist dieser Teil der Geschichte wohl nicht mehr präsent. Dafür beschäftigt das alte-neue Denkmal an der Corneliusbrücke wieder viele Menschen. Die Gegner lehnten eine Rekonstruktion als rückwärtsgewandtes monarchistisches Relikt ab. Die Befürworter wollen die Verdienste des Königs um Kunst und Kultur würdigen - und haben sich durchgesetzt. Von 2022 sollen zumindest Teile des alten Denkmals wiederhergestellt werden - als begrünte Ruine mit Platz zum Verweilen. Ein Kompromiss für den Kini.

© SZ vom 19.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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