Angeblicher Schuss:Die bizarre Geschichte hinter der Massenpanik im OEZ

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Zunächst war die Polizei davon ausgegangen, dass ein heruntergefallenes Elektrogerät zu dem Knall und der Massenpanik  führte.
Zunächst war die Polizei davon ausgegangen, dass ein heruntergefallenes Elektrogerät zu dem Knall und der Massenpanik  führte. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wegen eines angeblichen Schusses flüchten Menschen aus dem Einkaufszentrum. Mehrere werden dabei verletzt, mehr als 200 Einsatzkräfte rücken an. Nun kommt heraus, was wirklich geschah – und welch unrühmliche Rolle zwei übereifrige Ladendetektive spielten.

Von Martin Bernstein

Es klang wie ein Schuss – und löste eine Panik aus. Der laute Knall im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), dem Ort des rassistischen Anschlags vom 22. Juli 2016 mit neun Toten, weckte Mitte März schlimmste Erinnerungen. Jetzt kennt die Polizei die ganze Geschichte. Zwei übereifrige Ladendetektive und ein völlig enthemmter Passant spielen darin eine unrühmliche Rolle.

Ein 16-Jähriger hatte zusammen mit seiner elfjährigen Schwester ein Kaufhaus innerhalb der Shopping-Mall besucht. Ein 59 Jahre alter Ladendetektiv verfolgte die beiden. Er wähnte, der Bub habe ein Parfüm gestohlen. Vor dem Geschäft hielt der Wachmann die Kinder an. Es kam zum Streit, dann zu einer Rangelei. Ein Kollege des Laden-Hüters, 62, griff ein. Gemeinsam rangen sie laut Polizei den Jugendlichen zu Boden.

Als dessen Schwester sah, wie ihrem Bruder mitgespielt wurde, wurde ihr schwarz vor Augen und sie fiel um. Die beiden Detektive ließen daraufhin von ihrem Opfer ab. Plötzlich griff ein unbeteiligter Mann ein. Er packte nach Polizeiangaben den 16-Jährigen und schleuderte ihn gegen einen Werbeaufsteller. Die Tafel fiel um – und erzeugte das Knallgeräusch.

Für viele Menschen im OEZ, das an einem Samstagnachmittag gut besucht war, klang das nach einem Schuss. Sie schauten sich voller Angst um. Und sahen zwei am Boden liegende junge Menschen. Grund zur Panik, zumal im OEZ.  Beim anschließenden fluchtartigen Gedränge wurden mehrere Menschen verletzt. Ein zehn Monate alter Bub erlitt eine Platzwunde am Kopf.

Etwa 120 Polizistinnen und Polizisten, rund 40 Kräfte der Feuerwehr und 50 vom Rettungsdienst rückten nach den ersten Notrufen aus. Die Polizei, die zunächst von einem heruntergefallenen Elektrogerät als Ursache des Knallgeräuschs gesprochen hatte, ermittelt nun gegen die beiden Ladendetektive und den unbekannten Passanten wegen Körperverletzung. Der angegriffene Bub, so stellte sich heraus, hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Der angebliche Parfüm-Diebstahl erwies sich laut Polizei als haltloser Verdacht.

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