Beschleunigungsprojekt in MünchenWie die Stadt das Baustellen-Chaos eindämmen will

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Weiß-rote Absperrungen auf öffentlichem Grund wie hier in der Goethestraße führen bei Anliegern oft zu Verdruss - vor allem, wenn sie überhand nehmen.
Weiß-rote Absperrungen auf öffentlichem Grund wie hier in der Goethestraße führen bei Anliegern oft zu Verdruss - vor allem, wenn sie überhand nehmen. (Foto: Leonhard Simon)

In München sind aktuell 18 000 Absperrungen genehmigt. Die davon ausgehenden Einschränkungen stehen für Oberbürgermeister Reiter „ganz oben auf der Beschwerdeskala“. Ein  Bündel von Projekten soll jetzt Abhilfe schaffen.

Von Joachim Mölter

Kein Wunder, dass die Münchnerinnen und Münchner den Eindruck haben, ihre Stadt sei eine einzige Baustelle: Zwischen zehn- und zwölftausend Baustellen gibt es aktuell, und weil sich darunter einige große befinden, sind dafür tatsächlich rund 18 000 Absperrungen genehmigt worden, wie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Freitag berichtete. Viele Anwohner seien schwer genervt, dass ihnen ständig und überall rot-weiße Baken im Weg stehen. „Die Baustellen sind das meistgenannte Thema bei meinen Bürgerbegegnungen“, sagte Reiter: „Es steht ganz oben auf der Beschwerdeskala.“

Damit es von dort herunterkommt, haben Reiter und die Spitzen der zuständigen Referate am Freitag ein Maßnahmenpaket präsentiert, mit dem sie die Beeinträchtigungen durch Baustellen verkürzen und den damit einhergehenden Ärger verringern wollen. „Bei den Bürgern verfestigt sich der Eindruck, dass nicht überall hektisch gearbeitet wird“, hat Reiter festgestellt. Ziel des unter das Motto „Baustellen bewegen“ gestellten Maßnahmenbündels sei daher, dass hinter den Absperrungen wahrnehmbar gearbeitet werde, dass sie möglichst wenig Platz wegnähmen und dass sie möglichst schnell wieder abgebaut würden, erläuterte der OB.

Für eine Beschleunigung der Bauarbeiten soll eine deutliche Erhöhung der Sondernutzungsgebühren für abgesperrte Flächen sorgen, gestaffelt nach Dauer und Größe. Wie Mobilitätsreferent Georg Dunkel erklärte, ändere sich bei kleinen Baustellen von weniger als 50 Quadratmetern nichts; für die würden weiterhin 1,50 Euro pro Quadratmeter und Woche in Rechnung gestellt. Bei einer Absperrdauer von sechs Monaten, beispielsweise für eine Wohnungssanierung, belaufe sich die Gebühr weiterhin auf maximal 1950 Euro.

Bei Großbaustellen, die zwei Jahre lang 1500 Quadratmeter öffentlichen Grund in Anspruch nehmen, erhöhen sich die Gebühren in Dunkels Beispielrechnung allerdings um mehr als das Dreifache, von 234 000 auf 893 000 Euro. Oder auf den Quadratmeter umgerechnet: von 1,50 Euro in den ersten dreizehn Wochen über vier Euro im ersten Jahr bis zu zwölf Euro nach anderthalb Jahren. „Das erzeugt einen gewissen Druck, schnell fertig zu bauen“, sagte Reiter.

Die neuen Gebühren müssen dem Stadtrat noch zur Genehmigung vorgelegt werden, das soll im Sommer geschehen, wie Dunkel sagte. Er rechnet damit, dass bis dahin noch Wünsche von Handwerkern und Bauträgern eingearbeitet werden müssen. Zum 1. Januar 2026 soll die neue Gebührensatzung in Kraft treten.

Schon vorher sollen Auflagen greifen, für die keine Zustimmung des Stadtrats nötig ist. Von 1. Juni  an soll mit Arbeiten auf der Baustelle spätestens zehn Werktage nach deren Einrichtung begonnen und danach kein Stillstand von mehr als 20 Tagen geduldet werden, sonst drohen Bußgelder von bis zu 2000 Euro. Von 1. Oktober an müssen dann auch private Auftraggeber die Bürger besser über Art und Dauer ihrer Bauarbeiten informieren.

Ein Kontrolldienst soll die Einhaltung der Auflagen überwachen

Weil die Einhaltung der Auflagen überwacht werden soll, richtet das Kreisverwaltungsreferat einen separaten Baustellenkontrolldienst ein. Für die neue Einheit seien siebeneinhalb neue Stellen geschaffen worden, berichtete Kreisverwaltungsreferentin Hanna Sammüller-Gradl. Der Kontrolldienst wird auch ein Auge haben auf die optimierten Informationstafeln, deren Aussehen Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer vorstellte.

Oberbürgermeister Reiter wies noch darauf hin, dass Gebühren und Bußgelder nur für private Baumaßnahmen gelten. Bei städtischen Projekten versprach er eine bessere Zusammenarbeit innerhalb der Stadtverwaltung: „Wir wissen selbst, dass wir noch Luft nach oben haben bei der Baustellen-Koordination.“

Dafür wolle er das Verständnis schärfen, dass die Stadt und ihre Tochtergesellschaften wie ein Konzern denken, handeln und sich entsprechend abstimmen müssten. Insofern sei das vorgestellte Maßnahmenbündel schon mal ein guter Anfang, fand Reiter: Das sei ja ein Gemeinschaftswerk von drei Referaten gewesen, bei dem sich auch die Stadtwerke als maßgeblicher Bauträger der Kommune eingebracht hatten.

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